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Heimkehr in Schweden
Astrid Manz
Geboren 22.Februar 1958
Kind der DDR
Mutter von 3 Kindern
2 gescheiterte Ehen
Gelernte Kauffrau
Lieblingssänger: Unheilig
Lieblingsessen: Grüne Bohnen
Hobbys: Malerei und Schreiberei
Liebt Tiere und die Natur
Lebt seit 1.April 2011 ihren Traum...
...ausgewandert nach Schweden
e-mail: schwedenzauber@gmail.com
Alle Fotos im Tagebuch lassen sich per Klick vergrößern
Copyright by Astrid Manz
17.12.2015
In einer Woche ist Weihnachten, ich bin gespannt, wo ich diese Festtage verbringe. Vor 2 Tagen war ich wieder beim Arzt. Da trotz der starken Medikamente, die mich so durch den Tag taumeln lassen, nicht die erwartete Wirkung haben, sind Mascjek die Hände gebunden. Er sagt, er glaubt ein guter Arzt zu sein, doch ist er bei meinem Krankheitsbild am Ende. Er hat nun einen Kollegen kontaktiert und mit ihm gemeinsam beschlossen, mich in eine Klinik einzuweisen, um schnellst möglich weitere wichtige Untersuchungen einzuleiten. Ich stimmte sofort zu, obwohl mir auch gleich mitgeteilt wurde, dass ich dann wahrscheinlich die Festtage im Krankenhaus sein werde. Das ist mir jedoch vollkommen egal, ich möchte endlich Klarheit haben und eine Besserung verspüren. Warscheinlich gehe ich nach Västervik in die Neurologische Klinik. Mancher denkt vielleicht, die hat wohl ein psychisches Problem, nein, so ist es nicht, der Kopf ist meines Erachtens in Ordnung. Es besteht der Verdacht einer Nervenerkrankung im Körper, denn ständig kommen neue Symptome dazu, die mich nicht gerade beruhigen.
Heute habe ich in Facebook meinen Jahresrückblick erhalten. Ich muss erkennen, dass ich dieses Jahr gern gestrichen hätte. Natürlich gab es auch schöne Momente, doch sind die Enttäuschungen, Erkenntnisse und Geschehnisse in der Überzahl. Ich verbrachte viel zu viel Zeit damit, mich um die Probleme und Dinge von anderen zu kümmern. Erste Signale habe ich ignoriert. Doch es gibt auch Menschen, die oft nachfragen, wie es mir geht, die mich besuchen oder einfach mal anrufen. Und wenn ich dann gerade nicht zu Hause bin, hinterlässt derjenige sein Präsent und löst somit Rätsel aus.
Vor 2 Tagen waren wir nicht zu Hause. Als wir in die Veranda kamen, stand eine Schachtel Pralinen im Regal, weder ich noch Jürgen konnte sich vorstellen, wer sie dort hinterlassen hatte. Tagelang rätselten wir, dann kam ein Anruf von Torbjörn, unserem ”Wikinger”. Er bat mich, um die Betreuung seiner Katzen, denn er fährt wieder für einige Tage nach Skåne zum Wikingertreffen. Er fragte mich, ob ich vor einigen Tagen sein Präsent aus Schokolade gefunden habe. Jürgen freute sich, dass er mit seinem Verdacht recht gehabt hat, aber auch deswegen, weil er erst jetzt die Pralinenschachtel öffnen durfte. Sie sollte so lange geschlossen bleiben, bis wir wussten, wer sie uns geschenkt hatte.
Der heutige Tag war ungemütlich. Den ganzen Tag hing Nebel in der Luft, am Nachmittag regnete es. Nichts deutet auf Winter hin, abgesehen von den letzten Tagen. Da war es kalt und alles war mit weiß wie mit einer Zuckerschicht überzogen. Gestern Nachmittag kam die Sonne hervor und ermöglichte die schönsten Bilder der Natur. Jürgen war mit seiner Kamera draußen und ich habe nun die Ehre, dieses schöne Bild zu zeigen. In der Nacht stiegen die Temperaturen an und am Morgen war wieder alles grau. In den nåchsten Tagen soll es so bleiben, so dass es wohl nichts mit weißer Weihnacht wird, so wie in Deutschland haben auch wir dann zweistellige Plustemperaturen. Die Bäume – ob Haselnuss, Flieder oder Ziersträucher – haben dicke Knospen, als würden sie in den nächsten Tagen aufbrechen, das ist beängstigend. Der Klimawandel ist und bleibt ein wichtiges Thema. Ich hoffe, allen Menschen wird, wie wichtig es ist, nicht achtlos mit der Natur umzugehen, denn wir haben sie nur für unser Leben geliehen, sie gehört uns nicht.
8.12.2015
Da kommt ein Anruf und ich werde gebeten, mir ein Haus anzusehen, das ein guter Bekannter kaufen möchte. Er wohnt noch in Deutschland, möchte aber gerne in den nächsten Jahren nach Schweden ziehen. Er selbst hat bereits ein Haus hier in Småland, nun sucht er ein weiteres, um damit eine regelmäßige Einnahme durch Miete zu haben. Er fand ein Haus im Internet und hat einen Termin bei der betreuenden Maklerin bekommen. Leider kann er selbst den Termin nicht wahrnehmen, daher bat er mich. Nach einem ausgiebigen Gespräch über alle Kriterien war ich einverstanden.
Um 15.00 Uhr war es soweit und ich stand vor einem schönen Haus. Ein gepflegter Garten rundete das ganze ab. Pünktlich kam die Maklerin, sie schloss uns das Haus auf (ich war nicht die einzige, die zu dieser Besichtigung kam) und alle erhielten ein Exposé. Es ist professionell gestaltet und enthält alle Fakten. Ich war vom Haus begeistert, der Preis war 175.000,- Kronen, das sind nicht einmal 20.000 Euro. 6 Zimmer, eine schöne Küche, ein Bad und eine Terrasse, im Keller eine weitere Dusche und 2 bewohnbare Räume, ein direkter Zugang zur Garage und ein Trockenraum für die Wäsche. Ich beschloss sofort zuzusagen, doch war mir bewusst, dass dies wohl ohne ein Gebot nicht funktionieren wird. In Schweden kann man nicht einfach sagen: Ich will das Haus kaufen. Wenn mehrere Interessenten da sind, muss jeder ein Gebot abgeben, also startete es bei den 175,000 Kronen. Die Gebote gehen dann an den Eigentümer und dieser entscheidet nach einem gewissen Zeitraum, an wen der Zuschlag geht. Ich fuhr nach Hause und im Minutentakt kamen die Gebote der Interessenten.
Ich riet unserem Bekannten, vom Bieterverfahren auszusteigen, denn die Häuser hier sind gerade in der Winterzeit für super günstige Preise zu bekommen, wenn man sie vom Eigentümer direkt kauft. Man muss sich einfach nur die Mühe machen und ausgiebig im Internet danach suchen. Die Eigentümer sind daran interessiert, ihre Immobilie vor dem Kälteeinbruch zu verkaufen, denn ein auch nur ein Jahr lang leer stehendes Haus verliert sofort an Wert. Kälte und Nässe rauben dem Haus das Leben und ist es nicht mehr vorhanden, so ist es oft schwer, es wieder zu beleben. Aus diesem Grund geht es dem Eigentümer nicht um einen hohen Preis, sondern einfach darum, das Haus so schnell wie möglich zu verkaufen. Ich denke, im heutigen Fall wird die Entscheidung in der nächsten Woche fallen, denn die Bewerber möchten auch die milden Temperaturen nutzen und so schnell wie möglich ihr neues Heim beziehen. Ich warte ab, ob ich noch mal losgeschickt werde, um zu begutachten, was der Immobilienmarkt hier so anbietet. Wenn ich so nachdenke, es war ein schöner Nachmittag und darum gerne wieder…
7.12.2015
Montag, den ganzen Tag Sonne, das war wohl die Entschädigung für die stürmischen Tage. Ich machte mich am Mittag auf den Weg nach Oskarshamn, dort traf ich mich mit Joel und wir kauften etwas ein. Außerdem holte ich in der Apotheke die Medikamente ab, was heute so etwas wie ein Tagesausflug war: 2 Stunden Warten auf die notwendigen Tabletten. Nicht weil sie nicht da waren, nein, weil die Technik nicht funktionierte.
Mal von vorne. Ich habe ja schon mal geschrieben, wie es hier mit Rezepten funktioniert, nämlich total einfach. Kein ständiges neues Ausschreiben des Rezeptes, nein, du bekommst die verordneten Medikamente für lange Zeit ausgeschrieben, doch kannst du sie nicht auf einmal abholen, sie werden gestaffelt. Immer, wenn die Packung leer ist, gehst du zur Apotheke deiner Wahl, nennst deine Personennummer und bekommst das gewünschte Medikament. Es ist auf der Auflistung, die du jedes Mal bekommst, ersichtlich, wie viel du bereits erhalten hast und wie lange du dieses oder jenes noch bekommst. Heute ging ich also, um mir 2 der verordneten Medikamente zu holen. In der Apotheke sagte man mir dann, dass ich eines nicht mehr erhalte, ich müsse Rücksprache mit meinem Arzt nehmen. Ich ging daher zur Praxis, sprach mit der Schwester, sie kümmerte sich sofort darum und ich wurde wieder zur Apotheke geschickt. Das neue Rezept sei dorthin unterwegs, so die Schwester. In der Apotheke war jedoch kein Rezept im Computer auf meinem Namen. Voller Optimismus wartete ich, nach 20 Minuten wurde ich langsam unruhig. Die Mitarbeiterin schaute in den PC, nichts. Sie rief wiederum in der Praxis an und sprach selbst mit dem Arzt, der bestätigte die Verordnung, zumindest war jetzt sicher, dass mir das Medikament bald gehören würde. Man wies mich darauf hin, dass schon den ganzen Tag in allen Einrichtungen der Apotheken erhebliche Probleme mit der Technik bestanden. Da alle Apotheken Schwedens miteinander vernetzt sind, gab es sicher noch mehr Wartende als mich. Endlich kam die Liste in der Apotheke an, ich erhielt mein Medikament gegen den zu hohen Blutdruck, der bei dieser Aktion erheblich gestiegen war und somit seine Wirkung gleich beweisen konnte.
Wenn die Angelegenheit auch viel Zeit in Anspruch genommen hatte, so freue ich mich doch über die Hilfe der Apothekenangestellten, die sich so sehr einsetzte, und vor allem über ihre Gewissenhaftigkeit. Auch sie war sichtlich erleichtert und wir wünschten uns gegenseitig ein frohes Weihnachtsfest in der Hoffnung, dass wir uns bis dahin nicht mehr sehen, zumindest nicht in der Apotheke.
Ich wurde ganz schnell von meiner schlechten Laune kuriert, denn auf dem Heimweg rief mich Jürgen an, wo ich denn so lange sei, er mache sich Sorgen, ich sagte, ich wäre sauer, um ihn sozusagen auf meine Laune vorzubereiten, doch als ich nach Hause kam, gab es einen duftenden heißen Kaffee und alles war wieder gut.
6.12.2015
Na, wer hat denn seine Schuhe heute gefüllt vorgefunden (oder sagen wir mal: gestern geputzt) und von einem lieben Menschen wurde es beachtet? Unter Erwachsenen wird diese Tradition nicht oft weiter geführt, schade eigentlich. Wir haben uns gegenseitig beschenkt, auch wenn es nur ein Schokoladen-Nikolaus für Jürgen war und für mich eine Schachtel mit Datteln und Feigen.
Gestern stand ich vom Morgen bis zum späten Abend in der Küche und buk Weihnachtsplätzchen, es waren 7 verschiedene Sorten und, nach der Verkostung durch Jürgen, war das das Resultat „lecker und schmeckt nach mehr“. Ich muss noch meine Dinkelkekse backen, da werden wohl auch noch einige Bleche für Jürgen und liebe Gäste dabei sein, dazu auch noch 2 Stollen. Sollten sie gelingen, kann man sie auch zu anderer Jahreszeit essen, wer sagt denn, dass es nur zu besonderen Zeiten besondere Dinge geben darf.
Seit 3 Tagen herrscht hier Sturm, ein richtiger Sturm. Tag und Nacht pfeift der Wind ums Haus. Laubhaufen, einst in den Wäldern aufgehäuft, sind nun in Gärten und auf den Wegen unterwegs. Die Temperaturen liegen zwischen 10-15 Grad, sieht nicht gerade nach Winter aus. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass zur Weihnachtszeit etwas Schnee liegt, muss ja nicht viel sein, aber eine dünne weiße Decke hebt ja doch die Stimmung. Am Donnerstag haben wir unseren Goldahorn umgepflanzt, sie fanden nun endlich ihren Platz bei uns zu Hause gefunden. Jürgen grub sie aus den Kübeln vor dem BEF Gebäude und wir pflanzten sie im Garten rechts und links neben der Eingangspforte. Im nächsten Jahr kann man dann schon sagen: „Das Haus, dort wo die 2 Goldahorn stehen“. Ohne ihr leuchtendes Laub sind sie jetzt kaum zu erkennen, und ich freue mich schon darauf, wenn sie im Frühjahr ihre Knospen bekommen und zeigen, dass sie gut angewachsen sind. Habe heute erste Fotos gemacht, immer wenn ich daran dachte, war es bereits zu dunkel dazu. Jetzt ist es schon um 15.00 Uhr dunkel, auf den Straßen wird es still und in den Fenstern leuchten Weihnachtssterne und Lichterketten. In den Gärten blinken in Bäumen, Sträuchern und Hecken Lichterketten, weihnachtliche Motive in allen Farben. Wir haben unseren Elchen ebenfalls eine weihnachtliche Dekoration gegeben und vorbei kommende Menschen bleiben stehen und machen Fotos.
Ich hoffe, morgen am Montag lässt der Sturm nach, denn ich muss nach Oskarshamn um einige Dinge zu erledigen, z.B. Vorräte für den Winter kaufen, denn wenn es wirklich Schnee geben sollte, kann er in einer Nacht in größerer Menge fallen, so dass eine Fahrt mit dem Auto dann keine Freude macht. Wir haben aus diesem Grund wie die Schweden immer einen gewissen Vorrat an Lebensmittel im Haus. Wir sind keine Freunde von Dosengerichten, doch können sie hilfreich sein, wenn mal der Strom für längere Zeit ausfällt, dann ist schnell etwas auf der Küchenhexe zubereitet. Also werden auch diese in unserem Vorratsschrank ihren Platz finden. Ich habe in der vergangenen Woche einige Großpackungen an Fleisch im Supermarkt Maxi ICA entdeckt, dazu habe ich Fleischrouladen, Gulasch, und Buletten in größerer Menge zubereitet, in Portionen abgepackt und dann ab in den Gefrierschrank. Außerdem steht noch ein Backtag für verschiedene Brotsorten auf dem Plan, Dinkel und andere Körner will ich in Brot verwandeln. Da ich etwas auf meine Ernährung achten muss, gehört Brot dazu, Kohlenhydrate dürfen nun nicht mehr auf meinem Speiseplan stehen, ebenso alles, was gerade zur Weihnachtszeit so lecker und süß ist. Der Weihnachtsteller wird aus diesem Grund für mich wohl eher ein kleines Schälchen sein. Es gibt ja auch viele gesunde Leckereien…
1.12.2015
Dienstagabend, der Tag war eines Wintertags würdig, zwar noch kein Schnee, doch sind die Wiesen mit einer dünnen Reifschicht überzogen. Es war ziemlich kalt, der Wind wehte in heftigen Böen, es waren die Ausläufer des über Deutschland gezogenem Sturmes, schon gestern spürten wir sie. In der Nacht zum Montag wurde durch den Sturm ein Baum bei unserem Nachbarn umgebrochen. Wir hatten Glück, dass die Stromleitung und unser Gartenzaum verschont blieben, wenn auch nur um wenige Zentimeter. Der Wind hat auch etwas Gutes, ich habe ihn ausgenutzt, um die Wäsche draußen zu trocknen, es ist ja sonst zu dieser Jahreszeit fast unmöglich.Gerade habe ich alle Stücke abgenommen, bügeltrocken.
Gestern fuhr ich am Morgen ins Krankenhaus, ich bekam auch ganz schnell einen Termin bei Macjek, meinem behandelnden Arzt. Er hat einen Neurologen dazu gezogen, er geht von einer Nervenentzündung aus, die nun ebenfalls abgeklärt werden muss. Wieder neue Medikamente und Untersuchungen. Mit den neuen Medikamenten sollte es mir in den nächsten Tagen bald besser gehen, sagte mir Macjek. Von einer stationären Aufnahme will er erst einmal absehen, er kennt mich schon sehr gut und weiß, dass es nicht so mein Fall ist, den ganzen Tag im Zimmer zu sitzen oder gar im Bett zu liegen. Er ist der Meinung, dass ich zu Hause Ablenkung habe und selbst einschätze, wann ich eine Pause brauche, und weiß ich das nicht, erinnert mich mein Körper oder Jürgen.
In den nächsten Tagen werde ich mich mit leichterer Arbeit beschäftigen. Plätzchen backen ist angesagt, verschiedene Sorten für mein Schleckermäulchen Jürgen, eine Dose für Joel und speziell für mich aus Dinkelmehl. Hoffentlich finde ich ein paar Rezepte im Internet, denn bisher habe ich mich mit Dinkel noch nicht so viel in der Küche beschäftigt, mal ein Brot oder einen Kuchen, aber in der Weihnachtsbäckerei ist es Neuland für mich. Als ich gestern in Oskarshamn beim Arzt war, machte ich anschließend auch gleich noch einige Einkäufe, hier gibt es ja auch Lidl und Netto. Wenn wir mal Sehnsucht nach deutschen Produkten haben, mache ich dort hin einen Abstecher, so auch gestern. Ich suchte nach einigen Leckereien für Jürgens Adventskalender, den ich füllen wollte. Als ich an den Kühlregalen vorbei kam, entdeckte ich Enten und Gänse aus deutschem Lande, ich nahm je eine mit, und der Speiseplan zu den Festtagen steht somit fest. Ich habe noch Fisch im Kopf, muss jedoch dabei immer an Jürgen denken, der ein nicht so großer Freund der im Wasser lebenden Tiere ist. Da wir zwei über die Feiertage allein sein werden, es sei denn, Joel kommt an einem Tag vorbei, wird es sehr ruhig und besinnlich sein. Es ist das erste Jahr, in dem wir keine großen Pläne machen, sondern die Zeit einfach genießen. Am Heiligabend werden wir nach Döderhult in die Kirche fahren, denn dort ist wieder ein Konzert, bei dem auch Karin singt, die Tochter von Tommy. Sie ist eine gute Opernsängerin und durch die Akustik in der Kirche ist das schon etwas Besonderes.
Eigentlich hatte ich ja den Plan, für 3 Monate nach Deutschland zu gehen, dann wäre ich rechtzeitig zum Nikolaus bei meinen Enkelkindern gewesen, doch meine Erkrankung machte das Vorhaben zunichte. Bis Ende Februar wollte ich dort bleiben, um auch den einst so geliebten Urlaub mit meiner Freundin Sunny über die Geburtstage von uns beiden an der Ostsee zu verleben. Nun ist das anders gebucht, wir werden nach 8 Jahren wieder diese schönen Tage erleben, wir fahren in das Hotel, wo wir unser Ritual vor vielen Jahren begonnen haben. Wir zwei freuen uns darauf wie Kinder auf das Weihnachtsfest. Hoffentlich spielt das Wetter mit und die Ostsee zeigt sich von der romantischen Seite. Sunny schrie laut „Juhu“, als ich ihr erzählte, dass ich uns diesen Urlaub gebucht habe. Ihr fehlt diese Woche genau wie mir, das soll wieder anders werden. Ab nächstem Jahr nehmen wir uns wieder diese „Auszeit“, nur für uns zwei.
Sonntag, 29.11., 1.Advent,
Wir haben 1 Woche lang gehämmert, genäht, gemalert und geschraubt. Da ich immer noch krankgeschrieben bin, aber doch wieder zu 50 % arbeiten könnte und daher keine einzige Krone verdiene, muss ich mir was einfallen lassen. Nächtelanges Wachliegen gab mir genug Zeit dazu. Neben der starken Schmerzen im Bein, komme nun auch noch der linke Arm und der Rücken dazu. Am Montag gehe ich freiwillig in die Notaufnahme und werde hoffentlich stationär aufgenommen, um die ganzen Untersuchungen zu beschleunigen, denn ich habe für mein MRT noch keinen festen Termin, etwa in 3 Monaten, soviel weiß ich aber. Aus diesem Grund habe ich das vergangene Wochenende für die Teilnahme an einem Weihnachtsmarkt nutzen wollen. Ich hatte die Idee, für die gefiederten Freunde etwas zu bauen, dabei brauchte ich Unterstützung vom stärkeren Geschlecht, was natürlich Jürgen übernahm. Wenn ich auch sonst alleine mit Säge, Hammer und Co. umgehen kann, im Moment ist es etwas problematisch, der Arm will das nicht.
Was ich vorher zu Papier gebracht hatte, war schon mal viel versprechend, nun sollte es in die Realität umgesetzt werden. Materialien wurden heran geschafft und los ging es. Nach einigen Stunden konnte sich das Resultat sehen lassen. Ungewöhnliches, etwas verrückt, eben genau so wie ich, sollte Aufmerksamkeit erregen. Am Samstagmorgen ging es dann los, das Auto beladen, nix passte mehr rein, die Fahrt ging nach „Ingebo Hager“, einem alten Hof, der ein kleines gemütliches Café und eine Butik beherbergt, dazu viele Tiere, wie sie zu einem richtigem Hof gehören und ein Garten, der zum Verweilen einlädt.
Auf dem gesamten Gelände waren Stände aufgebaut, als ich gegen 9.00 dort ankam, meine anfänglich gute Stimmung trat in den Hintergrund getreten und ich wurde nachdenklich. Der Grund dafür lag in einem Bild, das ich auf der Fahrt sehen musste und sich bei mir eingebrannt hatte, und das fast im wortwörtlichen Sinne. Schon aus größerer Entfernung sah ich große Rauchwolken aufsteigen, dick und schwarz,anders als jetzt zu dieser Zeit, wo überall weißer, manchmal hellgrauer Rauch aus den Schornsteinen zum Himmel steigt. Je näher ich kam, desto unangenehmer wurde das Gefühl, ich hatte fast Angst vor dem, was mich erwarten wird, wenn ich um die nächste Straßenbiegung komme. Ist es ein Unfall auf der Straße, bei dem ein Auto in Brand geraten ist, oder ist es etwas, was jeden Hausbesitzer in Schweden schwer treffen kann: der Brand des Hauses. Ich wurde unbewusst langsamer in meiner Fahrt, doch dann da sah ich, was ich nie wieder sehen möchte: ein wunderschönes großes alter Bauernhaus brannte lichterloh, dicht um das Haus standen kleinere Gebäude,eines davon war schon herunter gebrannt. Ein seltsamer Geruch drang ins Auto, beißend und beängstigend. Ich setzte langsam meine Fahr fort, im Rückspiegel sah ich noch lange die aufsteigenden Flammen, aus Glutrot wurde glühend Gelb und dann war am Himmel nur noch der schwarze Rauch in weiter Ferne zu sehen.
Mir krümmte sich der Magen, ich dachte und denke noch immer an die Menschen, die dort wohnten. Kamen sie in den Flammen um, wurden sie im Schlaf überrascht, war es ein Defekt der Elektrik oder war die Ursache ein Schornsteinbrand, der in Schweden die häufigste Ursache eines Brandes ist? Die Bewohner haben alles, aber auch alles verloren, Erinnerungen aus der Vergangenheit, aller Wert ist in Rauch aufgegangen und unwiederbringlich dahin. Mir wird klar, wie schnell und wie nah das Schicksal ist bei jedem von uns. Als ich am Abend gegen17.00 Uhr dort wieder vorbei fuhr, war die Feuerwehr noch da und ein glühender, rauchender Haufen aus verkohltem Holz und Asche zeugte von dem Geschehen.
Auf dem Markt lief es nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Da es den ganzen Tag diesig war und ein leichter Regen fiel, blieben die Besucher aus, und die, die da waren, wollten nur ins warme Café, um sich bei Kaffee und Käsekuchen aufzuwärmen. Den Besuchern an meinem Stand lockte meine Idee fast immer eine Bemerkung heraus, ein Gefallen und Bestaunen. Einige der etwas ungewöhnlichen Futterplätze werden nun in den Gärten oder an den Hauswänden in Småland unseren gefiederten Freunden helfen, keinen Hunger im schwedischen Winter zu erleiden. Zwar ist er noch nicht da, aber er kommt, ganz sicher.
20.11.2015
Die Tomten-Saga habe ich im vergangenen Jahr hautnah erlebt, angefangen vom Fuchs, der zu mir in den Garten kam und nicht weg lief, bis hin zu meiner Rolle als Tomte bei den Nachbarskindern mit dem Schneefall rechtzeitig zum Fest.
In diesem Jahr beginnt es mit dem Auftrag, ein Schild zu malen, das wieder für ein Wurfspiel für die Kinder genutzt werden soll. So habe ich die Tomtegeschichte mit
dem Pinsel auf die große Platte gebracht, etwas Besonderes ist diesmal das 3D-Bild. Die Auffangkästen habe ich in das Bild integriert, ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen. Als das Schild
abgeholt wurde, erhielt ich gleich einen neuen Auftrag: ein Hinweisschild für den Weihnachtsmarkt und 4 Aufsteller für die Öffnungszeiten, die an den Straßenrändern stehen werden. Heute sind sie
fertig geworden, morgen noch den Wetterschutzlack drauf und dann ab zum Markt. Auf ihnen habe ich ebenfalls ein paar Bilder der Tomtengeschiche wiedergegeben, er wird ja eigentlich nie gesehen,
er kommt in der Nacht, wenn alles schläft, er beschützt Mensch und Tier. Wen diese Geschichte interessiert, kann in meinem Tagebuch des letzten Jahres zur Weihnachtszeit nachlesen oder sich im
Internet die Tomtensage ansehen, sie ist nicht nur in Schwedisch, sondern auch in Deutsch zu finden. Ich selbst sehe sie mir immer wieder gerne an, sie wird so liebevoll erzählt, dass sofort eine
winterliche Stimmung einzieht.
Aber auch meine Deko rechtzeitig zur Weihnachtszeit trägt dazu bei. Mit dem Zauber der weihnachtlichen Stimmung begann ich in den Zimmern und im Garten. Helge und seine Frau sind in einem weihnachtlich geschmückten Unterstand, die Blumenkästen mit Zypressenzweigen und zusätzlich mit Hagebuttenzweigen bestückt, sie werden im Winter den gefiederten Freunden eine wichtige Nahrungsquelle sein. Wenn Schnee liegt, kommen Äpfel und Samenkörner dazu, doch wirklich erst, wenn die zwitschernde Freunde selbst nichts mehr finden, denn wenn wir zu früh mit der Fütterung beginnen, tun wir ihnen keinen Gefallen damit. Unseren Rehen werde ich in diesem Jahr nichts hinlegen, denn das letzte Jahr zeigte mir, dass die Vertrautheit der Tiere ihnen zum Verhängnis werden kann. Sie kommen hier überall in die Gärten, erhalten Obst, Gemüse oder Heu von den Menschen, sie verlieren die Angst und erkennen zu spät die Gefahr der Jäger, die sie mit ihren Hunden hetzen und erschießen. Zur Zeit sehe ich am späten Abend direkt vor unserm Fenster einen Bock in Begleitung einer Ricke auf der Wiese äsen, auf der Nachbarwiese ist oft eine Ricke mit ihren zwei Kitzen aus diesem Jahr, ich hoffe, sie entkommen dem Jäger und seinen Hunden.
Da es in diesem Jahr Massen an Äpfeln gab und viele wildwachsende Apfelbäume an den Wegrändern stehen oder mitten im Wald auf Lichtungen, weil dort einst Höfe waren, denke ich, dass die Tiere dort lange ihren Hunger stillen können und nicht gezwungen sind, direkt in die Orte zu kommen. Der Wetterbericht zeigt zwar für Freitag den ersten Schnee an, wäre auch super, denn unser Weihnachtsmarkt am Samstag könnte einen Hauch von Schnee gut vertragen, denn so steigt die weihnachtliche Stimmung und die Besucher werden auf die Vorweihnachtszeit eingestimmt.
Ich gehe mit Freunden hin und schaue mir die vielen Stände an, denn die Jahre zuvor war es mir leider nicht vergönnt dorthin zu gehen, der Markt im BEF ließ mir keine Zeit. Die letzten drei Jahre habe ich den Weihnachtmarkt im BEF mit organisiert und viele Tage zuvor begonnen, alles weihnachtlich zu schmücken. Jürgen und ich klebten nächtelang Etikette auf unsere Flaschen mit den Produkten unserer gesammelten Äpfel. Am Markttag waren wir die Ersten und abends die Letzten, denn rechtzeitig zum Aufräumen waren alle weg. Aber nun ist alles anders. Drei Männer versuchen da einen Markt zu organisieren, die Stimmung ist im Keller, meine aber nicht, zwar habe ich keinen Job, dafür Zeit und werde uns das Fest gemütlich gestalten, dazu gehört natürlich eine entspannte Vorbereitung für ein paar besinnliche Tage.
In diesem Sinne: eine schöne Vorweihnachtszeit!
5.11.2015
Heute Morgen um 9.30 waren wir auf dem Weg nach Kalmar ins Krankenhaus, ich hatte einen Termin zu weiteren Untersuchungen. Der Himmel war mit Dunst und Nebelwolken verhangen, es wollte nicht so recht hell werden. Als ehemalige Jägerin hatte ich den Gedanken, das sei eigentlich perfekt für das Wild, um auf den abgeernteten Wiesen und Feldern nach Essbarem zu suchen. Ich hielt Ausschau nach rechts und links. Plötzlich stand er da, der Elch, ca. 100 Meter vom Waldrand entfernt, mitten auf dem Stoppelfeld eines Maisfeldes. Er ließ sich überhaupt nicht von den vorbei fahrenden Autos stören, und um diese Zeit ist die E22 viel befahren. Statt wie sonst überrascht aufzurufen, war ich total entspannt und sagte zu Jürgen: „Da steht ein Elch, er ist sehr groß“, denn irgendwie hatte ich erwartet, einen zu entdecken.
In Kalmar suchten wir das Krankenhaus und die entsprechende Abteilung, es dauerte nicht lange dank guter Ausschilderung und freundlicher Mitarbeiter des Krankenhauses. Die Untersuchung ging schneller als erwartet. Danach sind wir im Krankenhaus gleich in ein dort befindliches Restaurant essen gegangen, anschließend fuhren wir zur „Skatte“, der Steuerbehörde, gestern hatten wir die Nachricht bekommen, unsere ID-Karte abzuholen. Kaum zu glauben, schon nach 10 Minuten verließen wir das Amt mit der ID-Karte, für die wir drei Jahre gekämpft haben… Juhu!
Kurz noch durch die Einkaufspassage und ein paar Kleinigkeiten gekauft und dann ab nach Hause, es war15.00 Uhr und man konnte bereits die nahende Dunkelheit spüren. Jetzt werden die Abende länger, ich kann wieder mehr im Haus machen und alles für die nahenden Weihnachtsmärkte vorbereiten. Ich werde selbst auf die Weihnachtsmärkte in der Umgebung fahren und selbstgefertigte Dinge verkaufen.
Zuerst einmal muss ich sehen, was die Auswertung der heutigen Untersuchung bringt, nach dem Gespräch mit der untersuchenden Ärztin gehe ich mal nicht davon aus, dass es mir bald wieder besser geht, im Gegenteil, sie sprach von schwerwiegenden Problemen, die unbedingt behandelt werden müssen und keinen langen Aufschub erlauben. Es wurden gleich MRT und andere Untersuchungen angeordnet, na was wird dies noch bringen?
1.11.2015
„Ihr Blätter, wollt ihr tanzen? so sprach im Herbst der Wind...“ Dieses Kinderlied, das ich mit 5 Jahren im Kindergarten lernte, fiel mir spontan ein, als ich heute Morgen vor die Tür trat.
Auf dem Boden lag ein dicker Teppich aus tausenden Blättern, die sich gestern noch an den Ästen der alten, knorrigen Eiche fest klammerten. Zuerst wollten wir sie wie all die Tage zuvor zusammenharken und mit der Schubkarre wegräumen, doch diesmal entschieden wir, sie liegen zu lassen für 2-3 Tage, denn diese Zeit hat etwas Wunderschönes, wie die Bilder zeigen. Ich erinnere mich, wie ich als Kind vor unserem Haus die Blätter von drei dicken alten Linden zusammengeharkt hatte, vor mir lag ein riesiger Berg, und es war geradezu eine Pflicht, sich hinein fallen zu lassen, auch wenn es nachher hieß, alles wieder zurück auf den Haufen zu harken. Das Gefühl war unbeschreiblich, ich rieche gerade das trockene knisternde Laub, ebenso kann ich hören, wie das Laub unter den Füßen raschelte bei einem Spaziergang mit der Kindergartengruppe durch die Laubwälder. Und was man auch aus all den Dingen basteln kann, die uns der Herbst zu Füßen legt! Ob Eichel oder Kastanie, Buchecker oder Hagebutte: ein paar Stöckchen dazu, Zahnstocher und Sisalfäden und mit flinken Fingern und etwas Geschick war ein Tierpark mit all seinen Tieren fertig, und aus dem bunten Laub wurden Girlanden für die Tür oder das Treppengeländer gezaubert. All diese schönen Dinge sind leider in Vergessenheit geraten, die Kinder wissen gar nicht mehr, was uns die Natur so bietet, um sich damit zu beschäftigen.
Jetzt haben wir unsere Holzvorräte gestapelt und sehen dem Winter mit Schnee, Eis und Kälte entspannt entgegen. Nur ein kleiner Haufen Holz ist noch zu sägen und zu spalten, dann ist auch die Menge an Anmachholz ausreichend. Da wir aber immer noch Temperaturen von 10° plus und mehr haben und die Sonne den ganzen Tag vom Himmel lacht, ist der Winter wohl noch nicht so schnell vor der Tür und wenn doch, egal, der Sommer und der Herbst haben ihren Namen alle Ehre gemacht.
Langsam wird es Zeit, dass die Regenzeit beginnt, denn in Gräben und Seen ist der Wasserspiegel so gefallen, dass die kleineren Gräben kein Wasser mehr führen und die Seen am Ufer um Meter zurück gegangen sind. Steine, sonst unter dem Wasserspiegel nicht zu sehen, tauchen auf und eine ganz andere Landschaft zeigt sich uns. Felsen und Gräser, die sonst nie ans Tageslicht kommen, zeigen sich und lassen uns staunen, was die Natur ihren Seen birgt. Wenn die Regenfälle den Wasserspiegel wieder ansteigen lassen, wird alles wieder verschwinden und beim Vorbeifahren werde ich sicher genauer hinschauen, ob nicht vielleicht doch hier und dort eine Felsplattform zu entdecken ist, die nur darauf wartet, dass der Spiegel wieder fällt.
18.10.2015
Sonntag. Die Sonne konnte sich doch wieder durchsetzen, der verregnete Tag gestern war also so etwas wie ein „Ausrutscher“, was zu meiner Freude wäre. Denn im Garten ist noch viel zu tun, bis der Schnee kommen kann. Die Blumenkübel brauchen einen Platz im Haus und andere Stauden möchte ich gerne noch in den Boden bringen. Doch die Zeit verrinnt, ich habe am 27. Oktober einen weiteren Termin bei meinem Arzt, die Auswertung meiner Wirbelsäulenuntersuchung. Es hat sich bestätigt, dass ich ein Knochenmarksödem an der Wirbelsäule habe, nun wird über eine Behandlung gesprochen und welche Folgen das alles für mich haben kann. Mir ist sehr mulmig und die Worte meines Arztes in Deutschland sitzen tief im Kopf. Da passt es ganz gut, dass ich einige Arbeiten, Laufereien und Ämtergänge los bin, denn eine Freundin hat sich dafür entschieden, der Meinung zu sein, dass ich nur an mich denke, obwohl ich mich die letzten 2 Jahre sehr viel um ihren neuen Start hier in Schweden gekümmert habe. Aber gut, wie ich im letzten Eintrag schrieb, Dinge kommen, Dinge gehen, so auch „Freunde“. Sie ist nicht alleine, sie hat in meinem Exmann einen neuen Helfer gefunden.
Gestern Abend hat unsere kleine Rinderherde ihr Winterquartier bezogen, die Weide neben uns ist abgegrast, die alte Wanne mit dem Trinkwasser der Kühe ist leer und die Kälbchen haben sich mit einem Blick zu uns und Emmas Garten verabschiedet. Ab heute werden sie ohne ihre Mütter im großen Offenstall den Winter verleben und im Frühling kehren sie zu uns zurück.
Heute ist wieder so ein Tag, an dem ich an mich denke, ich setze mich am Nachmittag ins Auto und fahre raus in die Natur und zum Kaffee zu einer Bekannten, deren Mann gerade auf Geschäftsreise ist und die mich schon lange mal eingeladen hat. Ich denke, es werden ein paar entspannte Stunden für mich und meine Seele.
16.10.2015
8°, dicke graue Regenwolken verhängen den Himmel. Ich bin auf dem Weg nach Fröreda, ca. 50 Kilometer von uns entfernt. Ein Freund hat in seinem Schuppen einen Gefrierschrank zu stehen, den er nicht benötigt. Das kommt mir gerade recht, denn der Winter naht und ich möchte Vorräte anschaffen. Wenn es wirklich so ein langer, harter Winter werden soll, wie die Bauern vorhersagen, ist es gut, einige Vorräte an Lebensmitteln im Haus zu haben, denn bei Eis und Schnee Einkaufen fahren, das machen nur welche, die weder planen noch vorausschauen können.
Auf dem Weg durch eine herbstliche Waldlandschaft, die mit ihren Tannen und Laubbäumen jeden Naturfreund verzaubert, sah ich plötzlich einen Auerhahn. Ein stattliches Tier, er postierte sich am Wegesrand und zeigte sich in all seiner Balzschönheit. Die Dame, um die es dabei ging, war nicht zu sehen, sie wird sich im braunen, welken Farm das Schauspiel ansehen und dann entscheiden, ob sie mit ihm Hahn die neue Familienplanung eingeht.
Hier ganz bei uns in der Nähe war bis zum vergangenen Jahr schon ein Paar, doch nachdem der Wald abgeholzt und gerodet war, waren sie verschwunden. Schade, doch so sind die Natur und ihre Bewohner. Ein Kommen und Gehen, egal, ob Baum, Strauch, Pflanze oder eben die Tiere. So auch die Elche, die Jagd ist eröffnet, wie ich ja schon vor Tagen geschrieben und mit einem Foto belegt habe. Schüsse sind zu jeder Tages- und Nachtzeit zu hören. Gestern trafen wir eine Gruppe Jäger, Weidgenossen aus Deutschland. Sie kommen seit Jahren hierher, um an der Elchjagd teilzunehmen. ie hatten auch schon einen Jagderfolg, zwar keinen Elch, aber ein Wildschwein. Elche hatten sie gesehen, auch eine Rotwildkuh mit Kalb. Diese waren aber zu weit weg und sind so verschont geblieben.
Es wird heute gar nicht richtig hell, es bleibt grau und diesig, ich denke, das mit der Sonne hat sich für dieses Jahr erledigt. Andererseits, es ist Mitte Oktober, da hatten wir bis gestern noch das schönste Wetter, Sonne schon am Morgen bis in die Abendstunden, da sage mal einer, Skandinavien sei kalt und dunkel und überall nur Schnee. Wer hier war und den wunderschönen Herbst erlebt hat, wird dem mit ruhigem Gewissen widersprechen.
Ich bin mir sicher, sie haben Lust auf noch mehr Schweden bekommen und wollen auch die anderen Jahreszeiten erleben.
Mittwochabend, wir sind wieder zu Hause, den ganzen Tag strahlender Sonnenschein. Schon als wir heute morgen am Frühstückstisch saßen, gab es einen wunderschönen Sonnenaufgang. Durch die Bäume schickte die Sonne glühend rote Strahlen, am Himmel war die Dunkelheit der Nacht noch nicht ganz verschwunden. Um 9.00 Uhr fuhren wir dann los nach Kalmar, denn um 11.00 Uhr ging der Zug in Richtung Kopenhagen, die zwei Urlauber stiegen in den Zug und eine tolle Woche ging zu Ende. Genau wie die beiden werden wir sicher noch lange an diese Zeit denken, wie viel wir gelacht haben und vor allem werden wir ihre erstaunten Augen immer wieder vor uns sehen. Der nächste Besuch ist bereits geplant, sie wollen hier den Frühling erleben, daher kommen sie im Mai wieder, dann wahrscheinlich für 2 Wochen. Somit haben sie, wenn sie Sehnsucht nach Schweden bekommen, immer den baldigen Besuch als Trost.
Als wir nach Hause kamen waren unsere vierbeinigen Nachbarn hier, die Kühe, sie werden nun ihre letzten Tage auf der Weide in diesem Jahr bei uns verbringen. Die Kälber sind fast nicht wieder zu erkennen, sie haben mächtig an Größe zugelegt, müssen sie ja auch. Wenn sie in den nächsten Tagen in den Stall kommen, der in den nächsten Monaten sie vor Schnee und Kälte schützt, werden sie dies ohne ihre Mütter tun. Sie müssen dann selbständig fressen und trinken, die Bar der Mama ist für sie nicht mehr verfügbar.
In Kalmar habe ich mir Wolle und Stricknadeln gekauft, in den kommenden Tagen wird aus jeder einzelnen Wolldogge ein Schal entstehen. Dazu habe ich Nadeln gekauft, dass es diese Stärke gibt, wusste ich gar nicht: 20 mm, das gibt Sicherheit und alles ist an einem Abend fertig. Lege heute Abend los.
13.10.2015
Die Zeit vergeht wie im Fluge. Morgen ist bereits die Heimreise der Kinder, eine Woche, die für sie aufregend war und deren vielen Eindrücke sie sicher noch einige Zeit beschäftigen werden. Egal ob die Natur oder die vielen Loppis, alles ist für sie neu und lässt sie staunen. Jamila hat Fotos ohne Ende gemacht, sie möchte am liebsten ganz Schweden nach Deutschland mitnehmen.
Heute waren wir noch einmal in verschiedenen Läden, um einige Mitbringsel für ihre Freunde zu suchen. Jürgen und ich nutzten die Gelegenheit, um Platten für die Dächer zu kaufen, die wir für unser „Ved“ (Brennholz) gebaut haben. Am Donnerstag, denke ich, werden sie montiert und somit ist unser Holz im Trocknen, die ersten 10 Kubikmeter sind geliefert und noch am selben Abend haben wir sie aufgereiht. Mit der Hilfe von den beiden ging es ruck-zuck. In der nächsten Woche kommen weitere 10 Kubikmeter und ich denke, damit kommen wir über den Winter. Die alten Menschen und vor allem die Bauern sprechen von einem langen kalten Winter. Schon im Oktober soll der erste Schnee fallen und liegen bleiben. Wenn wir uns den Himmel anschauen, kann die Prognose zutreffen. Dicke schwere Schneewolken lassen es erahnen. In den nächsten Tagen werde ich die Blumen aus dem Garten, die keinen Frost vertragen ins Haus holen, denn leichte Fröste hatten wir schon und am Morgen zeigten die Blumen Spuren davon. Die Wiesen sind weiß und die Blätter der Dahlien sind schwarz. Höchste Zeit, die Pflanzen in Sicherheit zu bringen. Dann bekommen auch die zwei Goldahornbäume ihren Standort, genau wie ich hat auch Dieter Lenz einen perfekten Platz für sie: am Zaum zur Straße, rechts und links zur Eingangspforte.
Es ist eine gute Pflanzzeit für Laubbäume. Jetzt, da sie ihre Blätter verlieren und all ihre Kraft in die Wurzeln leiten, haben sie eine gute Chance anzuwachsen und werden im nächsten Jahr ihren ersten Frühling bei uns erleben. Mit meinem Start des Löppis-Cafés werden auch sie ins Leben starten und wenn dann jemand im Ort nach meinem Löppis fragt, wird die Antwort lauten: „Dort, wo die zwei Goldahorn am Eingang stehen.“
Und es kann sein, dass man später das Haus so nennen wird: „Das Haus mit den zwei Ahornbäumen“.
12.10.2015
Kurz bevor sich die Natur unter dem schneeweißen Teppich in die Winterruhe begibt, hat sie noch einmal alle Register gezogen, die Laubbäume in die verschiedensten Farbtöpfe getaucht, die Apfelbäume mit leuchtenden Früchten geschmückt, Hecken ein strahlendes Lachen gegeben und die Reste in den Farbtöpfen liebevoll in der Weite des Schwedischen Landes verteilt.
Da sage noch einer, dass die Natur traurig oder gar trostlos ist, genau das Gegenteil ist der Fall, sie ist jedem Künstler Inspiration für seine Werke. Auch nach den Jahren, die ich hier lebe, kann ich mich noch immer nicht an der Farbvielfalt satt sehen.
Stundenlag könnte ich durch den Wald laufen und die Ruhe aufsaugen, damit ich mit neuer Kraft an die weiteren Vorhaben gehen kann. Doch seit heute darf ich nicht mehr in den Wald, die 24-Stunden-Jagd auf Elche hat begonnen, egal wohin man schaut, überall sitzen Jäger auf Hochsitzen. Es gibt Regeln und Gesetze, wie und wie viele Elche geschossen werden dürfen. Man will die Wildschäden so niedrig wie möglich halten und gleichzeitig den Bestand sichern.
Als Jürgen heute zum Ferienhaus kam, um Nils und Jamila abzuholen, glaubte er seinen Augen nicht. Da hing am Ladearm einer Landmaschine ein Elch, aus der Decke geschlagen, das Haupt war bereits abgelöst, für jeden Jäger ist es eine wunderschöne Trophäe. Es war ein Veterinär anwesend, der die Untersuchung des Tieres vornahm. Er stellte fest, dass bereits vor Wochen mit Schrot auf das Tier geschossen wordenn war, es hatte den Elch nicht getötet, schon gar nicht in dieser Größe. Ein Jäger, der mit Schrot auf so ein Tier schießt, sollte seine Lizenz zum Jagen verlieren. Wie viel Leid hat das Tier ertragen müssen, bis es von einer Jägerin erlegt wurde. Das Fleisch ist bleiverseucht und darf nicht verwertet werden. Für die Jägerin in zweifacher Hinsicht ein Verlust, zum Ersten die Fleischmenge und zum Zweiten darf sie in diesem Jahr nicht noch einmal auf die Elchjagd gehen, denn jeder Bauer darf nur einen Elch schießen. Die junge Frau ist nun traurig darüber, kann aber sagen, ich habe ein Tier von vielem Leid erlöst. Als ehemalige Weidgenossin fühle ich mit ihr und sage „Weidmannsheil“ für ihren Jagderfolg, wenn er auch für sie nicht so glücklich war.
9.10.2015
Da ist Jürgen schon 3 Jahre hier, und wir haben unseren ersten „schönen“ gemeinsamen Tag. Ich meine so richtig schön, von dem man zehren kann und beide sagen: „Es hat Spaß gemacht, es hat mir gefallen, ich wünsche mir noch mehr solche Tage.“
Klar gab es schon schöne Tage, doch waren das eigentlich normale Tage, wie wir sie alle erleben. Nein gestern war anders. Es begann damit, dass wir an diesem Tag Jürgens Sohn und seine Freundin vom Bahnhof in Kalmar abholen wollten. Da wir noch andere Dinge in Kalmar erledigen konnten, planten wir, nach dem Frühstück aufzubrechen. So machten wir das dann auch, ein entspanntes Frühstück und dann los. Wir fuhren mit beiden Autos bis zur Werkstatt, denn mein Auto hatte seine jährliche Besichtigung und es gab ein paar Mängel, die behoben werden müssen. Ein paar liebe Worte mit dem Inhaber der Werkstatt, denn wir kennen uns gut, und der Tag konnte mit unserem Ausflug nach Kalmar weiter gehen. Nach langer Zeit fanden wir auch die Möglichkeit zu „Skatte“ zu fahren, um unsere ID-Karten zu beantragen. Wir hatten uns auf eine lange Wartezeit eingestellt und waren angenehm überrascht, dass wir nach 1 Stunde wieder das Amt verlassen konnten. Anträge waren gestellt, Fotos gemacht und nun folgt der bürokratische Weg, bin gespannt, wie lange es dauert, bis die Karten zur Abholung bereit liegen.
Weiter ging es zum Einkaufen, wir fuhren in die „Giraffen- Passage“, ein Einkaufscenter, in das wir sehr gerne gehen, wenn wir in
Kalmar sind. Dort gibt es ein Geschäft mit außergewöhnlichen Tees und Gewürzen. Ich habe tüchtig zugeschlagen und Jürgen ging in das danebenliegende Sportgeschäft, wo auch er fündig wurde. In
einem gemütlichen kleinen Café tranken wir einen Kaffee, ich aß etwas sehr Leckeres, ein Brot mit verschiedenen Salaten und Fleischarten. Wieder etwas Neues kennen gelernt. Der Zug aus Malmö
sollte gegen 19.00 ankommen, telephonisch informierte uns sein Sohn, dass es 2 Stunden Verspätung gibt, also mussten wir die Zeit bis dahin überbrücken, was uns auch gut gelang mit der Idee über
die Brücke nach Öland. Jürgen war noch nie dort und fand die Fahrt über die lange Brücke natürlich toll, ein großartiger Blick entlang der Brücke und ebenso über das Geländer, hinaus aufs
Meer.
Auf Öland angekommen, fuhren wir auf der Windmühlenstrasse ohne Ziel immer an der Küste entlang. Hier stehen Bockwindmühlen wie aneinander gereiht. Gut erhalten und restauriert, sind sie jedes Foto wert. Plötzlich entdeckten wir einen Platz. auf dem Kürbisse in allen Größen angeboten wurden, keine Frage, da mussten welche mit. Wir suchten uns 10 Stück verschiedener Art aus und steckten das Geld in die „Kasse des Vertrauens“, gedanklich fanden diese Zeugen des Herbstes schon ihren Platz bei uns zu Hause. Im nächsten Jahr werde ich wohl selbst welche ernten können. Ich freu mich schon drauf, zuzusehen wie die Schmuckstücke aus den Blüten entstehen und heranwachsen.
Wir fuhren anschließend direkt runter zur Küste, die Sonne ließ uns im Freien sitzen und ein Stück Kuchen essen, hinunter direkt bis ans Wasser gehen und dort das Spiel der Wellen beobachten, die durch Windböen über das Meer gerollt kamen.
Letzte Blüten wiegten sich im Wind, Mohnblumen ließen ihre roten Blütenblätter los und wehten im Wind davon, die einsame Blüte an einem Rosenbusch bot ein schönes Motiv für mein Tagebuch, in zwei drei Tagen ist auch ihre Schönheit Vergangenheit.
Die Sonne ging unter und es wurde sofort kalt, wir machten uns auf den Weg zurück nach Kalmar, zurück über die Brücke und dann ins Centrum von Kalmar vorbei am Schloss direkt zum Bahnhof. Es war zwar immer noch viel Zeit bis zur Ankunft des Zuges. Wir suchten uns einen Parkplatz in einer Nebenstrasse und schlenderten durch die Einkaufsstraßen. Als wir zum Bahnhof kamen, hörten wir laute Musik. Vor dem Bahnhof parkte ein alter Bus, auf dem in großen Buchstaben stand „Partybuss“, junge Leute machten Musik und Passanten blieben stehen, hörten zu, tanzten und erfreuten sich einfach an der Gelassenheit dieser jungen Leute.
Mir wurde kalt, denn der Wind frischte wieder auf, so gingen wir in die Wartehalle und warteten dort bis zur Ankunft des Zuges. Pünktlich mit 2 Stunden Verspätung kam er an. Die Zwei stiegen müde von der langen Fahrt aus, nach einer langen herzlichen Umarmung ging es dann Richtung zu Hause und ins Ferienhaus, das wir für die zwei angemietet haben. Heute Morgen ging es dann mit einem ausgiebigen Frühstück in eine sicher schöne Urlaubswoche mit den beiden.
5.10.2015
Da schreibe ich gestern von dickem Nebel und was kam heute für ein Tag! Als Jürgen auf mich wartete, weil ich im Krankenhaus wieder einige Untersuchungen hatte, bekam er fast einen Sonnenbrand..Und er sagte, als ich zurück kam: „Den ganzen Sommer über kein Sonnenbrand und so kurz vor dem Winter doch noch..“
Es war zur Untersuchung meines Beines, man maß den Blutdruck an verschiedenen Stellen, um die Durchblutung und die Nervenströme festzustellen. Nun stehen weitere Untersuchungen im Krankenhaus Kalmar an. Mit der Post kam gerade heute eine Mitteilung, die Wirbelsäule röntgen zu lassen, da ich beim die Diagnose einer Knochenmarkblase im Rücken bekam. Kann ich mir nicht „normale“ Krankheiten aussuchen? Nein, es muss etwas Kompliziertes und Ernstes sein. Bloß gut, dass ich auf Optimismus umgeschaltet habe.
Ich erfreue mich an dem, was ich sehe und höre. Zum Beispiel an diesem:
Wir wollten zum Einkaufen fahren, auf der Autoscheibe entdeckten wir einen Schmetterling. Seine Farben waren kräftig, er musste gerade das Licht der Welt erblickt haben, ein wunderschöner Schmetterling. Natürlich war sofort die Kamera in der Hand. Jedes einzelne Härchen war zu erkennen, so sah ich noch nie einen Schmetterling, und das Schönste war, ich konnte ein tolles Bild schießen: Jürgen und eine Naturschönheit. (Jürgen diskutiert gerade mit mir, wer wohl die Naturschönheit ist….. Keine Frage!)
Ebenso freue ich mich darüber, was Jürgen mir am vergangenen Dienstag erzählte, als er von Figerholm zurück kam. Er war dort zum Rasenmähen, direkt an der Ostseeküste. Ein Nachbar machte ihn auf etwas im Wasser aufmerksam. Jürgen erkannte jedoch nichts, dann kam der Mann zu ihm und berichtete von zwei Delphinen ganz nah am Ufer.
Liebend gern hätte ich das miterlebt, aber schon dieser Bericht erfreute mich, und ich sah im Internet nach, ob auch andere die zwei Tümmler gesehen hatten, ja man hatte sie gesehen und zwar zwei Tage zuvor am Timmendorfer Strand in Deutschland, und jetzt also an der Ostküste Schwedens. Ich bin gespannt, wo sie als nächstes gesichtet werden, ich hoffe nur nicht in den Fangnetzen der Fischer.
Die Wiesen sind nicht mehr so grün und saftig, dass ihr Gras als Futter für die Kühe mit ihren Kälbern ausreichend ist. Nach und nach kommen sie wieder in ihr Winterquartier, wo im Außenbereich große Heuballen als Futterquelle bereit liegen. Kleine Herden werden mit Hilfe der Viehtransporter am Traktor dorthin gebracht, die größeren Herden machen sich „zu Fuß“ auf den Weg dorthin. Das führt auch mal zu kurzen Staus auf der öffentlichen Straße und ich finde Zeit, ein paar Fotos zu machen. Für die nächsten Monate sind die Tiere nun im Stall und die Wiese neben uns bleibt leer.
Ich gehe wieder mit offenen Augen hinaus, sehe Dinge, die mich wochenlang nicht berührt haben, den kleinsten Käfer, die letzte Blume des Sommers, den glühenden Himmel beim Sonnenuntergang, es sind Momente, die mir sagen: „Astrid …Hier bist du richtig!“
4.10.2015
Ein Tag, in Nebel gehüllt, neigt sich dem Ende zu. Als ich nach einer fast schlaflosen Nacht vor die Tür ging, war im Gegensatz zu gestern von der Sonne nichts zu sehen, aber auch gar nichts. Dicke Nebelschwaden lagen über der gegenüberliegenden Wiese, Bäume und Sträucher waren nur zu erahnen. Es wird ein Tag zum Ausruhen, so mein Entschluss.
Na ja fast, denn ein paar Sachen stehen an, nichts, was unbedingt passieren muss, aber ich doch gerne erledigt haben möchte.
Gardinen in den Zimmern wechseln und waschen, so dass auch im Haus herbstliche Stimmung einzieht. In zwei Tagen kommt Jürgens Sohn mit Freundin für eine Woche zu Besuch. Hoffen wir mal, dass der Herbst uns noch ein paar schöne Tage beschert, denn wir wollen noch einige Ausflüge machen und ihnen die Gegend zeigen, in der sein Vater seit einigen Jahren lebt.
Leider haben die Elchparks geschlossen und auch ein Besuch am Zaun ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich, denn nach Informationen der Parkleitung sind die Elche in der Brunftzeit und in diesem Jahr besonders aktiv. Wir werden also die Zeit anders nutzen und ihnen die schönen Plätze zeigen, die wir lieb gewonnen haben.
Vor zwei Tagen hatte ich in der Post eine Buchsendung, sie kam aus Deutschland vom Stadthaus-Verlag. Es war das angekündigte Buch von Dieter Lenz „Mein Schweden“. Ein Belegexemplar, da als Titelfoto eines meiner Schwedenfotos gewählt wurde. Und sofort begann ich zu lesen. Doch dann beschlossen Jürgen und ich, es gemeinsam zu lesen, das heißt, ich lese vor und Jürgen hört zu. Am Nachmittag kochten wir uns einen Kaffee und machten es uns im Wohnzimmer, wo im Kamin ein kleines Feuer loderte, auf dem Ecksofa gemütlich und los ging‘s.
Schon bei den ersten Auszügen aus dem Tagebuch erkannten wir das Schweden, das auch wir lieben gelernt haben. Wir sahen den jungen Tagebuchschreiber in einem småländischen Dorf leben und im Wald arbeiten, als Holzfäller und Hüttenbauer. Und etwas Überraschendes las ich auf Seite 36. Dort beschreibt er einen Ahornbaum mit „goldenen Tatzen“. Sofort musste ich an meine Mitbringsel aus Deutschland denken, die ich als Abschiedsgeschenk bekommen hatte: „Goldahorn-Bäumchen“. Ich pflanzte sie in Holzkübel und stellte sie damals vors BEF als Eingang zu meinem Café. Im Moment habe ich noch keinen endgültigen Platz für diese zwei besonderen Bäume gefunden. Sie sollen bei uns zu Hause stehen, doch können wir uns nicht so recht entscheiden, wo sie für ihr langes Leben ihre Wurzeln in den småländischen Boden wachsen lassen sollen. Vielleicht hat ja Dieter eine Idee, gerne kann er mir einen Rat geben, denn so wie damals dieser alleinstehende Ahornbaum seinen Blick gefangen hielt, so geht es mir heute mit meinen in der Zwischenzeit halbwüchsigen Ahornbäumen „mit den goldenen Tatzen“.
3.10.2015
Gestern Abend wurde es plötzlich windig, die Baumkronen bogen sich, Blätter in allen Farben wirbelten durch die Luft, sollte das den angekündigten Regen bringen? Es blieb beim Wind, der die ganze Nacht andauerte, und pünktlich mit dem Sonnenaufgang kam die Wärme. Den Kaffeepott geschnappt und raus….
Jürgen und ich schauten uns an, was wir da gestern vollbracht hatten. Der Vorgarten ist fertig, um ihn im Frühjahr nach dem Schnee schöner zu gestalten. Ein kleiner Teich soll seinen Platz finden, ich habe schon viele Gräser gekauft und Wasserpflanzen aus Deutschland mitgebracht, die Günter mir aus dem Froschteich holte. Früher war der Teich ein wunderschöner Platz zum Verweilen, doch nun ist er zugewuchert und die Wasserpflanzen gewannen die Oberhand, so dass das Gleichgewicht der Natur verloren ging. Die Krebsschere, eine schöne Wasserpflanze, ist aber nur als Einzelpflanze ein schöner Anblick, zusammengedrängt verliert sie ihre Schönheit. Im hauseigenen Garten haben Wollis Wasserhyazinthen, auch sie vermehrten sich im vergangenen Jahr so stark, so dass ich auch von ihr einige Abkömmlinge erhielt. Ich hoffe, ich bekomme sie gut über den Winter und im nächsten Jahr schmücken sie unseren neuen Teich. Ich weiß nicht, ob ich hier Fische für den Gartenteich bekomme, mal schauen, würde gerne welche einsetzen.
Da ich gerade bei Tieren bin, ebenfalls im Frühjahr, denke ich, sollten wir uns 5 Hühner anschaffen, natürlich mit Hahn. Wie oft geschrieben, bin ich mit vielen Tieren groß geworden, ob Schwein, Pferd, Kuh, Hund, Katze, Hühner, Enten, Kaninchen, alles war vertreten. Jetzt möchte ich gerne Hühner haben, denn immer bleibt in der Küche etwas übrig, was für den Abfall zu schade ist. Wir essen gerne Eier und ein frisches Ei ist doch etwas ganz anderes als ein Ei aus dem Supermarkt. Jürgen ist von meiner Idee nicht überzeugt, ich hoffe aber, ihn noch umstimmen zu können. Ein Hühnerhaus mit Auslauf hätte schon einen schönen Platz, und gedanklich ist es auch schon fertig. Ach so, richtig, Zwerghühner sollen es sein!
Gestern waren wir noch kurz in Oskarshamn. Auf dem Heimweg hatten wir die Sonne im Rücken, was für ein Anblick, wenn man in die herbstlichen Wälder schaut. Da die Sonne tief steht, dringen die Sonnenstrahlen tief in den Wald, dort wird das Licht von den Blättern und dem Moos aufgesaugt und festgehalten. Die Lichtspiele sind faszinierend. Ich nehme die Schönheit in mir auf und halte sie wie der Wald tief in mir fest.
Ich ertappe mich dabei, dass ich lächle, was ich lange nicht getan habe.
Wieder ein Schritt vorwärts.
2.10.2015
Seit Tagen Sonne satt, morgen soll es jedoch mit diesem herrlichen Herbstwetter vorbei sein. Bloß gut, dass wir das, was wir uns für den Garten, vorgenommen haben, so gut wie fertig haben.
Der Zwinger von Emma bekam einen neuen Platz. Hinter dem Haus direkt unter dem Wohnzimmerfenster ist ein schöner Hundegarten entstanden. Dort hat sie am Nachmittag Sonne, die dort bis zum späten Abend scheint. Ich werde morgen ein paar Bilder machen. Ihre Hütte hat ein zweites Dach bekommen, versehen mit einer Naturbepflanzung.
Gestern hatte ich ihr ein Kissen in die Hütte gelegt. Kaum hatte ich den Zwinger verlassen, sah es dort aus, als wäre der erste Schnee gefallen. Ich habe sie nur fragend angesehen und sie verschwand in der Hütte, ein neues gibt es erst einmal nicht.
In der nächsten Woche bekommen wir unser Brennholz, ca. 15 Kubikmeter habe ich bestellt. Etwas ist noch vom Vorjahr da und dann haben wir auch noch von Mika ca. 2 Kubikmeter Holz bekomme. Jürgen hat es zersägt und zu dünnen Scheiten gespalten. Es wird uns als Anmachholz gute Dienste leisten. Ich habe es im Vorraum gestapelt und somit kann der Winter dann kommen.
Für das Brennholz bauten wir 2 Lager gebaut. Jeweils dicht am Haus werden wir das auf 30 Zentimeter geschnittene Holz stapeln. Wenn im Frühjahr die Lager leer sind, wird aus einem ein schöner Sitzplatz hinter dem Haus mit Blick auf die Wiese, wo dann wieder unsere kleine Kuhherde sein wird, und der andere Vorratsschuppen ist dann gut für all die Dinge, die im Sommer so gebraucht werden: Grill, Holzkohle, Sitzauflagen und all das was sonst so ein trockene Platz in der Nacht braucht.
Da ja heute der letzte schöne Tag gewesen sein soll, dachte ich. den ganzen Wildwuchs von den Pflaumenbäumen im Garten abzuschneiden. Weil das aber nicht so die richtige Arbeit für mich ist, war es an Jürgen, dies zu tun. Ich habe das abgeschnittene Gestrüpp weggebracht und siehe da, der Garten ist gleich noch einmal
so groß. Wo all die kleinen Bäume und Sträucher standen, kamen alte Zaunstiele zum Vorschein.
Wir haben beschlossen, dort den Zaun, den uns Mika zur Straßenseite baute, weiter zu führen, so entsteht sicher ein schöneres Bild und wenn ich dann den Loppis mache, ist auch gleich eine Möglichkeit der Dekoration von Gartenutensilien gegeben
Na, und dann habe ich auch noch etwas gebaut:
Helge und seine Frau haben ein Winterquartier bekommen. Damit sie im Winter nicht im Schuppen eingelagert werden müssen, haben sie ein eigenes Dach über dem Kopf bekommen.
Zur Weihnachtszeit wird dann dort eine Beleuchtung das Ganze abrunden.
Wie man sieht, ich bin wieder auf dem Weg der Besserung, werde aber die Notbremse ziehen, wenn nötig.
1.10.2015
Ich bin seit einer Weile wieder zu Hause, vieles ist seitdem passiert. Ich schreibe einfach mal über meine Heimreise und welche Gedanken ich bei der Überfahrt auf der Fähre nieder geschrieben habe……
Nach 2 Wochen Deutschland wieder auf der Fähre, gleiches Schiff, gleicher Platz wie bei der Hinfahrt. Es ist 7.00 Uhr, nach einer 3 1/2stündigen Anfahrt nach Rostock, die nicht so entspannt ist wie das Fahren in Schweden, hatte ich noch 2 Stunden Zeit vor dem Auffahren zur Fähre. Augen zu und abschalten.
Gerade geht die Sonne auf, das Wasser im Hafenbecken bewegt sich in kleinen gleichmäßigen Wellen, sicher wird es eine ruhige Überfahrt. Ca. 14.00 werde ich in Trelleborg ankommen und so gegen 19.00 Uhr zu Hause sein. Kurze Berichterstattung und ab ins Bett. Ab Morgen werde ich mein Leben ändern.
Heuchelei und Scheinheiligkeit sind mir zuwider, ich mag es nicht, wenn man mir zum Munde redet, mir alles nachspricht und hinterher jammert. Entscheidungen müssen getroffen werden und ich werde auch nicht mehr jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Warum ich so denke? Ganz einfach:
Der Arztbesuch in Deutschland hat mir die Augen geöffnet. Ein sehr langes Gespräch mit meinem Arzt, der mich seit über 20 Jahre kennt, trägt einen großen Anteil daran.
Bei der Begrüßung sagte er: „So habe ich dich aber nicht nach Schweden entlassen, was ist mit Dir passiert? Du bist nicht die Astrid, die ich kenne. Höchste Eisenbahn, dass ich dir helfe, aber dass du dir auch selber hilfst“.
Schon nach den ersten Untersuchungen sagte er mir, wie ernst mein Gesundheitszustand sei. Viel zu lange habe ich das auf die leichte Schulter genommen. Andere Menschen waren mir wichtiger als ich mir selbst. Sagen wir mal so: „Ich habe mich selbst vergessen“. Ich nehme mir jetzt vor, mein Leben wieder so zu leben, wie ich es tat, als ich nach Schweden ging. Freude über Natur und Menschen… Das tun, worauf ich Lust habe… Pläne und Ideen, die mir seit langem im Kopf rumschwirren, in die Tat umsetzen.
Als erstes muss ich lernen, mit meinem Diabetes umzugehen. Weitere Untersuchungen zu diesem Thema stehen in Schweden auf dem Zettel, es muss untersucht werden, ob Tabletten ausreichen oder Spritzen erforderlich sind. Gemeinsam werden beide Ärzte Untersuchungen anordnen und auswerten, dies ist gut, denn mein Schwedisch ist nicht so gut, dass ich die Fachbegriffe verstehe.
Nachdem auch festgestellt wurde, dass ich eine Thrombose im Bein hatte, die ich nicht so richtig wahr genommen habe und ich somit schwerwiegende Folgen mit mir rumtrage, muss auch dagegen was getan werden.
Wie immer, wenn ich in Deutschland bin, besuchte ich liebe Freunde. Es tat mir sehr gut und es hat sich gezeigt, was wahre Freunde sind. Es war sogar Zeit für einen Spaziergang und die sehr erfolgreiche Suche von Pilzen, gekrönt von einer „Fetten Henne“. Am Abend geputzt und ab in die Pfanne, es verschwanden noch einige Pakete in der Kühltruhe.
Gerade verlassen wir das Hafengebiet, nix mit ruhiger See, Schaumkronen auf den Wellen und ein tüchtiges Schwanken der großen Fähre „Mecklenburg Vorpommern“ lassen erahnen, dass es eine schauklige Überfahrt wird. Ich freu mich, das ist nicht so langweilig und die See sieht schön aus mit ihrer Sahne auf den Häubchen. Am Horizont ist die Fähre zu sehen, die in der Nacht in Schweden ausgelaufen ist. In der aufgehenden Sonne eine traumhafter Anblick.
Es sind nicht so viele Autos und LKWs auf der Fähre, die Urlaubssaison ist so gut wie zu Ende, aber trotzdem ist das Schiff voller Menschen. Ich schätze mal, so um die 250 Flüchtlinge sind mit uns an Bord. Sie wollen in Schweden um Asyl bitten. Wenn ich in all diese traurigen Augen schaue, in denen nun ein Hoffnungsschimmer einen Platz findet, glaube ich, so manchen Gedanken lesen zu können. Sehe ich die Babys, die friedlich in den Armen der Mütter schlafen, geht mir das Herz auf. Die größeren Kinder spielen in einem extra für sie hergerichteten Spielbereich. Zu Beginn ist noch ein zaghaftes Lachen zu hören, doch nach einer Weile wird es ausgelassener. Haben sie je zuvor so gelacht? Ich wünsche ihnen eine glückliche Zukunft.
Wellen tragen weiße Kronen,
gleiten übers weite Meer,
keine gleicht der anderen,
obwohl aus einem Element.
Was für eine Schönheit!
Soweit das Auge blickt,
dort am Horizont, verhüllt im Nebel,
Schiffe groß, beladen schwer.
Rollend schiebt der Eisenkoloss
landwärts sich, mit halber Kraft,
bin vom Anblick ganz gefangen,
voll Respekt, Bewunderung
dieser wunderschönen Macht.
Morgen werde ich darüber schreiben, was sich in den letzten Tagen hier zugetragen hat, oder sagen wir mal: was ich so gemacht habe. Handwerkliche und andere Ergebnisse bezeugen, dass ich die Zeit für Jürgen und mich nutze.
Deutschland, 12..9.2015
Kläglich drängen sich einzelne Blüten durch das kurz gemähte, leicht mit Laub bedeckte Gras am Wegesrand. Ich stelle fest, hier hat sich nichts verändert. An den Straßen wird die Natur kontrolliert und im Zaum gehalten, nicht wie bei uns, wo jede Blüte ihr Daseinsrecht hat.
Hier gibt es Staus, Tausende von Ampeln und Baustellen, Bahnschranken, die stundenlang zu sind, und Autofahrer, deren Fahrleistung auf Drängeln und Hupen beschränkt ist. Oh Mann – Deutschland, du hast mich wieder. Ich kann nur hoffen, dass ich nicht zu lange hier bleiben muss, dass meine Untersuchungen schnell ablaufen, positive Diagnosen folgen und eine baldige Buchung meiner Heimfähre erfolgen kann.
In der Nacht zum Dienstag bin ich um eins bei meiner Tochter angekommen, todmüde ins Bett gefallen und habe trotzdem kein Auge zugemacht. Der Dienstag verlief ruhig und entspannt, ich besuchte eine Schulfreundin und ihren Mann. Es wurde viel erzählt und ein ausgiebiger Spaziergang gemacht, leckerer selbstgebackener Pflaumenkuchen gegessen. Zurück bei Michi ging ich zeitig ins Bett, die Augen fielen schon von alleine zu, doch wieder fand ich keinen Schlaf. Am frühen Morgen dann nach Potsdam zum Arzt, für eine Wegstrecke von sonst 1 Stunde benötigte ich geschlagene 2 Stunden. Das aus all den bereits aufgezählten Gründen, dies trug nicht gerade zu einer guten Stimmung bei, wo meine ohnehin schon so tief im Keller ist. Ich stelle fest, es gibt noch tiefe dunkle Verließe…da bin ich gerade. Ich denke jedoch, bei meinem geplanten Besuch bei lieben Freunden Moni und Eddi nach meinem Arztbesuch, steigt die Stimmung wieder. Weiter geht es zu Kuno und Sabine und am Abend dann zu Wollis, wo ich hoffentlich meinen wohlverdienten Schlaf bekomme, denn dort schlafe ich immer tief und fest. Na mal sehen, was die Nacht bringt.
Donnerstag, 14.00 Uhr, noch ca. 30 Minuten, dann erfahre ich die ersten Befunde, denn gestern wurde mir ein gefühlter Liter Blut abgenommen. Es werden Tests gemacht, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt. Ich habe entgegen meiner Hoffnung wieder eine fast schlaflose Nacht hinter mich gebracht, denn wieder schwirrten mir tausend Gedanken durch den Kopf.
Der Grund…Ich kam spät bei Wollis an, wie immer war ein leckeres Abendessen für mich zubereitet und wartete bereits auf dem Küchentisch. Danach saßen wir noch 2 Stunden und redeten über dies und jenes, über ihre Urlaubswoche bei uns, in der es gerade sehr turbulent zu ging und über Krankheiten. Der Urlaub bei uns war für sie keine so schöne Zeit, sie erlebten meine Probleme und sahen eine traurige weinende Astrid, die sie sonst immer nur lächelnd und fidel kannten. Nach ihrer Abreise hörte ich wochenlang nichts von ihnen, ich war nun der Meinung, ihre Enttäuschung über den Urlaub war zu groß und sie sind mit mir böse, denn Grund genug gab es. Ich war kein guter Gastgeber, hatte wenig Zeit für sie, war zu sehr mit mir beschäftigt, es war die falsche Zeit für ein Wiedersehen mit so lieben Menschen. Ich glaubte fest daran, die Menschen verloren zu haben, die mir genauso wichtig sind wie meine Kinder, denn sie kennen mein ganzes Leben. Aber Irrtum, sie hatten sich gleich nach ihrer Ankunft zu Hause in Schweden gemeldet und gesagt, sie wären gut angekommen und trotz all der Zwischenfälle hätte es ihnen gefallen. Diese Info kam aber erst am gestrigen Tag bei mir an.
So die Wartezeit ist rum, ich werde hoffentlich erfahren, was mit mir los ist. Hoffentlich gibt es einen Plan dazu, wie ich wieder glücklich und ich „ich“ bin.
Freitagmorgen 5.00 aufstehen und wieder Richtung Potsdam, weitere Tests stehen an.
Die Anzahl der Überweisungen in meiner Hand ist groß, so dass ich sicher mit einer Woche in Folge hier nicht auskomme. Trotzdem habe ich Glück, ich bekomme schnelle Untersuchungstermine, die Schwestern sind bemüht, mir zu helfen, denn sonst gibt es die Termine erst ab Mitte Januar.
Die erste Diagnose habe ich bereits: Diabetes, und das bei meiner Liebe zu Obst. Am Wochenende werde ich zu Sunny fahren, sie ist seit langer Zeit sehr krank und da passen wir zwei zusammen. Was haben wir früher gesagt, wenn ältere Menschen bei Kaffee und Kuchen sich über ihre Krankheiten und den Tod unterhielten: „So werden wir nicht…mit Sicherheit.“ Doch jetzt sprechen wir darüber, denn es ist Thema Nummer eins, jeder Mensch trägt sein Päckchen mit sich herum, für einen sichtbar für den andern versteckt im Inneren.
1.9.2015
Da schreiben wir nun schon den 1. September, wo ist die Zeit, die uns allen doch so wichtig ist. Im Eiltempo vorbei gerauscht. Aus gerade erlebter Gegenwart wurde Vergangenheit und ebenso wird die Zukunft in ein paar Monaten der Vergangenheit angehören. Heute sage ich, warten wir ab, was die Zukunft bringt, egal ob gesundheitlich, beruflich oder privat. Viele Pläne schwirren durch meinen Kopf, verrückte Ideen werden plötzlich zu ernst gemeinten, Gedanken bringe ich in Wort und Bild zu Papier, sie gewinnen an Farbe und Gestalt.
Die nächsten Monate werde ich nutzen, um für das kommende Jahr einen Start zu schaffen. Mit Saisonbeginn will ich auch einen neuen Traum beginnen, eigentlich doch nicht so neu, denn als ich nach Schweden kam, war es die Basis, für mein Café zu leben. Ich werde versuchen, ach was schreibe ich da, ich werde 100%tig einen Löppis haben, darin integriert ein kleines Café. Klein, superklein, dafür urgemütlich und zum Verweilen einladend. Meine Idee dabei ist es, dass jeder Gast kaufen kann, was ihm gefällt, egal ob es die Kaffeetasse ist, aus der er gerade seinen Kaffee trinkt, oder der Stuhl, auf dem er sitzt, ob es die Gardinen am Fenster sind oder die kleine Lampe über dem Tisch, die einen leichten Lichtschein wirft.
Vor einiger Zeit war ich unterwegs und sah ein solches Café, die Gäste ließen genau wie ich den Blick durch den Raum streifen, er blieb an verschiedenen Dingen haften, auch ich wurde fündig und so wird es sicher dann auch meinen Besuchern gehen.
Das ist mein beruflicher Plan, der gesundheitliche geht hoffentlich in den nächsten Tagen in Erfüllung mit nicht allzu schlechten Nachrichten, baldiger Besserung und neuer Energie für die anderen Pläne.
Private Pläne habe ich keine, eher Wünsche, dass Jürgen mir weiterhin so zur Seite steht wie in der Vergangenheit, Joel sein Leben in den Griff bekommt und seine Ausbildung erfolgreich weiter führt, Michi, meine Tochter, wieder gesund und glücklich wird und dass mein Sohn Basti mit seinem neuen Job zufrieden ist.
Für einige Schritte auf dem Weg zu meiner neuen Idee habe ich mir ein Zeitfenster gesetzt, mal sehen, ob ich das schaffe. Ein wichtiges Datum ist der alljährliche Weihnachtsmarkt in Bråbo im November… Drei Monate noch, eine relativ lange Zeit, doch was ist schon relativ.
31.8.2015
Nun habe ich genug über meine Leiden geschrieben und es ist höchste Zeit, etwas dagegen zu tun, ich fahre nach Deutschland und lasse bei meinem früheren Hausarzt einen Groß- Check machen. Er kennt mich und meine Beschwerden seit 20 Jahren, ich denke, es ist der richtige Weg, um Klarheit zu bekommen, was mich so „umhaut“. Die Leere muss ja einen Grund haben, und nur wenn ich den Grund kenne, kann ich etwas tun, um wieder die Power zurück zu bekommen, die ich hatte und auch brauche.
Vor einigen Wochen bekam ich für den Sticklingsdag (das ist der Tag, an den die Hobbyzüchter für Geranien ihre Neuzüchtungen vorstellen und verkaufen) die Aufgabe für ein Spiel an einer großen Tafel, diese zu bemalen. Man brachte mir eine Tafel 1,5 Meter hoch und 3 Meter breit. Darauf verteilt waren 8 Löcher in verschiedenen Durchmessern. Es handelt sich um ein Wurfspiel. Ich sollte sie mit einem Motiv bemalen, das Kindern gefällt und Freude am Spiel macht. Die Platte war eigentlich keine Platte. Durch die vielen Löcher konnte man sich noch so große Mühe geben, ein zusammenhängendes Bild war so nicht machbar. Ich fragte nach, ob es möglich sei. dieses Spiel etwas abzuwandeln. Ich bekam für meinen Vorschlag das „OK“ und legte los. Das Motiv stand fest: Dschungel-Grün und viele Tiere sollten die Platte ausfüllen.
So war es dann auch nach drei Tagen. Bild fertig, noch eine wetterschützende Lackschicht aufgebracht, und die Fangkörbe in verschiedenen Größen konnten von Jürgen und mir angeschraubt werden. Am Vortag der Veranstaltung holte man das Kunstwerk ab, bereits da wurde es gelobt, doch richtiges Lob erhielt ich erst, ,als ich sah, wie viele Kinder und Erwachsene ihr Glück und ihre Zielsicherheit testeten und sich über Treffer riesig freuten. Rechtzeitig zum Weihnachtsmarkt ist bereits ein weihnachtliches Motiv in Auftrag gegeben worden, eine weitere Tafel wird dann die Tomtengeschichte zeigen. Im Kopf ist das Bild schon gemalt und lackiert.
Ich machte auf der Geranienausstellung eine Runde, um mir die Vielfalt an Neuheiten dieser Blume anzusehen, kaufte einen Strauß Dinkel und wollte gerade nach Hause gehen, da sprach mich mein Nachbar an. Er sagte, ich werde gesucht, ein Mann wolle mich kennenlernen, ich fragte, wo dieser Mann sei und was er von mir wolle, in diesem Moment kam ein älterer Herr auf mich zu und fragte: „Astrid?“ Ich sagte „ja“. Als Antwort kam: “Leif, Leif Hultgren“, noch bevor ich nach seinem Namen fragen konnte. Er war einst der Besitzer des Hauses, in dem wir leben. Wir sprachen eine Weile miteinander und er fragte, ob er mich besuchen könne, um „ sein altes Haus“ noch einmal von innen zu sehen. Die Leute hatten ihm bereits viel von unseren Arbeiten am Haus erzählt, dass wir es so herrichten, wie es 1927 etwa aussah. Das Äußere hatte er bereits bewundert und war glücklich darüber, wie viel Liebe wir in dieses Haus und seinen Garten stecken. Dass ich versuche, die Geschichte des Hauses wieder zu erwecken, erfreute ihn sehr. Leider kam dann etwas dazwischen, sodass er den Besuch bei uns verschieben musste, er kommt später einmal vorbei. Wir freuen uns darauf….
28.8.2015
Die Ereignisse reißen nicht ab, jeden Tag kommt etwas Neues dazu. Da habe ich das Café und Restaurant gedanklich und auch vom Herzen her fast hinter mir gelassen, hatte das Gästehaus, von mir mit viel Liebe eingerichtet, aus meiner Lebensaufgabe gestrichen, jetzt muss ich mit ansehen, wie es drei Männer betreiben: herzlos, freudlos und vor allem lustlos, nur nach persönlichem Vorteil trachtend. Ich stellte aber fest, dass es nicht mehr schmerzt. Somit kann ich für mich sagen: ein weiterer Lebensabschnitt ist abgeschlossen.
Nachdem meine Handoperation so weit wie möglich überstanden ist, hat meine Hand zwar noch nicht ihre volle Kraft und Motorik zurück, doch kann ich eine Besserung melden. Trotzdem bin ich wieder aus der Bahn geworfen. Seit ein paar Wochen habe ich eine stark geschwollene Ferse und starke Schmerzen, ich kann zeitweilig nicht auftreten, und der Weg zum Arzt war unumgänglich. Diagnose: Fersensporenentzündung, Fersennerv und Muskelentzündung. Drei Tage später war auch noch der Minuskelnerv „genervt“ und zeigte es in Form von sehr starken Schmerzen. Ich bekam starke Medikamente, morgens, mittags, abends, sie machten mich kraftlos und leer. Darum habe ich den Entschluss gefasst, mich mit meinen ehemaligen Hausarzt in Deutschland in Verbindung zu setzen und mich von Kopf bis zum kleinen Zeh durchchecken zu lassen.
Bin gerade dabei, alles Notwendige zu erledigen und dann geht’s ab in die Gewissheit. Dies ist unbedingt notwendig, denn ich habe an mir eine Veränderung festgestellt. Ich nehme die Schönheit der Natur nicht so wahr wie bisher und dies gibt mir zu denken. Außerdem lasse ich wichtige Dinge liegen und gehe Diskussionen aus dem Weg, bin Gesprächen über belanglose Dinge müde, habe keine Lust auf Kaffeklatsch und Probleme anderer, ich habe selbst genug und mit mir zu tun.
Ich will wieder die Astrid sein, die sich über die Schnecke auf dem Gartenboden, die Raupe, die einmal ein wunderschöner Schmetterling sein wird, und den Wandel der Natur zu jeder Jahreszeit erfreut.
27.8.2015
Flüchtlinge - egal ob man den Fernseher anschaltet oder eine Zeitung aufschlägt - wen dieses Thema kalt lässt, hat selbst noch keine Not, Armut oder Gewalt erfahren. Ich saß oft an der Seite meines Vaters und er erzählte mir von der Kriegszeit. Schon als Kind berührte es mich, von all dem Leid zu hören, das Menschen anderen Menschen zugfügten. Wenn ich heute die flüchtenden Menschen sehe, denke ich an die Worte meines Vaters, an die traurigen Augen, in die ich sah, wenn er vom Krieg erzählte.
Welch schwere Zeit haben diese Menschen die letzten Monate auf der Flucht durchlebt und welche blutigen Jahre im Krieg haben Kinder bereits in ihrem kleinen Leben ertragen müssen! Ich finde es traurig, dass man da über Hilfe nachdenken und diskutieren muss, anstelle sofort zu handeln. Noch trauriger macht mich die Tatsache, dass es Menschen gibt, die gegen Menschen demonstrieren, die zu uns kommen, weil sie unsere Hilfe brauchen, und dass ihre Unterkünfte zerstört werden und in Flammen aufgehen.
Auch hier in Schweden kommen viele Flüchtlinge an und hoffen auf ein neues Leben. Nachdem sie in den Auffanglagern waren und den ganzen Ämterwirrwarr hinter sich gebracht haben, suchen sie mit ihren Familien ein neues Zuhause. So auch Muhammed. Ich habe ihn kennengelernt, als wir in einer Autowerkstatt waren. Nach einem kurzen Gespräch und einer schnellen Besichtigung eines der Häuser, das meiner Tochter gehörte, wurde mit Handschlag und nach zwei Tagen schriftlich mit Mietvertrag die Sache besiegelt. Sofort zog er ein und brachte den Garten in Ordnung, malerte das ganze Haus. Wenn wir ihn besuchten, strahlte er, doch glücklich war er nicht. Seine Familie ist verstreut, Bruder in Deutschland, Schwester noch auf der Flucht, Mutter noch in Syrien, Vater im Krieg getötet. Nun möchte er gerne eine Familie, doch in einem kleinen Dorf in Schweden ist nicht gerade die Voraussetzung gegeben, um eine Frau kennenzulernen. Er sprach mit mir darüber und brachte einen Freund, der eine Familie mit 4 Kindern hat als Nachmieter. Sie zogen sofort ein, nachdem wir sie kennengelernt hatten. Super freundlich und dankbar auch für die kleinsten Gesten, die man ihnen zeigt. Dann kann der Schock. Die neuen Eigener, die mit ihnen als Mieter einverstanden waren, kamen nach nur drei Tagen mit dem Wunsch, ich solle der Familie sofort wieder kündigen, sie haben es sich überlegt und wollen doch keine Mieter und schon gar nicht eine solche Familie. Mir fehlten die Worte. Die neuen Eigener des Hauses waren Freunde von mir, ja richtig „waren“, nach diesem Vorfall sind sie es nicht mehr. Denn so ein Verhalten verstehe ich nicht und lehne ich ab.
Da die Familie noch nicht so viel ausgepackt hatte, war es gut. dass wir so was wie einen Plan B hatten. Das Ferienhaus. das Ilona kaufen wird und wir gerade eingerichtet haben, wurde nun permanent vermietet. Jedoch unmöbliert, das heißt ausräumen und somit viel Arbeit. Damit die Familie sofort einziehen kann, haben sie selbst das Haus soweit wie möglich beräumt und alles in zwei Zimmer zusammen gestellt, jetzt fahren wir hin und holen Möbel, Geschirr und Wäsche ab. Das bedeutet, ein paar Tage Krankheit und Schmerz hinten anstellen. Doch danach werde ich weiter an meiner Genesung arbeiten, denn es wird höchste Zeit, dass ich wieder auf die Beine komme, die mir zurzeit große Sorgen machen.
Entzündete Achillesferse, Fersensporenentzündung, Ischias-Nerv eingeklemmt, nur um ein paar Sachen aufzuzählen. Astrid ist eben vielseitig…
Siehe auch Der Heilige ohne Fuß
19.7.2015
So, der Sonntag ist so gut wie vorbei, mal nichts gemacht, außer einem Topf „Mostrichgurken“, das ist ein Rezept aus lang vergangener Zeit, der „DDR-Zeit“, da habe ich dieses Rezept von einer lieben alten Omi bekommen. Damals arbeitete ich im Konsum und bei den Gesprächen mit den Kunden wurden immer wieder mal auch über alte Rezepte gesprochen. Da ich gerne etwas Neues ausprobiere, fragte ich natürlich nach, ob ich das Rezept bekommen könnte, und so war es eben auch mit den Gurken. Bei diesem Rezept werden die Gurken in richtigem Mostrich mit Essig, Wasser, Zucker, Salz und in Gewürzen eingelegt, nach einer Woche kann man schon probieren.
Gestern dagegen haben wir etwas Schönes gemacht, Jürgen und ich bauten am ganzen Haus die Markisen an. War gar nicht so einfach, ich mit lädierter Hand als Handlanger, doch am Abend waren alle an ihrem Platz, und nun kann die Sonne kommen.
Vor ein paar Tagen fand ich die ersten Pfifferlinge, es waren zwar nicht viele, aber in der Sauce des Geschnetzelten waren sie ausreichend. Ich denke in, den nächsten Tagen werde ich an den Stellen nachsehen, wo ich im vergangenen Jahr welche fand, ob auch in diesem Jahr wieder der Pilz-Korb gefüllt wird.
Heute war ich mit Ilona im Nachbarort zum Einkauf, ich brauchte einen Steintopf für die Gurken, auf dem Rückweg hielt ich am Waldrand. Wir pflückten uns eine große Handvoll Blaubeeren, die gibt es in diesem Jahr in Hülle und Fülle, die Wälder sind mit Teppichen von Blaubeerpflanzen bedeckt. Hätte ich nicht das Problem mit den Schlangen, wäre ich kräftig mit dem Pflücken der Beeren beschäftigt. Da ich aber nur schauen würde, ob sich so ein Reptil nähert, würde meine Schüssel nie voll werden. Damit ich wenigstens einen Kuchen backen kann, werde ich versuchen, am Wegesrand genügend zu pflücken, denn nichts geht über einen leckeren Blaubeerkuchen mit Vanillesauce oder Schlagsahne, die bei mir auch keinen Schaden mehr anrichten kann.
17.7.2015
Es sind einige Tage vergangen seit meinem letzten Eintrag, ich bin zurzeit noch nicht in der Lage, täglich über mich und mein Leben zu berichten. Immer und immer wieder passieren Dinge, die mich daran erinnern, wie viel Spaß mir mein Job gemacht hat. Des Öfteren bekomme ich Anrufe von Gästen, die eine Buchung fürs Gästehaus machen wollen. Ich muss dann mitteilen, dass ich nichtmehr dort arbeite. Dann kommen bedauernde Worte und dass man sich um eine andere Unterkunft kümmere.
Ich werde nun die Vergangenheit abhaken, wie man so schön sagt, und was Neues anfangen. Natürlich brauche ich auch da Hilfe, doch werde ich erst einmal einen vernünftigen Plan fassen und alles durchrechnen und dann legen wir los. Ich hoffe und denke, Jürgen und Joel werden mich dabei unterstützen, denn bei den baulichen Arbeiten brauche ich sie. Nach meiner Handoperation ist nix wie es war. Schon nach geringer Anstrengung habe ich Schmerzen und die Hand schwillt im Narbenbereich an.Weil die linke Hand meine Arbeitshand ist, ist es für mich schwer. Da tut es gut, mal wieder etwas Schönes zu erleben und auf andere Gedanken zu kommen.
In Blocket, das ist hier in Schweden so etwas wie ebay in Deutschland ist, habe ich Markisen fürs Haus gefunden, bereits im vergangenen Jahr wollte ich sie haben. Da den ganzen Tag die Sonne auf die Fenster steht und die Blumen auf der Fensterbank dies nicht vertragen, hatte ich den Wunsch, Markisen am Haus zu montieren. Und außerdem …weil ich das total schmückend für ein Haus finde. In Blocket kann man Schnäppchen machen, egal ob Auto, Baumaterial oder eben Markisen, alles für wenig Geld. Bei meinem geringen Krankengeld muss ich zusehen, wie ich zurechtkomme. Jürgen kann nicht alle Ausgaben abdecken, an den Winter müssen wir auch denken, denn dann sind die Einnahmen so gut wie Null und man muss im Sommer somit Sorge tragen, dass auch im Winter etwas im Kühlschrank ist und das Feuer im Kamin lodert.
Die Markisen habe ich von Ryd abholen müssen. etwa 230 Kilometer entfernt. Ich fragte Ilona, ob sie Lust auf eine Tagestour hat, sie stimmte ohne lange Überlegung zu. Wir konnten erst um 13.00 losfahren konnten, so war klar, dass wir erst am späten Abend zurück sein würden. Ich entschied mich für eine Route über Land, klar hätte ich den kürzesten Weg wählen können, aber dann hätten wir nicht das gesehen: angefangen von einer wunderschönen blühenden Sommerlandschaft, über gepflegte oder total verspielt angelegte Grundstücke, Badeseen, die zum Verweilen einladen, oder Gebäude, die aus längst vergangener Zeit berichten. Wir sahen einen breiten Fluss, der sich gabelte, und einen schnell fließenden Fluss, in dem das Wasser um Felsen brodelte.
Direkt bei der Gabelung befindet sich ein Felsen mit einem Durchmesser von etwa 7-8 Meter hat, darauf steht ein Haus. Ich traute meinen Augen nicht: ein Wohnhaus, keine Mühle oder so, nein, ein richtiges Wohnhaus, in dem einst Menschen lebten. Eine alte knochige Holzbrücke führt über den einen Arm des Flusses. Das romantisch und zugleich beängstigend aussehende Häuschen ist aus dicken Holzbalken gebaut und hat in seinem ganzen Leben keine Farbe gesehen. Grau und verwittert ist es Zeuge der damaligen Zeit. Leider konnte ich keine Fotos machen, ein Anhalten auf der Straße war an diesem Ort nicht möglich, da nur eine schmale Brücke über den Fluss führte und uns dieser Anblick gegönnt wurde. Ich versuche es mal mit Papier und Bleistift festzuhalten und dann zeige ich es hier.
Weiter ging es über die Landstraße, die zu beiden Seiten mit Sommerblumen in Hülle und Fülle übersät war. Ein See der am Ufer voller Schilf und Rohrkolben war, und die Wasseroberfläche wie mit Perlen besetzt. Soweit das Auge reicht Seerosen. Ein wunderschöner Anblick.
Na und dann sahen wir im Vorbeifahren ein Haus….. Mein Gedanke war, hier lebt eine Familie im „Pippi Langstrumpf-Loock“. Ich beschloss, auf dem Rückweg zu stoppen und Fotos zu machen. Was wir auch taten, nachdem wir den Eigentümer, entgegen meiner Erwartung ein ganz normaler Pensionär, um Erlaubnis gefragt hatten. In jeder Ecke entdeckten wir etwas Lustiges aus einfachen Mitteln gebastelt. Blumentöpfe, Wasserschläuche und Co. finden hier Verwendung. Wir sollten zur Weihnachtszeit zu diesem Haus zurückkehren, sicher wird in jedem Zweig der Bäume, in jeder Blumenschale, auf jeder Säule ein Licht leuchten und eine weihnachtliche Stimmung verbreiten.
Und was wäre eine solche Fahrt ohne unsere geliebten Trödelmärkte, in jedem Ort gibt es da einen, einer größer als der andere. So konnten wir ein wenig rumschnökern und wurden bald fündig. Einalter Gutshof groß und gut erhalten ist komplett zu einem Loppis ausgebaut, mit einem gemütlichen Cafe. Natürlich war ein Besuch ein Muss und der leckere hausgebackene Kuchen schmeckte mit einer Tasse Kaffee hervorragend. Dieser Hof gab mir Anregung für mein kleines „Neues Vorhaben“ …
11.7.2015
Nun habe ich nur einiges davon geschrieben, was mein komplettes Leben verändert hat. Es reicht jedoch, um mein Denken und Handeln zu verändern. Über viele Sachen denke ich intensiver nach, schätze Gesten und Worte von Menschen ab, überlege, wie sie gemeint sind. Ich war zu leichtgläubig und bei allem habe ich „Ja und Amen“ gesagt. Das Wort „Nein“ gab es für mich nicht, das hat sich jetzt geändert.
Nach diesem Zwischenfall, ich nenne es einfach mal so, ist „Nein“ ein Wort geworden, das ich laut und mit großer Betonung ausspreche. Und das tut mir gut. Ich habe mehr Zeit für mich und meine Lieben. Egal ob Jürgen oder Joel, beide merken, dass ich wieder ruhiger und entspannter werde. Im Moment weiß ich zwar noch nicht, wie es weiter geht, jedoch eins weiß ich: Ich lasse mich nicht klein kriegen, ,,von nichts und niemand“.
Ach, so mal am Rande, der Arztbesuch erbrachte die Diagnose. Ich bin völlig gesund, was meine Psyche angeht. Zwar sind die anderen gesundheitlichen Probleme groß, aber für mein weiteres Vorhaben nicht beeinträchtigend.
Wie schon geplant, werde ich mich intensiv auf die Verwaltung und Betreuung von Ferienhäusern konzentrieren, ich im Haus und Jürgen beim Außenbereich. Ich glaube, das funktioniert.
Jürgen hat mich auch gebeten, hier etwas klar zu stellen. Nicht er war derjenige, der ausziehen wollte, sondern ich habe ihm die Sachen gepackt und ihn aufgefordert zu gehen, was er dann auch tun wollte.
So, nun habe ich auch das geklärt, ich will ja nichts Falsches schreiben, es hat sich soweit wieder alles eingespielt, und er liest mein Tagebuch ebenfalls, bzw. ich lese es ihm vor, bevor ich es ins Netz stelle. Gestern war es jedoch umgekehrt, und so entstand dieses Missverständnis. Ist aber auch egal, wer wem die Koffer packt, solange man sie dann wieder auspackt und einen Neustart versucht.
Es gab auch einige positive Ereignisse. Ich hatte von meinem Klassentreffen berichtet und dass mich einige ehemalige Schulkameraden besuchen wollten. Annerose, meine Schulfreundin der gesamten 10 Schuljahre, war mit ihrem Mann hier, wir erlebten eine tolle Woche. Jeden Tag unternahmen wir etwas, das Wetter war super und so machte es Spaß, ihnen die Gegend zu zeigen. Wir besuchten auch Stockholm einen Tag vor der Hochzeit des Sohnes aus dem Königshaus. Morgens um 6.00 Uhr ging es los. Nach viereinhalb Stunden waren wir in Stockholm, die Sonne knallte vom Himmel, na Prost Mahlzeit, wo ich doch Temperaturen bis 18 Grad als angenehm empfinde, aber Augen zu und durch. Mit dem Bus „hopp on, hopp off“ ging es 2 Stunden durch die Stadt, eine Fahrt, die unbedingt empfehlenswert ist. Wer nach Stockholm will, sollte diese Möglichkeit nutzen, denn mit dem Auto ist es unmöglich, an viele Stellen käme man gar nicht ran, abgesehen davon, dass man ja nichts von all diesen schönen Gebäuden und Häfen weiß.
Aber nach dieser Fahrt war ich fertig, denn die Sonne brannte unermüdlich. Annerose wollte aber gerne noch ins ABBA-Museum, ich brachte sie hin, holte aus Verständigungsgründen die Eintrittskarten für die beiden und schickte sie hinein ins Vergnügen. Ich setzte mich in ein kleines gemütliches Gartencafé vor dem Museum, hörte die uns so bekannte Musik der Gruppe und trank einen Milchkaffee. Etwas erholt fanden sie mich dann dort gemütlich auf einem Sofa aus der Zeit von ABBA sitzen und wir machten uns auf den Heimweg. 500 Meter bis zum Auto und ab nach Hause. Jetzt dauerte die Fahrt 5 Stunden, denn es war Feierabendverkehr.
Ein Höhepunkt an diesem Tag war, dass wir den Sieger des Eurovisions-Contest gesehen haben, der lief einfach so durch die Straßen und der Bus musste stoppen, weil sich eine Traube jauchzender Mädchen um ihn herum versammelte. Aber wie es in Schweden eben so ist, der Bus bleibt stehen und wartet ab… Nach 10 Minuten ging die Fahrt weiter und wir konnten den Fahrtwind zur Kühlung genießen.
Nachdem die beiden wieder nach Deutschland gefahren waren, kam eine Woche später ein neuer Besuch, auf den ich 4 Jahre gehofft habe, jedoch nie geglaubt habe, dass es jemals geschehen wird. Wollis kamen mit dem Flieger von Berlin nach Stockholm. So fuhr ich nach nur einer Woche wieder diese Strecke, diesmal mit Jürgen. Zwar hatte ich vorgehabt, mit Ilona diese Tour zu machen, doch fühlte ich mich im Moment nicht in der Lage dazu. So planten wir um und Jürgen holte mit mir meine Ersatzeltern und ganz, ganz lieben Freunde ab. Für die Heimreise hatten wir ein Picknick vorbereitet, einen Korb mit Leckereien und Kaffee, Saft und Mineralwasser. Wir verwandelten die Kofferraumklappe, nachdem ich eine Decke darüber ausgebreitet hatte, zu einem gemütlichen Tisch. Die Insassen der vorbei fahrenden Autos lächelten uns zu und hätten wohl gerne mit uns dort gestanden.
Am Abend waren wir zu Hause, ein paar Stunden saßen wir noch zusammen und redeten. Müde ging’s ins Bett und Marlis konnte seit Jahren mal „Durchschlafen“, total glücklich stand sie morgens vor mir in der Küche und war happy. Ein Frühstück unter der großen Eiche ließ den Tag gut beginnen, und so waren auch all die anderen Tage. Für die Woche hatte ich keinen Plan gemacht, sondern wir beschlossen am Morgen jeden Tages gemeinsam, was wir unternehmen wollten. Leider verging die Woche viel zu schnell und wieder ging es nach Stockholm zum Flieger zur Heimreise. Nachdem sie eingecheckt hatten und durch die Kontrolle waren, fuhren Jürgen und ich wieder Richtung Bråbo, wir hatten ja wieder die viereinhalb Stunden vor uns und Marlis drängelte, wir sollen doch fahren, denn sie sind eher wieder zu Hause als wir.
So war es auch, denn wir machten zwei Mal Rast, das erste Mal, um etwas zu essen, und der zweite Stopp war an einer Eisdiele direkt an der Schnellstraße mit einem Blick über einen wunderschönen See. Der Stopp tat uns beiden gut. Auch an diesem Abend fielen wir hundemüde ins Bett und dachten an ein schnelles Einschlafen. Aber die stehende Hitze von 28 Grad und die Mücken, die das vergessene offene Fenster ausgenutzt hatten, sorgten dafür, dass die Nacht sehr kurz war.
Aber egal, auch das ging vorbei. Die vergangene Woche gab mir wieder neue Kraft und neuen Mut.
“Danke für euren Besuch, Wollis, ich habe euch ganz doll lieb.“
10.7.2015
Was wäre jetzt das Einfachste….einfach schreiben, was ich heute oder gestern erlebt habe… Nein das ist unmöglich, ich bin es mir und meinen Lesern schuldig, das Erlebte der letzten Monate nieder zu schreiben. Ich habe eine Zeit durchlebt, die ich nie wieder erleben möchte, sie war geprägt, von Angst, Enttäuschung, Wut und Ratlosigkeit, um nur einige Gemütszustände zu nennen. Ich weiß auch nicht, wo ich so richtig anfangen soll, ich denke jedoch, wenn ich den Anfang habe, werde ich wohl lange sitzen und schreiben. Ich werde auch Fotos zu all dem was passiert ist beifügen. Bei den Dingen, die mich so aus der Bahn geworfen haben, gibt es keine Fotos, nur Bilder, die in meinem Kopf kreisen, und Worte, die immer noch in meinen Ohren klingen, sie sind es, die mir Mut und Freude am Leben nahmen.
Ich stand nicht nur vor dem Zusammenbruch, nein, ich habe ihn erlebt und denke, ich werde noch lange brauchen, um wieder die zu werden, die man meinem bisherigen Geschriebenen kennt.
Ich hatte ja mal geschrieben, dass T… meinen Exmann ins Gästehaus holte, damit sich der arme Mann erholen kann, nachdem er einige Monate im Ferienhaus meiner Tochter ohne Wasser und Strom lebte, aus dem einfachen Grund, weil er nichts bezahlte und die Unternehmen dies nicht billigten. Er gab mir die Schuld daran, machte mir das Leben zur Hölle und schmiedete mit einem Mitarbeiter im BEF einen Racheplan, welche zu 100% aufging.
Aus einer Woche Erholung wurden nun bereits 7 Monate, er lebt dort und genießt das Leben, er erhält Unterstützung von einem Menschen, dem ich zu 1000% vertraut hatte
Ich glaubte, in T… einen guten Freund zu haben, er half mir bei all den Dingen, die notwendig waren, um hier leben zu können, dafür bin ich ihm auch sehr dankbar und ich habe es ihm auch noch einmal gesagt, dass ich ohne ihn nicht gewusst hätte, wie alles hier funktioniert, doch ist dies kein Grund, sich alles gefallen zu lassen und einfach „wegrationalisiert“ zu werden. Durch den Einzug von meinem Ex war für mich ein Arbeiten im BEF und somit auch im Gästehaus eine tägliche Herausforderung und bereitete mir Magen- und Kopfschmerzen. Es war nur eine Frage der Zeit, wann ich gesundheitlich zusammenbreche, es ließ nicht auf sich warten. Ein Arztbesuch nach dem anderen, Medikamente in Hülle und Fülle, schlechte Laune, Stimmungsschwankungen und Traurigkeit füllten meinen Körper komplett aus. Für keinerlei Freude oder gar Spaß war noch Platz. Zuhause gab es nur noch Diskussionen über das am Tage Vorgefallene, ich wollte meine Enttäuschung und Trauer durch Reden verringern, es belastete Jürgen, es war einfach zu viel, was da ständig Neues dazu kam, und immer wieder kam es zu Streitereien. Zu Anfang waren sie nach einem Tag aus der Welt geschafft, doch mit der Zeit ging es nicht mehr. Das Resultat war ….die Trennung!
Er wollte sofort ausziehen und ich wollte einfach nur noch meine Ruhe und meinen inneren Frieden wieder haben. Hals über Kopf, nach einem kräftigen Streit setzte ich mich ins Auto und fuhr zu Anfang ziellos einfach weg, weit weg. In meinem Kopf kreisten die Worte von T…, denn er sagte: „Astrid, du gehörst für eine Weile in die Psychiatrie.“ Völlig aus heiterem Himmel warf er mir diesen Satz an den Kopf. Nun weiß ich zwar, warum er es damals sagte, denn ich bin sehr direkt und verpacke die Meinung nicht in rosarotes Seidenpapier, ich spreche aus, wie und was ich denke. Und gerade darum ist es mir unerklärlich, wieso er mir dies nun zum Vorwurf macht, denn nur eine paar Wochen zuvor sagte er: „ Astrid, ich mag dich für deine Ehrlichkeit und Offenheit, du bist gerade heraus und redest nicht schön, wo nichts schön ist“.
So, nun mach mal was aus diesen Sätzen, die ein- und dieselbe Person innerhalb kurzer Zeit von sich gibt. Ich entschloss mich, nach Västervik in die Klinik zu fahren, um mir von einem Facharzt bestätigen zu lassen, dass ich nicht normal bin, es war bereits 21,30 Uhr, ich überlegte nicht lange und fuhr in die Richtung, auf einem Rastplatz stoppte ich, denn mir war klar, dass ich zur Gefahr für die Umwelt wurde, ich konnte mich weder auf das Autofahren, noch auf den Weg konzentrieren. Total aufgelöst und verheult machte ich Halt, ich dachte, dann schlafe ich eben eine Weile im Auto und wenn ich mich beruhigt habe, fahre ich in die Klinik. Neben mir hielt ein Auto an, nach einer Weile klopfte es an meiner Autoscheibe, der junge Mann fragte, ob er mir helfen könne, ich fing richtig an zu heulen und als ob ich ihn superlange kenne, erzählte ich, was mit mir los war. Er nahm sein Handy und rief jemand an, ich erfuhr kurz darauf, dass es seine Frau war. Er gab mir das Handy und sie sagte, ich solle mit ihrem Mann zu ihr nach Hause kommen, denn eine Nacht im Auto wäre wohl nicht das Richtige für mich. Ich fuhr ihm nach und 10 Minuten später saß ich in einer kleinen gemütlichen Stube.
Im Normalfall hätte ich umher geschaut und sicher auch vieles aus vergangener Zeit entdeckt und Fragen gestellt. In diesem Moment jedoch wollte ich einfach nur noch schlafen. Wir sprachen über den nächsten Tag und darüber, dass sie mir helfen wollen und ich so lange, wie ich will, ihre Gastfreundschaft in Anspruch nehmen könne. Ich bekam ein riesiges T-Shirt als Nachtwäsche und die Frau brachte mich in ein kleines Häuschen, das sie als Ferienhaus in der Saison vermieten. Liebevoll machte sie mir ein Bett zurecht und ich lag kaum im Bett, schon schlief ich tief und fest. Wie ich diese Tage dort erlebte, habe ich ja schon im Tagebuch geschrieben. Diese Zeit half mir, über mich und die Menschen um mich herum nachzudenken, ich kam zu dem Entschluss, dass ich mich wieder von einigen lösen muss, wenn sie mir auch viel bedeuten und ich sie wirklich mag. Nach einer Woche fuhr ich wieder nach Hause, denn Bråbo und das gemütliche Häuschen sind mein Zuhause und für nichts auf der Welt gebe ich dies wieder her. All mein Herzblut steckt darin, abgesehen von der ganzen Liebe und Kraft, die ich ins Café und Restaurant investiert habe. Mit Jürgen gab es Gespräche und wir versuchen einen Neustart, die Probleme um uns herum lassen wir, soweit es möglich ist, nicht zwischen uns kommen, was aber nicht gerade leicht ist, denn Jürgen muss täglich ins BEF und wird immer wieder mit allem konfrontiert.
Ich hatte ja eine 100%-Krankschreibung und T.. drängte mich, ich solle mich doch prozentual gesundschreiben lassen, denn er würde mich dringend wieder im Gästehaus brauchen, es sei doch zu merken, dass ich nicht da bin und die Dinge laufen nicht so, wie sie laufen müssten. Also überzeugte ich bei meinem nächsten Arztbesuch den Doktor, dass ich wieder etwas Arbeiten gehen kann, obwohl er anderer Meinung war. Wir einigten uns auf den Kompromiss, dass ich sofort wieder komme, wenn ich Probleme hätte, so schrieb er mich auf 25% gesund.
Freudestrahlend ging ich nach meiner Rückkehr vom Arzt sofort zu T… ins BEF, um ihm mitzuteilen, dass ich ab Mittwoch, also in 2 Tagen, wieder arbeiten könne. Arbeit war in der Zwischenzeit genug da, sie hatte sich zu einem großen Berg angehäuft, denn Umbaumaßnahmen hinterließen im Gästehaus ihre Spuren, die auf ihre Beseitigung warteten. Zwei neu entstandene Zimmer mussten eingerichtet und dekoriert werden, ebenso lag ein großer Berg Wäsche da und wollte gewaschen werden. Ich fragte T…, ob ich mich gleich an die Zimmer machen solle, da kam die Ohrfeige, die richtig saß und mich aufweckte….
„Du bist nicht mehr für diese Aufgabe zuständig, das mache ich nun selbst mit meiner Frau.“ (Diese hatte mir kurz zuvor gesagt, dass sie mich bewundere, wie ich alles so schaffe und manage.) Und außerdem habe er ja die zwei Männer im Haus, die alle anderen Arbeiten übernehmen. „Astrid, du bist nur noch für das Frühstück der Gäste und für die Schmutzwäsche zuständig.“
Ich glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Alles, was ich dort aufgebaut hatte, wurde nun von einem Menschen übernommen, der vor mir im BEF arbeitete und dunkelrote Zahlen geschrieben hatte. Ich musste das erst einmal verdauen, ich drehte mich um, verabschiedete mich innerlich vom BEF, dem Gästehaus und von „meinem Traum“.
Ab sofort stand ich ohne Krankengeld und ohne Job da, keine guten Voraussetzungen für ein glückliches Leben. Der letzte Funke Lebensmut erlosch, mut- und kraftlos ging ich nach Hause. Bis heute tut es weh und ich kann mir nicht erklären, warum das mit mir geschah. Mein Glaube an das Gute im Menschen ist zerstört.
16.5.2015
Samstagabend, kurz vor 20.00 Uhr, es wird Zeit, dass ich mal wieder berichte, was hier so los ist.
Mein Schonverband ist ab, ich habe Tabs drauf und ein tolles Flexpflaster, so dass ich jedem meine große Wunde zeigen kann. Gestern bekam ich meinen ersten Unterricht in der Motorik, das tat noch mal weh. Zu Hause nehme ich zwar Hammer, Stichsäge und Akku-Schrauber wieder in die Hand, aber das, was man da mit mir geübt hat, war doch schon was anderes. Ich muss jetzt jeden Tag 3x die Übungen machen, damit die Finger wieder voll funktionsfähig werden, denn wenn man diesen Anweisungen nicht folgt oder nur so lala macht, können die Finger etwas versteifen und denn habe ich ein großes Problem. Also jeden Tag fleißig üben, auch wenn es schwer fällt.
Heute Mittag habe ich mich kurz entschlossen, Ilona einzuladen und mit ihr durch die Gegend zu fahren, ich musste raus und auf andere Gedanken kommen, denn nachdem man mich so „liebevoll“ abserviert hat im Café und Restaurant, stellt man nun fest, dass ich doch gebraucht werde. Es stehen Veranstaltungen an, Gäste haben sich eingebucht, die Kommune möchte Meetings abhalten, doch keiner ist da, der das alles organisiert. Da ich aber krank- geschrieben bin, ist dies für mich keine Option, ich bin raus. Wenn ich das Ganze mit der Hand hinter mir habe und ich vielleicht auf 50 % gesundgeschrieben bin, sieht die Sache anders aus, doch werde ich auch dann nicht wieder meine ganze Kraft investieren. Ich habe etwas gelernt und das in einem schmerzhaften Crash-Kurs..
So machten wir uns auf den Weg, um mal zu sehen, was die Löppis-Märkte so bieten. Einige haben schon geöffnet, denn die Saison geht los, somit fanden wir mit Glück ein wenig Schnick-Schnack für die Ferienhäuser Auch sie sollen gemütlich und einladend für die Gäste sein. Hier und da auf den Fensterbrettern, Regalen und Tischen mal ein Hingucker, das macht die Sache schon interessanter. Die Urlauber sollen sehen, dass sie herzlich willkommen sind und außerdem bringen wir ihnen so auch gleich die schwedische Lebensatmosphäre näher. Denn wir Schweden - ich zähle mich jetzt mit Absicht dazu, ich denke, im Inneren bin ich schon lange einer - lieben diese Kleinigkeiten, die das Auge auf der Suche nach Neuem durch den Raum lenken. Sind die Dinge dann noch mit viel Liebe dekoriert, lassen sie erkennen, wie lebendig ein Raum sein kann, ganz anders als diese sterile Atmosphäre wie aus den Bauhaushäusern. Ein Haus oder eine Wohnung muss die darin lebenden Menschen widerspiegeln. Wenn ich in einen Raum komme. möchte ich mich sofort wohl fühlen und nicht Angst haben, etwas zu berühren und vielleicht kaputt zu machen.
Vor einiger Zeit besuchten mich Freunde aus Deutschland. Bevor sie in Deutschland los fuhren, fragten sie bei Bekannten nach dem Weg zu mir und nach der Adresse. Vor allem wollten sie eine Lagebeschreibung unseres Hauses haben. Unsere gemeinsamen Bekannten erklärten ihnen den Weg von der Fähre bis nach Bråbo und sagten, sie sollten einfach nur Ausschau nach Astrid halten. So taten sie es auch, und ohne einmal falsch anzuhalten standen sie sofort vor dem richtigen Haus, denn jeder, der mich kennt, erkennt auch das Haus, in dem ich wohne und vor allem lebe.
9.5.2015
Der Wecker der Natur sang, schrie, trällerte mit Sonnenaufgang. Ich hätte noch 2 Stunden schlafen können, denn eigentlich sollte mein Wecker erst um 7.00 Uhr klingeln, aber egal. Es hörte sich so fröhlich an, dass es einen schönen Tag zur Folge haben musste. Also Wasserkocher an und einen „Snabbkaffe“, auf Deutsch „Instantkaffee“, gekocht und los zum Fensterplatz, der wie an jedem Tag einen herrlichen Ausblick bot. Spiegelglatt liegt der See, nur an einer Stelle schlägt das Wasser Ringe, im Inneren schwimmt ein Schwan. Ein anderes Schwanenpaar ist schon von weitem zu hören, bald auch zu sehen im Direktanflug auf den Einzelschwan. Dieser macht sich groß, schlägt mit den Flügeln auf die Wasseroberfläche, dass es in allen Richtungen mächtig spitzt und schreit. Es sieht aus, als würde er die zwei zur Landung einwinken, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Als einer der beiden auf dem Wasser aufkommt, wird er sofort über den See gejagt. Der Einzelschwan ist kein Einzelgänger, sondern verteidigt seine künftige Familie. Nach einigen Starts und Landungen der beiden lassen sie sich in einiger Entfernung nieder, der siegreiche Schwan schwimmt in den Schilfgürtel auf der gegenüberliegenden Seeseite. Nach genauerem Hinschauen erkenne ich einen zweiten Schwanenhals. Es ist seine Frau, die sich um den Nachwuchs kümmert. Das andere Paar ist schimpfend in der Ferne zu hören.
Rotkehlchen, Meise und Bachstelze sitzen vor dem Fenster auf mit Moos bewachsenen Felsen und halten Ausschau nach ihrem Frühstück. Wie gerne würde ich all die Stimmen am See und im Wald festhalten, um sie im Tagebuch noch einmal erklingen zu lassen .. Stundenlang könnte ich so sitzen, doch ich habe die Arzttermine
Bin zurück…. Ich machte mir einen Tee und nahm wieder meinen Logenplatz ein. Ein leichter Wind zieht durch die Baumkronen, löst einzelne Kirschblüten und lässt sie am Fenster vorbei tanzen. Ganz langsam fallen sie zu Boden und bleiben am feuchten Gras hängen. Die Wiese ist übersät von Tausendschönchen, Traubenhyazinthen, Löwenzahn und Schlüsselblumen, man möchte gar nicht darüber laufen aus Angst, dieses Bild zu zerstören. Am Wegrand stehen Maiglöckchen, die ersten Blütenrispen schieben sich durch das dicke Blattwerk. Die Walderdbeeren und Blaubeeren versprechen mit ihren vollen Knospendollen, dass sie viele Früchte tragen werden. Ich werde wohl fleißig in den Wald gehen und ernten und das tun, was ich Jahrelang aus Zeitmangel nicht konnte:- Marmelade kochen. Wenn die Blüte der Schlehe das hält, was sie verspricht, so bin ich auch dann mit Flaschen und Gläsern zur Stelle.
Ich hoffe nur, dass die Zecken und Schlangen die Ernte nicht zu schwer machen, denn vor beiden habe ich höllischen Respekt. Gute Vorsorge und tägliche Kontrolle nach einem Waldspaziergang sind ein Muss. Über die Schlangen in Schweden werde ich ein anderes Mal schreiben, bei mir fängt eine Schlange schon bei einer Blindschleiche an, obwohl sie gar keine Schlange ist.
Jetzt kommt noch eine Nacht, morgen früh zu einem weiteren Arzttermin und dann wieder nach Hause. Ich starte neu durch!
6. 5.2015
Ich sitze allein. Wenn ich aus dem Fenster schaue, blicke ich über einen See, er ist spiegelglatt, zeigt nicht die geringste Bewegung auf der Oberfläche. Ich habe den ganzen Tag genutzt, um über mich, mein Leben und alles nachzudenken, was mich umgibt. Gerade scheint es so, als sei mein Leben etwas aus den Fugen geraten, es wird Zeit, dass es wieder dorthin kommt, wo es hingehört. Für einige Tage bin ich von zu Hause weg, ich brauche den Abstand zu alldem, was mich in die momentane Situation brachte. Ich muss ungestört nachdenken können, was will ich, wie soll es weiter gehen und vor allem mit wem und was. Manchmal kommt es mir vor, als schreibe ich kein Tagebuch, sondern ein Skript für einen Roman, mit Herzschmerz und so. Ich schreibe von Romantik in der Natur, von Rückblicken auf mein vergangenes Leben, von Träumen und Wünschen, von selbst Erlebtem aber auch vom Leben anderer, es ist wie in einen Herzkinofilm. Nur dass alles auf wahre Begebenheiten beruht, so eine Handlung fällt, glaube ich, keinem Schreiber ein. Feundschaften, die innig und unzerbrechlich sind, Intrigen mit dramatischen Folgen, Geschehnisse, die einen überraschen und Zwischenfälle, die ein ganzes Leben verändern, all das kommt in meinem Tagebuch vor, und ich fürchte, dass es noch weitere Folgen im Herz-Kino geben wird.
Mein ganzes Leben war ich die Starke, jeder konnte seine Last bei mir ablegen, sich seinen Kummer sich von der Seele reden und Sorgen und Trauern mit mir teilen.
Als mein Papa vor fast 25 Jahren starb, war ich so in meinen eigenen Gefühlen gefangen, dass ich nicht weinen konnte, weder am Tag als ich im Krankenhaus vor seinem Bett stand, als er bereits auf der anderen Seite der Tür schlief, denn es ist eine Tür, durch die man geht wenn man die Welt verlässt, es ist eine Tür in eine andere Welt, denke ich, noch am Tage seines Begräbnisses. Dafür habe ich eine Erklärung, ich habe meinen Vater von ganzem Herzen geliebt, er musste jahrelang gelähmt im Bett liegen und wollte jeden Tag einfach nur diese Welt verlassen, aber 4 Jahre musste er sein Leid ertragen und ich mit ihm. So war dann der eine Tag, der 16. Januar, der Tag, der uns beiden diese Last nahm. Niemand verstand, dass ich tränenlos am Grab stand. Unter der Last der vergangenen Jahre zerbrach meine Ehe, auch da weinte ich nicht. Wut und Enttäuschung waren größer als der Herzschmerz. Mit diesen Ereignissen wurde ich stärker und fast unverletzbar. Eine neue Ehe, eine neue Enttäuschung, wieder war ich allein und wieder ohne Tränen, denn diesmal hatte ich einen Neuanfang: „Mein schönes Schweden“. Ich war glücklich und zuversichtlich, ich hatte Pläne und einen Traum, ein kleines Café, und dieser Traum wurde wahr. Fast 4 Jahre lebte ich mit meinem Traum, bis ich eines Tages aufgeweckt wurde. Andere Menschen beschlossen, dass sich das Café nicht rechnet und nicht „passend“ ist. Kurzerhand wurde ich „weggeplant“ und seit vielen Jahren flossen meine ersten Tränen. Ich glaubte aber, stark genug zu sein, es zu verkraften, aber da irrte ich mich. Der viele Ärger mit meinem Exmann, der mir nach Schweden hinterher kam, der Anfangsstress mit meinem Sohn, der zwar erwachsen sein will, aber auch noch das Kind in sich trägt, stellten mein Nervenkostüm erheblich infrage. Die Angelegenheiten mit meinem Exmann regeln sich gerade selbst und mein Sohn stellte fest, dass Mama es doch gut mit ihm meint. Nun glaubte ich, auf einem guten Weg zu sein, doch mein Glaube sollte eine Niederlage erleben.
All diese Ereignisse der letzten zwei Jahre haben ihr Spuren hinterlassen, nicht nur bei mir, die leicht reizbar und stressempfindlich wurde, nein, vor allem bei Jürgen. Wenn er mir auch immer zur Seite stand, bei vielen Dingen half, so hat er sich doch dabei verändert und sichzurückgezogen, in jeglicher Form. Kein entspanntes Plaudern oder Lachen mehr, Gespräche oder Diskussionen werden nicht mehr zu Ende geführt, über Gefühle wird nicht mehr gesprochen. Er sagt, diese seien bei all den Problemen der letzten zwei Jahre, die automatisch auch zu seinen wurden, auf der Strecke geblieben.
Nun weiß ich, dass ich nicht stark bin, sondern nur eine dicke Mauer um mich gezogen habe, sie ist nun zerbrochen und seit Tagen kommen die Tränen.
Ich sitze mit meinem Pott Kaffee, den ich mir gerade gekocht habe, wieder an meinem Fensterplatz. Vor mir ein wunderschönes Bild. Es lädt zum Träumen ein, doch dazu habe ich nicht die richtige Stimmung, trotzdem ergreift mich dieser Ausblick. Ich denke darüber nach, wie lange noch es auf dieser Welt noch solche Plätze gibt. Hier schöpfen wir Kraft nach Stress und harter Arbeit. Ich kann nicht lange auf die glänzende Oberfläche des Wassers schauen, sie funkelt wie abertausende Kristalle. In den kleinen Buchten, wo der Wind nicht die volle Macht über das Wasser hat, zieht nur ab und zu ein glänzender Streifen über die Oberfläche, zu kurz, um es im Bild fest zuhalten. Seit zwei Tagen höre ich den Kuckuck rufen, dies erinnert mich daran, dass dies ein Signal für den Bauern war: der Schinken, der solange in der Räucherkammer hing, war nun durchgezogen und konnte angeschnitten werden. Keinen einzigen Tag früher durfte der Schinken aus der Kammer geholt werden. Ich fragte eines Tages meinen Papa: „Was ist, wenn es bei uns in der Nähe keinen Kuckuck mehr gibt und sein Ruf nicht zu hören ist“, er antwortete : „Es gibt immer einen dummen Vogel, der sein eigenes Kind aus dem Nest wirft und ein anderes, in diesem Falle den Kuckuck groß zieht, auch wenn er bis zur Erschöpfung dafür Futter heran schaffen muss“. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass es ein Jahr gab, in dem der Schinken in der Kammer hängen blieb.
Hier auf dem See zieht am Abend ein einsamer Singschwan seine Bahn. Gestern Abend habe ich ihm eine Weile zugesehen und ihm etwas Brot zugeworfen. Anfänglich ließ er die Brotstücke abtauchen, nach einer Weile merkte er wohl, dass ich es gut meine, und er verschlang die Brocken. Eigentlich hatte er es nicht nötig, Futter von einem Menschen anzunehmen, hier gibt es natürliches Futter in Hülle und Fülle, also rede ich mir ein, er wollte meine Gastfreundschaft nicht abschlagen. Direkt am Steg im dicken Schilf hat eine etwas andere Wildente, als wir sie kennen, ihr Gelege. Man kann sie aber nur bei genauem Hinschauen erkennen, so hat sie sich und ihr Nest getarnt. Auch dies ist selten, dass ein Tier so nah an einem belebten Platz seinen Nachwuchs heran zieht.
Die Sonne meint es gut, durch die Glasscheibe komme ich hier beim Schreiben ins Schwitzen, also werde ich nun an den Kühlschrank gehen, das Päckchen mit den Schinkenscheiben aufreißen, na was man so Aufreißen nennen kann, mit nur einer Hand, und so dem Kuckuck zeigen, dass ich immer noch an diese alte Tradition glaube.
5.5.2015
Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie der Tag sich verabschiedet. Durch die Baumkronen ist die Sonne als Feuerball sichtbar. In wenigen Tagen kann ich so eine Aufnahme nicht mehr machen, denn innerhalb der letzten zwei Tage verwandelten sich die mit dicken Knospen bestückten Bäume in leuchtend-zartgrüne Frühlingsboten. Als ich über die Straße ging, die quer durch den Wald nach Kristdala führt, habe ich so viel Farbvarianten in Grün gesehen, das mich immer wieder staunen musste. Der größte Künstler ist eben doch die Natur. Die Buschwindröschen im Wald und das frische Grün der Birken ergeben eine perfekte Kulisse für einen Schwedenfilm, und noch ein Häuschen dazu (es muss nicht von neuer Bauart sein, es kann ruhig schon Altersspuren haben), davor eine Sitzgruppe aus weiß gestrichenem Holz, schon ist das Bild rund.
Nur wenige Minuten später, als ich aus dem Fenster zur Straße schaue, zeigt sich der Mond, er ist fast rund. Wieder werden schlaflose Nächte kommen, denn ich habe damit so meine Probleme. Meine OP ist nun bereits einige Tage her, die Wunde will wohl heilen, sie brennt und juckt, man sagt, das ist ein gutes Zeichen. In etwa einer Woche sollen die Fäden gezogen und der dicke Verband durch einen dünneren ersetzt werden. Ich hoffe, dass es auch so kommt und ich wieder etwas besser mit der Hand hantieren kann, denn egal ob im Haus oder bei anderen Arbeiten, es gibt Schwierigkeiten. Joels unterstützt mich zwar in vielen Dingen, doch stehe ich hier und da unbeholfen da. Ich bin natürlich ungeduldig, werden viele sagen, ja sicher, aber ich brauche Ablenkung, denn das Wetter macht es nicht möglich, auf der Sonnenliege zu liegen und einfach mal nichts zu tun. Ich bin ständig im Haus und da fällt mir die Decke auf den Kopf. Ich vertraue jetzt mal auf den Wetterbericht, denn er verspricht ab Donnerstag Sonne und vielleicht versuche ich es dann mal mit Entspannung.
30.4.2015
Ich erlebe hier gerade den zweiten Frühling. Als ich mich in Deutschland aufhielt, waren gerade die Forsythien erblüht, die Schlehen und Mirabellenbäume mit ihren weißen Blüten erschienen in der Natur wie riesige Schneebälle und die ersten Mandelbäumchen zeigten rosa Knospen. Die Wiesen und Kuhweiden waren im satten Grün getränkt und an den Wegrändern blühte der Löwenzahn. Früher war das die Zeit, in der ich davon hunderte von Blüten pflückte, um Löwenzahnhonig zu kochen, eine leckere und klebrige Angelegenheit.
Zwei Wochen, nachdem ich zurück bin, ist hier der Frühling im Anmarsch. Wie in Deutschland sind die Forsythien und die Mandelbäume erblüht. In zwei bis drei Tagen werden auch die prallen Knospen der Schlehen geöffnet sein. Die Böden der Wälder und Wiesen sind hier mit tausenden weißen Buschwindröschen, blauen Anemonen und Scillas bedeckt.
Auf den Wiesen ist das Gras ebenso grün, nur dass hier dicke Stauden von leuchtend gelben Sumpfdotterblumen die Blicke auf sich ziehen. Ich denke, dass etwa in einer Woche alle Wiesen mit dem Löwenzahn in Gelb getaucht sind. Sollte es meine Hand zulassen, nehme ich die Tradition des Löwenzahnhonigs wieder auf.
Meine Hand ist dick verpackt, ich soll sie hoch halten, so kann ich den Schmerz lindern, sagte der Arzt, ich weiß aber nicht wie hoch, denn die Hand ist dick geschwollen und der Schmerz sorgt dafür, dass ich den Arm schone, immer in der Hoffnung, dass eine Besserung eintritt. Nun ist es auch wieder so weit, dass ich das Tagebuch zur Seite lege, den Fernseher anschalte und mich schone. Sofa, ich komme….
29.4.2015 nachts
Um 18.00 Uhr stieg ich ins Taxi und fuhr wieder nach Hause. Noch ein bisschen bedeppert, aber ansonsten ok. Jetzt liege ich auf dem Sofa und schreibe, wie es war.
Um 11.00 Uhr fuhr ich ins Krankenhaus, ich hatte den Termin zu 12.15 Uhr, sollte jedoch ca. 30 Minuten früher dort sein. Gegen 13.00 hatte ich Beruhigungspillen und ein Blutmittel eingenommen und lag im Vorbereitungsraum. Die Tageschirurgie war bis aufs letzte Bett belegt, ich hoffte bald dran zu sein, denn für langes Warten bin ich nicht geschaffen. So gegen halb zwei wurde ich an den Tropf gelegt und ab ging‘s in den OP. Dort wurde ich gefragt, welche Art von Musik ich hören möchte. „Klassik“, so meine Antwort. Eine kurze Erklärung durch die Narkoseärztin und eh ich mich versah, befand ich mich im Traumland. Als ich meine Augen öffnete, lag ich noch auf dem OP-Tisch, und mein Blick fiel auf die Uhr genau in meiner Blickrichtung: 15.00 Uhr.
Man brachte mich zurück in den Vorbereitungsraum, nach einer viertel Stunde bekam ich ein kleines Essen serviert. Auf einem Tablett liebevoll angerichtet (mit Serviette) eine Tasse Kaffee, zwei Sandwich mit Käse, ein Glas Saft und eins mit Wasser. Aber der Knüller war eine Blume und die Worte der freundlich lächelnden Schwester: „Välkommen tillbaka!“. Lecker war das Essen, ich hatte auch riesigen Hunger. Nach etwa 20 Minuten wurde mit heiß und weg war ich. Wach wurde ich mit einer zweiten Kanüle im Arm. Kreislauf! Bald ging es mir besser, ich durfte aufstehen und mir wurde ein Taxi gerufen.
Die
Betäubung lässt nach, das heißt nun Ruhe und nix tun, also Tagebuch zu.
28.4.2015
Dienstagabend, ich habe noch mal eine Runde ums Haus gedreht, meinen Neupflanzungen Wasser gegeben, denn nach Regen sieht es nicht aus und sie benötigen eine Starthilfe, damit der Kauf nicht umsonst war. Am Nachmittag habe ich telefonisch meinen OP-Termin bekommen und die ganze bürokratische Vorbereitung erledigt, so kann es morgen um 12.15 los gehen.
Ich fahre selbst mit dem Auto nach Oskarshamn und werde es dort stehen lassen und abholen, wenn es mir am Donnerstag wieder besser geht. So bin ich flexibel und muss niemanden bitten, mich abzuholen. Man sagte mir, die OP würde ca. 3 Stunden dauern, weiß ja nicht, was die alles machen wollen, hoffe aber, dass ich danach nicht komplett eingewickelt bin, sondern nur der linke Arm/Handbereich. Man sagte mir; ich werde mit einem Taxi nach Hause gefahren, das nenne ich mal Service …
Ich werde mich sicher etwas ausruhen müssen, um wieder fest auf den Beinen stehen zu können, so ist das natürlich eine gute Lösung. Alle fragen mich, warum ich nicht nervös und aufgeregt bin. Da kann ich nur sagen: nachdem ich hier so viel Stress um die Ohren hatte, können ein paar Stunden Tiefschlaf nur gut tun, und hinterher kann ich ja immer noch jammern, wenn‘s nötig sein sollte.
Das mit dem Schreiben wird nicht gleich wieder am nächsten Tag klappen, ich werde jedoch versuchen, mit dem „Ein-Finger-System“ was zu tippen, zu mindestens ein Zeichen, wie es mir geht und wie das ganze verlaufen ist.
Ich werde mich melden, sowie der Kopf wieder klar ist….Alles wird gut!
28.4.2015
Anne Roos machte mit uns einen Kurs im Zaubau, wir sollten eine typischen Schwedenzaun aus Wacholderstämmen und Fichtenstangen bauen. Am um 8.00 Uhr ging‘s los, Anne Roos und Daniel ihr Mann kamen mit dem Material, kurz danach erschienen zwei weitere Interessenten, um die Kunst des Zaunbaus zu lernen.
In einem Steinring wurde ein Feuer entfacht zum Erwärmen der Fichtenzweige, die als Bindeseile dienen. Eine schwierige Angelegenheit, es darf nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel Hitze sein, man muss den richtigen Zeitpunkt abpassen, damit sich der Zweig verarbeiten lässt.
Nun wurde die Richtung gekennzeichnet und die Löcher in den Boden gestoßen, in denen die Wacholderstämme gesetzt wurden, jeweils 2 Stück sich gegenüber stehend. Im Abstand von 110 Zentimeter wurde das nächste Paar aufgestellt. Danach konnten wir mit den langen Fichtenstangen beginnen, sie sind ca. 4 Meter lang und haben einen unteren Durchmesser von 10-12 Zentimeter. Der Stamm muss langsam gewachsen sein, denn bei schnellem Wuchs ist die Haltbarkeit nicht gewährleistet und der Zaun würde bald wieder erneuert werden müssen. In zweifacher Lage kommen dann die Fichtenzweige zum Einsatz, noch warm, so dass der Harz im Inneren des Zweiges noch flüssig ist. Sie werden zu einem Seil gewunden, mit ihm werden in einer Achterform die zwei Wacholderstämme zusammengebunden. Liegen 8 Stangen übereinander, ist die Zaunhöhe erreicht.
Am Nachmittag um 15.00 waren wir fertig und stolz auf unser Ergebnis.
27.4.2015
Seit einer Woche bin ich wieder in Schweden, der Alltag hat mich wieder und mit ihm kamen auch meine Sorgen zurück. Hier eine ganz persönliche Mitteilung von mir. Ich habe ja bereits angekündigt, dass ich in diesem Jahr das Café und Restaurant nicht öffnen werde, immer mit dem Gedanken, wenn es mir besser geht, werde ich vielleicht einen Neustart machen mit einem Gartenlokal. Aber nein.. Ich will nicht näher auf die Gründe eingehen, sie sind menschlich enttäuschend… Denn letzten Endes haben andere über das Ende entschieden, ich hatte da nichts zu sagen. Der Traum ist ausgeträumt, ich bin wach, so weh das auch tut..
Also teile ich allen mit, die mich hier besuchten oder die es vorhaben: das Aus für „Astrids Café & Restaurang“ !
So viele liebe Menschen konnte ich kennenlernen, als sie mich in Bråbo besuchten, einen Kaffee und ein Stück Kuchen aus deutscher Küche verspeisten und dies lobten. Aber trotzdem wird behauptet, es sei nicht richtig, in einem schwedischen Ort ein Café und Restaurant mit deutscher Küche zu betreiben, es muss schwedisch sein. Dagegen zeigten mir Besuche in anderen Regionen von Schweden, dass gerade der deutsche Kuchen gern gegessen wird, aber, na ja, die Ansichten teilen sich. Ich führte in den drei Jahren ein Gästebuch, nicht eine einzige negative Eintragung, liebevolle Zeichnungen von Kindern, Fotos von Besuchern und herzliche Wünsche für mein weiteres Bestehen sind darin zu finden.
Nun muss ich zu meinen treuen Gästen sagen: „Es tut mir leid, dass ihr ab jetzt vor verschlossenen Türen steht". Vielleicht sehen wir uns ja trotzdem mal und es bleibt Zeit für ein freundliches „Hallo und wie geht‘s“, ich würde mich freuen.
Bin ich nun wieder hellwach, so arbeite ich doch daran, einen „Neuen Traum“ zu träumen, wenn auch durch Erfahrung geläutert, aber vorher muss ich noch einige Dinge erledigen.
26.4.2015
Aus Deutschland zurück…..
Ich habe vieles erlebt, mehr als erwartet, denn eigentlich sollte es ein Besuch bei den Kindern, Freunden, ein Konzertbesuch und weiter nichts werden, aber wie es so schön heißt: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Es war eine etwas stürmische Überfahrt, so manchmal musste ich mich auf meiner schmalen Bank festhalten, sonst wäre ich über den Boden der Fähre gerollt. Es ging aber, ich habe sogar eine Weile geschlafen und kam ausgeruht in Rostock an. Ich hatte mich nun auf eine Weiterfahrt eingestellt mit Hupen, Drängeln, Stau und gestressten Autofahrern. Aber anscheinend hatten die meisten genau wie ich gut geschlafen und waren guter Laune.
Schon nach einer halben Stunde Fahrt auf der Autobahn sah ich am Waldrand drei Stück Muffelwild - ein „Herr“ mit seinen zwei „Damen“. Sofort dachte ich an die vergangene Zeit, als ich noch zur Jagd ging und dabei war, als wir das Muffelwild in Deutschland wieder ansiedelten, leider ohne den gewünschten Erfolg, denn nicht überall ist es zu finden. Desto größer war die Freude darüber, diese schönen Tiere zu sehen.
Nach einer weiteren halben Stunde sah ich eine Herde Alpakas, braune, weiße und gefleckte. Gleich nebenan auf der bereits grünen Wiese ein Sprung Rehe, Kolonien von Wildgänsen, Schwänen und Wildenten. Ein Lächeln lag mir dauerhaft auf dem Gesicht. Diese Schönheit der Natur vertreibt jeden Kummer und all die Sorgen, die man mit sich herum trägt. Darüber in den nächsten Tagen mehr, denn all diese schönen Ereignisse sind nun wieder in den Hintergrund gerückt.
Zurück zu meiner Fahrt. Meine Laune stieg ins Positive bei den Gedanken an die folgenden Tage. Gegen Mittag war ich dann in Plaue. Den alten, dekorierten Stuhl, den ich mit Frühlingsblumen bepflanzt hatte, stellte ich heimlich in den Vorgarten meiner Freunde. Eine Thunfisch-Krabbentorte sowie eine Prinzesstorte in der Hand, stellte ich mich an die Haustür und klingelte. Das Geburtstagskind brach in Freudentränen aus, mir ging es ebenso, auch ich war bewegt und gerührt. Ein Wiedersehen mit Wollis macht mich einfach glücklich. Bald kamen die ersten Geburtstagsgäste und auch ich bekam Geschenke. Einen großen Karton mit Sämereien, Blumenknollen und Stauden, eine Karte für das Konzert von „Unheilig“ – in Magdeburg. An diesem Abend wurde viel geredet und gelacht, müde fiel ich ins Bett und schlief sofort ein. Am Morgen wurde ich vom Gesang einer Amsel direkt an meinem Fenster geweckt. Ich stand auf und als ich runter kam, war der Frühstückstisch schon liebevoll gedeckt und der Tag konnte gut gelaunt starten.
Wilma - eine Rauhaardackel-Dame - kam mich begrüßen und zeigte mir, dass auch sie sich über meinen Besuch freute. Bellen und Springen, bis sie zur Ordnung gerufen wurde.
Da die Spargelsaison begonnen hatte, kam ich auf die Idee, ein paar Kilos mit nach Schweden zu nehmen, um mit der Familie und Ilona „Spargel satt“ zu essen.
Also fuhren wir zu einem Spargelhof. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich auf dem Dach einer Kirche ein Storchennest gerade in dem Moment, als „Adebar“ startete, um auf der Wiese nebenan nach Frosch und Maus Ausschau zu halten.
Auf dem Heimweg fand ich noch etwas Seltsames zu sehen: auf einer Weide hatte ein Vogelfreund ca. 20 verschiedene gefiederte Freunde platziert. Zwar aus Plast, aber trotzdem eine lustiger Anblick.
Am Nachmittag fuhr ich nach Magdeburg. Gut dort angekommen, erwarteten mich Menschenmassen soweit das Auge blickte. Das Konzert begann um 18.00 Uhr mit zwei Vor-bands und um 20.00 Uhr ging es los: „Gänsehaut!“, von der ersten bis zur letzten Sekunde, und um 24.00 Uhr zurück nach Hause zu Wollis. Gegen halb zwei lag ich im Bett. Total aufgewühlt lag ich da und zählte Schäfchen, doch dann war ich ruck zuck im Traumhimmel.
Freitag ging es zu meinen Kindern, meine Enkel erwarteten mich, „Motte“ und „Dachs“, so werden sie liebevoll genannt, brachten die Oma auf Trab, tat mir aber mal wieder gut.
Zwischendurch fuhr ich noch zum Grab meines Vaters.Ich fuhr mit meiner Tochter in ein Blumengeschäft, dort kauften wir meines Vaters Lieblingsblumen: Studenten-Tagetes, und am folgenden Tag bepflanzte ich das Grab. „Paps mach‘s gut! Im nächsten Jahr wird dein Grab eingeebnet und ich werde dich an diesem Platz nicht mehr besuchen können. Aber du bleibst mir nah. Zu Haus werde ich einen Holunder pflanzen, diesen Baum liebtest du.“
Als ich in Fredersdorf war, besuchte ich meine Kusine, durch Zufall traf ich auch meinen Schwager, er freute sich, mich nach so vielen Jahren (etwa 18 Jahre) wieder zusehen. Am Abend wurde dann gegrillt, Michi mit Kids, Basti mit Familie und gemeinsame Bekannte von uns, fanden sich ein, es war eine super gemütliche Runde. Nach sehr langer Zeit saß ich mal wieder mit meinen Kindern zusammen. Ich merke, das dies mir fehlt, ich war an diesem Abend glücklich wie schon lange nicht .
Meine Schwiegertochter zeigte mir ein Video auf ihrem Handy, das eine Freundin von ihr gerade machte. Bei Feldarbeit mit dem Traktor bekam sie Besuch von Wölfen! Es waren hautnahe Aufnahmen. Sie entstanden ca. 4 Kilometer Luftlinie entfernt. Krass oder? Später fuhren wir nach Hause zu Michi. Am Sonntag, ich hatte sehr früh ausgeschlafen, ging ich durch den Kurpark, um Brötchen zu kaufen. Ich ging über eine Brücke, die einen Angel See überquerte. Stockenten, Litzen und Haubentaucher waren gerade beim Frühstück oder suchen danach mit ihren Köpfen tief im Wasser. Plötzlich entdeckte ich im zartgrünen Gebüsch drei Stück Rehwild, sie standen ganz still und achteten darauf, was ich machte. Ich blieb stehen und sah ihnen eine Weile zu, bald wussten sie, dass sie von mir keine Gefahr zu erwarten hatten, und ästen weiter. Ich wünschte ihnen „Guten Appetit“ und ging mit meinen frischen Brötchen nach Hause. Nach dem Frühstück machte ich mit den Kids einen Spaziergang, und ich fühlte mich wohl in meiner Omarolle.
Am Montag hatte Mia Geburtstag. Bevor sie zur Schule musste, wurde natürlich gratuliert und die Geschenke auf dem Tisch schnell noch ausgepackt. Dazu gehörte ein Singvogel zum Aufziehen und so trällerte er später stundenlang. Michi und ich freuten uns wohl mehr über das Geschenk als das Geburtstagskind.
Nachdem ich am Dienstag mein Auto beladen hatte, ging es wieder in Richtung Wollis.
Plötzlich ratterte es und ich wurde zum „Pechvogel“, die Batterieanzeige leuchtete auf, die Lenkung ging sehr schwer wie bei einem uralten Traktor. 5 Kilometer entfernt wohnt mein Sohn, er arbeitet nachts und musste zu Hause sein. Im Schneckentempo fuhr ich zu ihm. Diagnose: Keilriemen.
Lichtmaschine, Klimaanlage, Servo, Kühlung und, und, und.. alles war betroffen, ich sah meinen Aufenthalt in Deutschland schon zwangsweise verlängert, komischerweise blieb ich bei diesem Gedanken ruhig. Aber mein Sohn wäre nicht mein Sohn, wenn er nicht sofort Ersatz heranschaffen würde. Wir schleppten das Auto in eine Werkstatt und 1 Stunde später rolle mein Auto wieder.
„Danke, mein Kind, bist der Beste!“ Jetzt ging es nach Brandenburg in den „Bienen-Korb“, eine kleine süße Kneipe, die Freunde von mir betreiben. Es wurde viel geredet und geplant, so auch ein Besuch im September bei mir in Schweden.
Gegen 18.00 Uhr war ich wieder bei Wollis, dort sollte mein Deutschlandbesuch ausklingen, ich habe sie verdammt gerne, denn sie sind meine „Ersatzfamilie“. Ihre Tochter, die leider krank wurde, ist so etwas wie meine kleine Schwester. (Von ihr war auch das tolle Paket mit der Konzertkarte und der Blumenvielfalt.) Am Morgen meines Heimreisetages ging es noch in eine Gärtnerei, wo ich viele Stauden für denGarten kaufte.
Nach dem Mittagessen – Wildscheingulasch, sehr lecker – machten Marlis und ich noch einen Spaziergang, direkt hinunter zur Havel durch einen Park, so ganz nach meinem Geschmack, wo alles kreuz und quer wachsen kann und nicht Primel und Stiefmütterchen wie Zinnsoldaten in Reihe und Glied stehen. Zuerst erfreuten wir uns an einem Wildganz-Pärchen, das sein Nest verteidigte. Kurz darauf sahen wir ein Eichhörnchen von Ast zu Ast springen.
Am Havelufer wurde noch ein Besuch bei Familie Biber gemacht, deren Burg bereits sehr stattlich war. Plötzlich ging es los…Ein Frosch fing an, schnell waren hunderte von Fröschen zu hören, also ein zweites Konzert und diesmal ganz gratis und ohne Karte. Wunderschön!!!!
Dann kam der Abschied, Tränen flossen und ich fuhr los Richtung Fährhafen Rostock.
Auf der Strecke entdeckte in einem Garten Schmetterlinge ohne Ende, sie waren von einer Künstlerin aus Ton gefertigt, sie hatte erst nach einem Herzinfarkt erkannt, dass das Leben auch noch schöne Dinge in sich birgt, so auch ihre Fähigkeit der Arbeit mit Ton. Natürlichwurden ein paar schöne Stücke ausgewählt und gekauft, Mitbringsel für die Lieben.
Es wurde langsam dunkel, am Wegesrand sah ich etwa 10 Stück Damwild. Am Hafen angekommen, wurde ich vom Geschrei der Möwen begrüßt und verabschiedet. Es ging wieder zurück nach Hause.
Ich habe in diesen Tagen so viel Schönes gesehen und erlebt, was ich vor meinem Umzug nach Schweden nicht so wahrgenommen hatte. Schaut euch nur um! Es gibt so vieles zu sehen, was das Herz und die Seele berührt, man muss es nur zulassen.
5.4.2015
Bunte Ostereier und Schokoladenhasen waren heute das Erste, was ich in den Händen hielt. Sie wurden liebevoll in ein Keramik-Ei verpackt und auf den Tisch im Esszimmer für meine Lieben gestellt. Es gab wieder einen Brunch, ganz im Sinne von Ostern. Gekochte Eier und ein Riesen-Eier-Speck-Muffin waren ein Muss..
Pünktlich um 11.00 ging es los, Jürgen hatte bereits seinen Lauf hinter sich, ich nutzte die Zeit zur Vorbereitung, und so konnten wir uns dann gemütlich zusammensetzen und alles genießen. Ilona hatte für den Nachmittag ihren leckeren Käsekuchen gebacken und der wurde auch sehr gelobt, denn unverhofft erhielten wir Besuch von einem Wikinger aus Dänemark
Er ist bei Torbjörn über die Feiertage zu Gast. Nach einem ausgiebigen Spaziergang hatten sie beschlossen, einen Besuch bei uns zu machen. Ich hatte ihn gestern bereits kennen gelernt und wir sprachen ein paar Worte zusammen. Meine offene Art gefiel ihm und somit stimmte er Torbjörn gerne zu, uns zu besuchen.
Im Gegensatz zu Torbjörn, der mit seiner Zierlichkeit nicht gerade dem typischen Bild eines Wikingers entspricht (was ungemein täuscht, denn er ist ein wahrer Wikinger mit Haut und Knochen) war Martin ein groß gewachsener junger Mann. Ganze 2 Meter und 6 Zentimeter standen vor mir, da bin ich mit meinen 1,68 m ein Zwerg dagegen. Selbst Jürgen ist gegen ihn schmalwüchsig. Ein Bild von ihnen war ein Muss. Ich fragte ihn, ob er etwas dagegen hat, wenn ich es hier veröffentliche, er sagte spontan ja, denn Torbjörn hatte ihm schon von meinem Tagebuch berichtet, er ist davon begeistert, das ich von Schweden und seiner Geschichte berichte und mich somit auch für das Leben der Wikinger interessiere.
Die nächsten Tage wird hier nichts von mir zu lesen sein, denn morgen treffe ich die letzten Vorbereitungen für meine Reise nach Deutschland. Am Dienstag werden Auto und Hänger beladen und dann ab in Richtung Trelleborg auf die Fähre, vielleicht ein paar Stunden Schlaf und am Mittwochmorgen von Rostock aus zu meinen Freunden und meinen Kindern. Wenn ich zurück bin, kommen natürlich Berichte über das Erlebte, also bis dahin allen eine schöne Zeit und gönnt euch so oft ihr könnt einen Blick in die erwachende Natur, das gibt Kraft und zaubert ein Lächeln ins Gesicht. Glaubt mir, es funktioniert.
28.3.2015
Es ist Samstag, ich habe noch immer Probleme mit dem Sprechen, allerdings ist eine Besserung festzustellen. Die Erkältung klingt ab, und das ist auch gut so. In etwa einer Woche will ich nach Deutschland, ich sah mich schon umbuchen. Aber da ich in Deutschland jeden Tag einen anderen Besuch bei Freunden und Bekannten geplant habe, wäre das schade, jeder hat sich schließlich schon darauf eingestellt. Also bleibt es dabei: am 7. April geht es mit der Nachtfähre Richtung Deutschland. Freu mich schon ganz doll. Und weil die letzte Zeit mir und meinen Nerven vieles abverlangt hat, tut es mir sicher gut.
Ich brauche Abstand zu dem Ganzen hier, um mit neuer Kraft die Probleme ein für allemal zu beenden. Ich habe konkrete Vorstellungen vom weiteren Leben und ich halte daran fest, es wird zwar einiges auf der Strecke bleiben, Dinge und Menschen, die mir einmal wichtig waren, doch ist das der Lauf des Lebens. Ich habe in meinem Leben lernen müssen, nicht zu fest an etwas festzuhalten, denn dann fällt das „Loslassen“ leichter.
Heute hat die Sonne schon am Morgen gelacht, noch immer scheint sie durchs Fenster ins Zimmer, das goldene Licht fällt über meine Schulter direkt auf den Bildschirm meines Laptops, so erkenne ich das Abendrot, das durch die blattlosen, aber schon mit prallen Knospen bestückten Baumkronen strahlt. Ich sitze hier und schreibe vor mich hin, um mich abzulenken. denn im Moment hängt mein Lebenshimmel voller Wolken, dick und grau.
Nun aber genug Trübsal geblasen. Heute habe ich das schöne Wetter genutzt, um draußen etwas zu tun, denn morgen soll es wieder regnen und ich will zu Ostern noch einiges erledigt haben wie zum Beispiel Kuchen backen (Schinken-Muffins) und lustige Ostereier mal anders verzieren. Im vergangenen Jahr habe ich sie mit Zwiebelschalen gefärbt und viel Zeit dafür aufgebracht. Sollte ich das alles noch hin bekommen, werde ich es hier dokumentieren in Schrift und Bild.
24.3.2015
Noch immer bin ich „sprachlos“. Mal kommen ein paar piepsige Töne heraus, doch dann ist gleich wieder nur ein Flüstern zu hören. Ich hoffe bloß, dass sich das bald gibt, denn es macht mich nervös und unzufrieden. Meine Erkältung zeigt keinerlei Verbesserung. Nachts sitze ich im Bett, belle vor mich hin und nicke mal kurz weg bis zur nächsten Hustenattacke.
Da es heute den ganzen Tag superschönes Wetter war, verbrachte ich ein paar Stunden draußen und machte an meinen Frühjahraufräumarbeiten weiter. Nebenbei ein paar Maschinen Wäsche auf die Leine gebracht, die bei Sonne und Wind luftig duftend getrocknet wurde. Es ist doch ein großer Unterschied, ob auf der Wäscheleine unter der dicken Eiche oder auf dem Wäschetrockner im Haus, die Wäsche hat eine fühlbare angenehme Frische.
Jürgen hat heute mal das Fahrrad benutzt, um seine Runde zu drehen. Wir hatten Werbe-Flyer für sein Unternehmen gefertigt und die müssen verteilt werden, da bot es sich an, dies mit dem Rad zu tun. Nach zweieinhalb Stunden war er zurück. Ich denke. noch mal hat er so eine Idee nicht. Das Fahrrad ist zu klein und der Sattel zu hart, was nicht ohne Folgen blieb. Gehe mal nicht näher drauf ein. Aber es hatte was Gutes die Werbung ist verteilt. Er hat ja auch einen Blick für Schönes. Egal, ob es eine kleine Blume, ein Käfer oder ein Baum ist, er hält es mit dem Handy in Bildern fest und am Abend zeigt er mir das Entdeckte. Heute war es ein Findling, in dem ein Baum eingewachsen ist. Die Natur ist doch der größte Künstler, immer wieder entdecken wir etwas, was der Mensch nicht zu vollbringen mag. Meine Achtung und Liebe zur Natur wird ständig größer, so geht es auch Jürgen, er macht mich oft auf Dinge aufmerksam, die ich noch nicht gesehen habe.
Heute bekamen wi neue Bilder von unserem Wikinger, sie zeigen das von ihm fast fertig getischlerte Bett. Ein Meisterwerk. Da macht es Spaß, ins Bett zu gehen und sich in die Wikingerzeit hineinzuträumen. Ich werde Torbjörn einfach mal fragen, was er so träumt. Der Kunde desBauauftrages hat sich eine originale Matratze gefertigt, genau wie die Wikinger sie damals hatten. Sie hat eine Höhe von 55 Zentimetern, sagenhaft …
Morgen soll es sich noch einmal abkühlen, das heißt, ich werde im Haus weiter machen. Ich bereite die Wände im Badezimmer vor, um die Windpappe aufzubringen, und dann kann die Lattung angebracht werden. Wegen des Ameisenschadens müssen wir auf den Gutachter warten, der kommt von Anticimex. Sie sind für die Untersuchungen an Bauwerken zuständig und zur Bekämpfung vonUngeziefer, so auch bei unseren Ameisen. Da die kleinen Krabbelviecher noch nicht so aktiv sind, müssen wir noch etwas warten, was auch den Baustopp verursacht. Da sieht man mal wieder: nicht die Größe ist es, die stark macht.
Gestern legte ich in der Küche den Fußbodenbelag, den ich im Oktober aus Deutschland mitgebracht habe, morgen mache ich die Feinarbeiten wie Ausschneiden an Türschwellen und Abschließen an Schrankkanten. Dann kommen irgendwann die Schranktüren dran, sie sollen einen roten Anstrich erhalten.. Da warte ich, bis die Sonne richtig scheint und ich draußen die Teile an der frischen Luft streichen kann und sie schnell trocknen. Also Arbeit ist genug, nun bloß schnell wieder gesund werden und mit frischem Mut und neuer Kraft losgelegt.
21.3.2015
Na wie geht der Satz weiter: “Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von…“ Falsch! Es heißt: „Kommt noch was dazu.“ In meinem Falle das Schlimmste, was mir passieren kann: Stimme weg. Schon am Donnerstag bei unserer Fahrt nach Oskarshamn musste man denken, ich sei im Stimmbruch, mal piepsig, mal rau, doch was dann am Abend von mir zu hören war, war – nichts.
„Oh welch eine Stille im ganzen Haus“, sagte Jürgen, als er nach Hause kam. Ich fand das gar nicht lustig, er dann auch nicht mehr, nachdem er feststellte, dass sich der Zustand ständig verschlechterte. Den gesamten Freitag über bekam ich kein Wort heraus, und das bei meinem „Redebedarf“. Ich habe zwar in den letzten Jahren gelernt, schon mal den Mund zu halten, vor allem an der richtigen Stelle, denn sonst habe ich immer gleich alles ausgeplappert, und jeder kannte meine Vorhaben oder Ideen, konnte sie mir wegnehmen oder machte sie zunichte. Jetzt stelle ich gerade die, die mir das Leben schwer machen, vor vollendete Tatsachen, was wiederum mich glücklich macht und mein Herz erleichtert. Denn mein Herz und meine Seele sind die zwei, die mir im Moment Sorgen bereiten.
Eine Leserin meines Tagebuchs fragte mich: „Sag mal, kommst du damit klar, dein ‚Baby‘, das Café und Restaurant, aufzugeben? Dies war doch dein Traum und dein Schaffen und Tun, das du mit Leib und Seele, Tag für Tag und oft auch nachts da oben in Schweden durchgezogen hast.“ Sie befürchtete, es bricht mir das Herz.
Ja, so war es auch die ersten Tage. Für mich war klar, dass ich vor einem Scherbenhaufen stand, der auf die Deponie gebracht werden muss, wenn ich ihn nicht wieder zusammenkleben will. Ich habe mich entschieden, dass es den Kleber nicht Wert ist. Also Deponie, und genau das tue ich gerade. Ich habe begonnen, alle mir wichtigen Dinge aus dem Restaurant in Kisten zu verpacken (bin ich ja geübt drin) und dann ab in den Schuppen. Dort sollen sie eines Tages wieder in „Löppis“ das Licht der Welt erblicken und anderen Menschen gefallen und von ihnen gekauft werden. Und so finden die kleinen Scherben einen neuen Platz in einem anderen Herzen. Man muss nur „loslassen können“. Ich habe es gelernt. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es für mich besser ist, die Zeit in „Astrids Café & Restaurant“ anders zu nutzen. Denn die oftmals 24 Stunden werde ich neu verteilen. Ein Drittel Arbeit, um Geld zu verdienen, ein Drittel Zeit für meine Lieben (kamen oft viel zu kurz) und ein Drittel nur für mich (malen, lesen, schlafen… einfach Leben genießen). Mal sehen, ob damit die alte Astrid klar kommt, wenn nicht…
Tja, dann muss sie es eben lernen.
Polarlichter, Sonnenfinsternis, waren gestern…
Heute hatten wir seit Mitternacht einen Sturm, er pfiff ums Haus und ließ mich und meine Erkältung nicht schlafen. Er brachte uns die weiße Pracht zurück, zwar nicht viel, jedoch war am Morgen alles mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt. Es schneite weiter und ich griff zur Kamera und machte eine Runde durch den Garten, um alles in Bildern festzuhalten. Die leuchtenden Farben der Ostereier strahlen unter den Schneemützen an Baum und Strauch. Wie würde das wohl in der Sonne aussehen, dachte ich um 7.00 Uhr. Jetzt um 9.30 Uhr lacht die Sonne und wieder Kamera in die Hand genommen und raus. Es tropft von Dach und von den Bäumen, ich vermute mal, dass am Nachmittag mit steigender Sonnenkraft bald wieder alles Weiß verschwunden ist.
Was mein Redevermögen angeht, keine Veränderung, es wird wohl wieder ein ruhiger Tag werden und meine Familie dies genießen. Wenn Jürgen auch sagt, es täte ihm leid, dass es mir so geht, so denkt er wohl auch: „ Oh, welch eine Ruhe“. Ebenso geht es sicher meinem Sohn, er ist seit 2 Wochen mit Grippe im Bett. Trotzdem bin ich ja Mutter und kann es nicht lassen, ständig zu sagen: „Mach dies, mach das…“ Jetzt ist auch für ihn eine Auszeit drin. Mutter hat Redepause. Es kommen auch mal Sprüche. Na, wartet mal ab, das schreibe ich mir alles auf ….
Ist Spaß natürlich, aber ohne ihn wäre es nicht zu ertragen. Hoffen wir auf baldige Besserung. Heute tu ich mal nichts, Sofa und TV-Fernbedienung gehen mit sofortiger Wirkung in mein Eigentum über. Das heißt, auch im Tagebuch kommt heute nichts weiter, außer diesen Fotos und liebe Grüße an alle sowie ein erholsames Wochenende…bis bald.
19.3.2015
Wem da nicht das Herz aufgeht… Auf dem Weg nach Kristdala, auf dem sich idyllisch durch den Wald schlängelnden Weg, liegen rechts und links kleine Höfe, an denen die Weiden der Kühe angrenzen. Noch vor einigen Tagen waren sie an geschützten Stellen mit Schnee bedeckt oder das Gras zeigte zumindest noch Spuren des Winters. Heute bot sich ein anderer Anblick. Als ich über eine kleine Anhöhe kam, wurde auf einer Weide leuchtendes Weiß und kräftiges Schwarz sichtbar. Eine kleine Rinderherde hatte ihren ersten Ausgang. Nicht nur die Muttertiere mit ihren Kälbern des letzten Jahres standen dort, auch wenige Tage alte Kälbchen. Übermütig tollten sie zwischen den schützenden Müttern und Geschwistern umher. Als wir anhielten, um das lustige Treiben in Bildern fest zu halten, standen sie still und schauten zu uns und warteten, was nun wohl geschehen würde. Sie stellten sich in Pose und genossen die zusprechenden Worte von mir.
Ich freue mich, das Aufwachsen der kleinen noch knuddelichen Kälber beobachten zu können. Immer, wenn ich jetzt dort vorbei fahre, werde ich meine Kamera bereit halten und die Kinderstube fürs Tagebuch mit nach Hause bringen.
Aber auch etwas anderes habe ich am Rande des Weges entdeckt: die ersten blauen Blüten, Zeugen des Frühlings, die hier überall im Wald zu finden sind. In wenigen Tagen bedecken sie stellenweise große Flächen wie Blütenteppiche. Bei uns auf der Weide nebenan habe ich ganz einsam einen Krokus entdeckt. Wie kommt er dort wohl hin. Ich denke, den Gärtner zu kennen: „Mauli“, unser Maulwurf.
18.2.2015
Als ob es nicht schon reicht: nach all dem Stress und gesundheitlichen Mängeln nun auch noch ne Erkältung, als hätte ich nicht mal was Schönes verdient. Seit drei Tagen verbringe ich den Tag im Haus. Obwohl die Sonne scheint und es auch warm ist, draußen die Arbeit ruft, muss ich so tun, als ob ich es nicht höre. Joel ist seit 2 Wochen krank und nun habe ich doch etwas davon abbekommen. Ich kann nur hoffen, dass die Erkältung merkt, dass ich keine Zeit für sie habe, denn die Fähre nach Deutschland ist gebucht. Am 7. April um 23.00 Uhr geht es übers große Wasser ab zu meinen Freunden, rechtzeitig zum Geburtstag bin ich dann bei Wollis, ich freue mich schon riesig darauf. Da ich mittags so gegen 11.00 bei ihnen ankomme, haben wir noch ein paar Stunden, um Marlies Geburtstag zu feiern. Einige Verwandte, die auch ich kenne, werden da sein, und es gibt viel zu erzählen und zu lachen.
Sie staunten damals, als ich nach Schweden ging, das wird sicher viele Fragen geben, die ich dann gerne beantworte, und sie sehen daran, wie gut es mir hier gefällt. Am Abend wird es richtig gemütlich, wir sind dann unter uns und können so reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Ich werde mir noch etwas Schönes einfallen lassen, etwas ganz Persönliches soll es werden, noch habe ich keine Idee, aber die kommt sicher.
Am Freitag soll es noch mal Schnee geben. Weil die Temperatur um die 5 Grad sein soll, glaube ich kaum, dass der Schnee liegen bleibt. Wäre auch schade, denn nun sieht es im Garten wirklich schon nach Frühling aus. Die Krokusse schieben sich überall auf der Rasenfläche durch das Grün. Gerade wollte Jürgen mir ein Bild liefern, aber da die Sonne bereits untergegangen ist, sind die ersten Honigblüten geschlossen. Als wir am Mittag uns die Blütenpracht ansahen, summte es nur so. Bienen und Hummeln stritten sich um die Blütenkelche. Und dann ist auch unser Maulwurf wieder fleißig am Werk, diesmal jedoch zwischen den Knollen der Krokusse und Schneeglöckchen, was ich nicht so gerne sehe. Ich hoffe bloß, er sucht sich bald einen anderen Platz, um Regenwurm und Co zu jagen.
Gestern gab es in Småland ein Naturereignis. In der Nacht waren Polarlichter zu sehen. Leider haben wir davon nichts mitbekommen, Bekannte von mir haben davon berichtet und Fotos gezeigt. Das ist ein Schauspiel von unsagbarer Schönheit. Für unsere Region ist es sehr selten und man muss schon höher in den Norden reisen, wenn man das Lichtspiel am Himmel beobachten will.
Morgen muss ich wieder einigermaßen fit sein, denn Ilona möchte gerne nach Oskarshamn, dort gibt es eine Sitzgruppe für ihre Terrasse, die im Angebot ist und somit um viele Kronen preiswerter. Wir haben ihr zugesagt, dann ist zu Ostern ein gemütliches Beisammensitzen gesichert. Montags reise ich dann am Abend los. Da ich einen kleinen Hänger nach Deutschland mitnehme, muss ich etwas zeitiger fahren, denn die Kontrollen zur Einhaltung der Geschwindigkeit sind hier streng.
So, nun mache ich mich ans Abendessen, es gibt hausgeschlachtete Topfwurst aus Deutschland, nicht jedermanns Sache. Auf geröstetem Weißbrot, mit Butter bestrichen, dazu Senf und Zwiebelringe. Ich kann nur sagen: „Lecker!“ Wenn wir früher geschlachtet haben, gab es kurz nach dem Schlachtetag Topfwurst mit Pellkartoffeln und Sauerkraut, zum Abend reichte es fürs Brot. Also ab in die Küche und die Pfanne auf den Herd.
14.3.2015
Der Mauerbau hat begonnen, ja, ich versuche mich an dieser Kunst. Der Platz hinter dem Haus nimmt Gestalt an. Die Terrasse wird dort nicht hin kommen, wir haben heute beschlossen, dass wir eine dicke Schicht Makadam schütten werden und zur Eingangstür bauen wir eine lang gezogene Treppe. Als Abgrenzung werde ich eine landschaftsübliche Mauer aus Feldsteinen bauen, zwar nur ein Teilstück von ca. 8 m, aber klein fängt man an. Sie wird auch nicht so hoch, sondern nur etwa 50 cm. Die Idee entstand aus der Not heraus, denn nachdem der Terrassenplan verworfen wurde, dachte ich an Blumenkübel als Abgrenzung. Dann fielen mir die „Nachbarn“ ein, die uns immer dann besuchen kommen, wenn die Wiese nebenan sattes, grünes Gras bietet. Es sind fünf Mutterkühe, die ihre Kälber unter freiem Himmel zur Welt bringen. Ich hoffe, auch in diesem Jahr bei einer Geburt dabei zu sein, wie die vergangenen Jahr auch. Für die Kühe ist es etwas Neues, uns bei Kaffee und Kuchen zu beobachten. Da sie sehr zutraulich sind, werden sie sehr oft am Zaun stehen und darauf warten, dass wir zu ihnen kommen und wir mit ihnen wie Nachbarn zu Nachbarn reden.
Versteckt unter der Grasnarbe unseres Grundstücks sind viele Steine, die beim Rasenmähen stören, da dachte ich mir, machen wir dem Jürgen doch auch gleich eine Freude. Für die Mauer brauche ich Steine ohne Ende und in jeder Größe, also verwenden wir einfach auch die Steine in der Erde. Ich begann Steinhügel für Steinhügel freizulegen, keine leichte Arbeit, aber es machte mir Spaß, meinen Körper auch mal wieder zu fordern. Bald hat er Schonzeit und da werde ich noch einige Dinge erledigen, die ich dann lange nicht mehr kann.
Unter dem kleinen Ahorn hinterm Haus befand sich ebenfalls ein Steinhügel, dort wurden vermutlich bei Bauarbeiten alle Reste an Steinen abgelagert, Dachsteine, Mauer- und Feldsteine. Verwachsener Rasen und Wurzeln von Brennnesseln mussten bekämpf werden. Ich habe den Kampf gewonnen. Nun liegt nur noch ein großer Stein da, auf den sich gut ein Kübel mit Stiefmütterchen stellen lässt. Da sich dort auch mein Wäscheplatz befindet, werde ich eine Möglichkeit für eine Ablage bauen. Mal sehen, was mir dazu einfällt.
Als ich dort grub, kam ein Metallstück zum Vorschein, ich erkannte es als ein altes Sensenblatt. Wie alt wird es wohl sein, wie oft wurde es mit einem Wetzstein von dem Mann geschärft, der den Sensenbaum hielt? Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf und erinnerten mich an meine Kindheit und Jugend, als auch ich mit einer Sense auf der Wiese stand und Schwade für Schwade mähte. Da fällt mir auch gleich wieder der „Ängensdag“ (Wiesentag) ein, der Tag, an dem hier die alte Tradition der Wiesenarbeit gezeigt wird. Von der Mahd bis hin zum Aufhängen des Grases zur Trocknung und die Abfuhr mit Pferd und Gatterwagen. Darüber habe ich ja schon einmal ausführlich geschrieben.
13.3.2015
Es ist Freitagabend, gerade habe ich das Werkzeug aus der Hand gelegt. Der ganze Tag war den Arbeiten an der frischen Luft gewidmet, Jürgen hat am Vordach weiter gearbeitet, so dass wir nun auch am Morgen, wenn es mal nicht so schön ist, draußen frühstücken können. Morgen soll es fertig werden, wenn das Wetter wieder so schön wird wie heute, denn den ganzen Tag schien die Sonne, nachdem am Morgen alles dick mit einer Frostschicht überzogen war. Der sternklare Himmel in der Nacht davor ließ es bereits erahnen.
Mika brachte gestern mit einem Hänger Makadam, er ist zum Terrassenbau notwendig, im Moment können wir nicht damit beginnen, alles kostet Geld, und das muss ja irgendwo her kommen. Da wir aber hinter dem Haus gerne eine Sitzgruppe hinstellen wollen, weil dort ab mittags bis zum späten Abend die Sonne ist, bereiten wir die Fläche vor. Es ist auch sauberer, als wenn man ständig über den Sandboden laufen muss.
Jetzt noch zu Abend essen und dann ab aufs Sofa, den Fernseher an und gedanklich abschalten. Wenn ich auch noch immer nicht die ganze Nacht durchschlafen kann, hat es sich doch gebessert, weil ich morgens beim Aufstehen nicht mehr wie gerädert bin. In wenigen Wochenfahre ich für 10 Tage nach Deutschland, dann ruht mein schwedisches Tagebuch, aber nach meiner Rückkehr werde ich von der Zeit bei meinen Freunden und Bekannten berichten. Bis dahin notiere ich, was interessant ist. Gegenwärtig ist es nicht gerade spannend, weil ich kürzer trete, darum werde ich über die Historie und das Leben hier berichten. Auch wurde ich mal gebeten, meine Rezepte der verschiedenen Gerichte zu beschreiben, die ich für uns und die Gäste koche. Das wird geschehen, wenn ich meine OP hinter mir habe und nichts machen kann Na ja, nichts stimmt nicht ganz, aber zumindest kann ich nichts mitder linken Hand machen und sie ist meine Arbeitshand.
So, für heute werde ich das Tagebuch schließen, mich aufs Sofa packen, Beine hoch und einenPott Tee, den Jürgen wie jedenAbend liebevoll zubereitet, und dann Feierabend und gute Nacht!
12.3.2015
Ich habe den Frühling in den Garten gezaubert. Seit Sonntag war ich dort jeden Tag, Pavillon und Pflanzkübel haben ihren Platz gefunden. Die Blumenkästen hängen unter den Fenstern und werden ebenfalls österlich geschmückt. Da unser Garten voller Moos ist und der schöne Rasen verschwunden, habe ich genug von den grünen weichen Kissen, um die jungen Pflanzen damit noch etwas vor der Nachtkälte zu schützen. Zudem sieht es schön aus, und die Ostereier leuchten noch mehr.
Heute Morgen, als Jürgen und ich draußen unseren ersten Kaffee tranken und die Sonne genossen, lag über allem ein dünner Teppich aus Reif. Die zarten Eiskristalle in der Sonne ließen glauben, es lägen tausende Diamanten am Boden, auf den Gartenmöbeln und auf den Ostereiern, die ich vor Tagen an Bäume und Sträucher gehängt hatte. Doch in der Sonne schmolz die glitzernde Schicht und an den bunten Eiern hingen bald Tropfen, die unter den Sonnenstrahlen in allen Farben funkelten.
Ich habe heute auch 7 kleine Fichten gepflanzt, in ein paar Jahren werden sie für uns die Rolle des Weihnachtsbaumes übernehmen. Sie sind zwar keine Prachtexemplare, werden aber „eigene Ernte“ sein, auf die wir stolz sind: mit Mängeln, aber… na eben wie bei „Öko“. Ichhoffe, sie wachsen an und erlauben den gefiederten Freunden, ihre Nester in ihnen zu bauen.
Meise und Co sind fleißig bei der Arbeit, wenn wir am Morgen ins Freie treten, trillert es aus jedem Baum und von jedem Dach. Überall wird der Frühling herbei gerufen und erwartet. Die Krähen und Elsternsind mit ihrer Balz so sehr beschäftigt, dass sie nicht einmal mehr flüchten, wenn ich in ihre Nähe komme. Am Außenhaus befindet sich in einem Strauch ein Elsternnest und ich kann beobachten, wie wieder ein neues Stockwerk entsteht und über die Etagenwohnung mühevoll ein Dach errichtet wird.
Am Mittag bin ich nach Oskarshamn gefahren, ich hatte einen Termin beim Orthopäden, der OP-Termin ist der 29. April, ich muss an der linken Hand am Carpalnerv operiert werden. Dann bin ich für einige Wochen nicht so einsatzfähig, wie ich es mir wünsche, doch ist die OP notwendig. Aufschieben geht nicht, also bringen wir das auch noch hinter uns.
Nun werde ich draußen noch alles schön machen, Jürgen muss fleißig helfen, und wenn ich operiert bin, genieße ich „unseren schönen Garten im Liegestuhl“.
9.3.2015
Ein toller Tag, ja so kann ich den gestrigen beschreiben. Lange geschlafen, Frühstück mit Jürgen, Joel ist mit einer Erkältung im Bett geblieben. Die Sonne meinte es gut, und somit haben wir spontan entschieden, uns in die Sonne zu setzen und mit unserer Lesung zu beginnen. Also Ilona angerufen und 10 Minuten später saßen wir zusammen in der Sonne. Es ging los mit „Heimkehr in Schweden“, ich hatte das Gefühl, in dieser Geschichte zu leben. Alles war so wahr, so nahe. Die Geschichte beschreibt das Leben hier, man glaubt die Menschen zu kennen, ihnen täglich zu begegnen, mit ihnen zu reden, an ihrem Leben teil zu haben. Sie macht Lust darauf, den Ort der Handlung kennen zu lernen. Es geht um Liebe, Achtung und Zuneigung, aber nicht nur zu einem Menschen, sondern auch zur Natur. Nach 20 Seiten wurde eine Pause eingelegt, es gab den ersten Eisbecher in der Frühlingssonne, anschließend die nächsten 20 Seiten.
Am Abend um 18.00 Uhr gab es Abendessen, Lammbraten mit Pfifferlings-Sauce, Kartoffelecken und Mischgemüse. Ein schöner Beginn für den zweiten Teil unserer Lesung. Im Wohnzimmer bei einem Glas Wein wurde es dann sehr spät und die letzten Seiten werden in den nächsten Tagen Grund zu einem weiteren gemütlichen Zusammensein sein.
Der heutige Tag begann mit einem Pott Kaffee in der aufgehenden Sonne, ich saß auf einem Stuhl, der gegenüber gehörte meinen Beinen, die in den folgenden Stunden viele Schritte machen sollten. Wieder wurde den ganzen Tag in der Sonne gewuselt, zuerst bei Ilona, Blumenkästen an das Geländer der Terrasse angebaut, mit Erde gefüllt und mit den ersten Frühlingsblühern wie Stiefmütterchen und Primeln bepflanzt. Dann bei uns weiter, ebenfalls die Blumenkästen an die Fenster rund ums Haus angebracht, und morgen werde ich sie füllen und dekorieren.
Mit Jürgen zusammen habe ich meinen Pavillon aus Metall in den Garten geholt, bis jetzt stand er auf dem Grundstück des kleinen Cafés. Morgen wird er hier seinen festen Platz finden und ich werde ihn rundherum bepflanzen.
In den nächsten Tagen beginnt mein neues Vorhaben. In der alten Werkstatt im Außenhaus wird ein „Löppis“ entstehen, ich werde Regale und kleines Mobiliar hineinstellen und dann mit all den schönen Sachen bestücken, die kein Mensch braucht, aber doch haben will und kauft. Dazu entschieden wir uns wir vor einigen Tagen, denn ich werde mich darauf einstellen, mehr von zu Hause aus zu arbeiten. Die Verwaltung der Ferienhäuser kann ich zeitlich gut planen, die Betreuung des Gästehauses ist ebenfalls leichter zu organisieren und Café und Restaurant schließe ich. Nach meinem letzten Zusammenbruch bin ich zu dieser Entscheidung gekommen. Dieser Entschluss fiel mir zwar schwer, doch ich denke es ist absolut richtig, ich höre nun auf die Signale meines Körpers.
7.3.2015
Die Nacht zum Samstag, habe ich einen zu viel getrunken oder was ist los? Mein Kopf hämmert und sämtliche Knochen tun mir weh. Aber schnell finde ich eine Erklärung: es ist draußen sehr stürmisch, na, wie soll auch sonst die für morgen angesagte Warmfront so schnell hier sein. Der Wind nimmt noch zu, heftige Böen pfeifen ums Haus, da haben die Ostereier ja gleich den Test, ob und wie lange sie sich am Baum halten. Und dass mir alle Glieder weh tun, ist auch klar, der Körper wurde gestern sehr beansprucht bei all den Arbeiten im Garten. Ich habe Muskelkater, und den nicht zu knapp, ich spüre Muskeln, wo ich gar keine zu haben glaubte. Am besten gleich weiter zur Gartenarbeit und ich denke, am Mittag bin ich wieder schmerzfrei, zumindest was den Körper angeht.
Jürgen geht laufen, eine größere Runde, und das bei dem Wind, er wird ganz schön zu kämpfen haben auf dem Rückweg. Mach mich jetzt mal in den Garten….
So, bin schon wieder da.. Es ist einfach zu windig und zu kalt, macht keinen Spaß und darum bleib ich im Haus und schieb einen „äppelkaka“ in die Backröhre der Küchenhexe und hole dann Wäsche rein, der Wind pustet sie ruck zuck trocken.
Der hier in Schweden typische Apfelkuchen ist schnell zubereitet. Mehl, Zucker, Margarine zu einem Streusel verarbeiten, zwei Drittel in eine Kastenform oder andere feuerfeste Form geben, etwas andrücken und die Mischung aus geschälten Äpfeln (die in dünne Spalten geschnitten werden), Rosinen, Zucker und Zimt darüber geben, die restlichen Streuseldarüber und ab mit allem in die Backröhre. 10 Minuten Arbeit, ca. 20 Minuten backen und dann ganz langsam Vanillesauce darüber gießen. Schmeckt einfach nach „Mehr!“
Jürgen ist zurück, der Wind hat ihn wirklich nicht in seiner sonstigen Form laufen lassen, er hatte sich eine längere Strecke vorgenommen, änderte aber beim Laufen den Plan und ist darum schneller wieder zu Hause. Der Duft des Kuchens wird ihn wohl auf den Heimweg umgeleitet haben, an Kuchen und sonstigen Leckereien kommt er nur schwer vorbei. Er kann sich das ja erlauben durch seine Lauferei. Ich dagegen brauche die Schokolade nur anzusehen und schon sind die Kilos auf der Hüfte, aber wenn die Arbeit nun wieder losgeht, werden die Kilos wieder verschwinden, ich hoffe es zum mindesten.
Für morgen haben wir eine Lesung im engen Kreis geplant. Gemütlich bei knisterndem Feuer im Ofen, einem Glas Wein und Kerzenschein, holen wir uns eine schwedische Geschichte in die Stube und werden damit den Winter verabschieden, denn dies wird sicher der letzte winterliche Tag sein. Jürgen und Ilona, vielleicht auch Joel werden die Zuhöre sein, ich bin der Vorleser.
Was wird gelesen? „Heimkehr in Schweden“
6.3.2015
Den ganzen Tag draußen... „Wie fühle ich mich wohl!“, es ist seit langer, langer Zeit wieder ein Tag, an dem ich das sagenkonnte.
Gleich nach dem Frühstück begann ich mit dem Frühjahrsputz im Garten. Ich steckte damit Jürgen an, er kam mir zu Hilfe und fing an, das Fundament des alten Zaunes frei zu legen. Seit Jahren war es mit Gras und Quecken zugewachsen, es war kaum noch zu erkennen, nun kommt es wieder zum Vorschein. Ich hängte die Ostereier an all die kleinen Büsche und Sträucher, zwar noch ein wenig früh, das ist mir egal, denn Arbeit habe ich noch genug und was fertig ist, macht mir keine Sorgen mehr. In der nächsten Woche soll es warm werden, dann werden wir so manche Stunde draußen verbringen, in der Sonne sitzen, mit einer Tasse Tee oder Schokolade, Kaffee oder Cappuccino, mit oder ohne Kuchen als Beilage.
Heute kam Ilona zum Kaffee und wir holten die Stuhlkissen aus ihrem Winterquartier, legten sie auf die Gartenstühle und genossen die warmen Strahlen der Sonne.
Gerade war ich noch mal raus, hatte meine Jacke vergessen. Als ich auf dem Hof stand, hörte ich Schwäne, sie kamen näher und als ich zum Himmel hoch schaute, konnte ich sieben dieser schönen weißen Singschwäne erkennen. Sie befinden sich bereits in der Balz, genauso wie die Kraniche, die man am Morgen hören kann.
Ich freue mich schon darauf, wenn viele dieser Vögel hier ganz in der Nähe auf einer Wiese, im Frühjahr zu einem See geworden, ihre Balzrufe von sich geben und sie weit zu hören sind. Die Vögel haben keine Furcht, eine Annäherung bis auf wenige Meter ist problemlos und eine Beobachtung so nahe, als könnte man sie berühren, lässt bei jedem Tierfreund das Herz höher schlagen.
Ich habe das Gefühl, dass ganz Schweden aus seinem Winterschlaf erwacht, Schnee und Eis sind bis auf kleine geschützte Stellen im Wald oder in Senken auf Wiesen und Feldern verschwunden. Auf den Seen sind noch dünne Eisdecken, die matt unter den Strahlen der Sonne glänzen. Ein Betreten ist nun höchst gefährlich, im Gegensatz wie nach vor zwei Wochen, als man mitten auf dem See die Eisangler beobachten konnte, die in die gebohrten Löchern ihre Angelschnüre hängen ließen und die dicksten Fänge ans Tageslicht holten. Stundenlange Geduld zahlt sich eben aus. Ich habe früher mit meinem Vater gerne geangelt und im kommenden Sommer werde ich wieder mein Glück versuchen. Eine Angelkarte ist hier preiswert und da ist es auch nicht so tragisch, wenn es an einem Tag nicht so richtig klappen will mit dem „Petrie Heil“.
5.3.2015
Seit zwei Tagen scheint der Frühling Einzug zu halten, die Sonne lacht am frühen Morgen und es ist so schön, dass der Kaffee bereits draußen schmeckt. Gestern habe ich den ganzen Tag genutzt, um dem Garten einen Frühjahrputz zu verpassen. Das Kräuterbeet wurde von der dicken Laubschicht befreit, die meine Küchenkräuter vor dem Frost schützte, und etwas Erde aufgefüllt. Da direkt dahinter die Koppel ist und die Kühe im letzten Jahr offensichtlich sehr viel Wert auf gesunde Ernährung legten und sich regelmäßig an den Kräutern gütlich taten, habe ich nun eine Abgrenzung gebaut, die auch gleich für meine Monatserdbeeren als Pflanzplatz dienen soll. Wegen ihren langen Hängetrieben bietet es sich an, die aufgestellten Palletten mit Folienmatten auszukleiden und, nachdem ich sie mit guter Erde gefüllt habe, mit den Pflanzen zu besetzen. Zum Naschen wird der Ertrag sicher reichen und es sieht nicht so trist aus.
Das Beet um den Stamm der alten Eiche ist auch bald fertig und kann bepflanzt werden, dort werde ich einige Dauerstauden setzen, so dass das ganze Jahr über die Bienen Station machen können und ich mich an den Schmetterlingen erfreuen kann, wenn sie sich auf den Blüten nieder lassen. Hier gibt es Schmetterlinge, die ich noch nicht gesehen hatte und nur aus den Büchern kannte.
Die Bäume zeigen dicke grüne Knospen, die Haselnussbäume blühen seit einigen Tagen und die Teppiche aus leuchtenden gelben Winterlingen, Gruppen von strahlend weißen Schneeglöckchen und einzelne gelbe und lila Krokusse zeigen sich in den Gärten. Unser Maulwurf ist im Vorgarten auch schon wieder fleißig bei seinen Tunnelarbeiten und die Regenwürmer zeigen mir, dass es nicht mehr so kalt werden wird, denn schon in früheren Zeiten haben sich die Menschen daran orientiert und begannen dann mit der Feldarbeit. Im März wurde das erste Saatgut in den Boden gebracht und auch ich will damit beginnen. Mein Frühbeetkasten ist fertig und der Samen gekauft. Am Wochenende werde ich in einsäen.
Seit gestern bin ich „kopfmäßig“ am Arbeiten, meine Pläne müssen komplett überdacht werden, ich werde einige Veränderungen vornehmen, darüber schreibe ich demnächst, es ist noch nicht ausgereift. Im Groben ist zwar schon alles fertig, doch die Feinarbeit muss noch genauer ausgearbeitet werden. Es ist ein guter Plan, er gibt mir mehr Freiraum und mehr Zeit für mich und meine Lieben.
Ostern rückt immer näher und ich werde wohl am Wochenende auch die österliche Deko in den Garten bringen. Ilona hat viele Ostereier mitgebracht, als sie nach Schweden zog und gibt mir diese. Hier sind die farbigen Federbüsche traditionell, Ostereier gehören zwar auch zur Dekoration, sind aber eher deutschtypisch. Egal, sie sind nun einmal da und sollen ihrem Namen Ehre machen. Ilona war heute einkaufen und brachte uns Stiefmütterchen und Primeln mit, diese haben den Pflanzkübeln schon etwas Farbe verpasst, den Boden habe ich mit Moos ausgekleidet, so sind die Frühlingsboten vor Frost geschützt und es sieht schön aus. Rechtzeitig zum Fest werden dort auch Ostereier und Hasen ihren Platz finden. Kisten von Osterfiguren stehen bereit und warten darauf, ausgepackt zu werden. In vier Wochen werden sie gesucht, auch bei uns, denn dafür ist man nie zu groß oder zu alt...
28.2.2015
Wir haben Wochenende, nun ist es draußen bereits dunkel und ich werde von meinem Tag schreiben. Ich habe wieder im Garten verbracht, zwar fehlte die Sonne, doch es war nicht so kalt und ich konnte ein paar kleine Zimmererarbeiten erledigen. Ein kleiner Stauraum, für Wassereimer und Kübel, sowie ein Frühbeet-Kasten sind das abendliche Resultat. Morgenwerden wir den Kasten mit Kompost füllen und das Glasfenster auflegen, dann kann ich mit der Aussaat beginnen, ich möchte mir ein paar Blumen und Kräuter heran ziehen. Die Saison für die Pflanzen hier in Schweden ist kürzer als in Deutschland und so ist der Aufwand für die Pflanzenaufzucht größer, viel Arbeit und vor allem viel Energie, so ist auch gerechtfertigt, dass käufliche Blumen und Gemüsepflanzen nicht unbedingt die preiswertesten sind. Hier ist der Boden sehr steinig, ich werde ein paar Hochbeete bauen und darin Salat, Radieschen und Co. anpflanzen. Tomaten kommen in Kübel, so dass ich sie im Spätherbst, wenn die Nächte schon sehr kalt sein können, ins Haus stellen kann.
Gestern waren wir bei Torbjörn, er hat sich sehr über unseren Besuch gefreut und besonders über die Vorhänge. Wir haben sie sofort aufgehängt und er hatte gleich eine gute Idee, wie der sie zur Seite raffen kann, er wird Lederbänder fertigen und sie als Halterung verwenden. Bei einem Kaffee wurde dann der Käsekuchen verputzt und über dies und das geredet.
Plötzlich stand er auf und holte ein Geschenk für mich: ein Geburtstagsgeschenk. In liebevoller Handarbeit hat er kleine Lederbeutel gefertigt und ich bekam einen. Da ich Dinge aus Leder sehr mag, freute ich mich sehr darüber. Zum Abschied lud uns der Wikinger ein, mit ihm den nahenden Frühling zu begrüßen. Er will für uns ein Wikingermahl bereiten. Draußen auf offenem Feuer werden wir dies dann genießen.
Bei Ilona hat sich bei den Arbeiten an der Terrasse viel getan, sie ist so gut wie fertig. Am Montag soll das Geländer angebaut werden und die Einweihung kann stattfinden. Es ist ein gemütlicher Platz und ich bin mir sicher, wir werden so manchen Kaffee dort trinken oder am Abend ein Glas Wein.
Nun werde ich mich entspannen, es läuft ein 2-Teiler im deutschen Fernsehen, gestern habe ich Teil 1 gesehen, ich werde mir den zweiten Teil ansehen. Es ist ein Film aus der Nachkriegszeit (Februar 1947), ich schaue mir sonst solche Filme nicht an, doch der hier hat mich gestern begeistert und ich denke, das wird auch heute so sein. Der Film spiegelt das wider, was mir mein Vater über diese Zeit erzählt hat, und ich bewundere die Kraft und den Mut der Menschen von damals, wie sie die schwere Zeit meisterten. Als ein einziges Ei als Lohn galt und dies dankend angenommen wurde.
Auch in Schweden gab es Zeiten, in denen das Leben der Menschen von großer Armut und harter Arbeit geprägt war, kürzlich las ich ein Buch darüber, und mir scheint, das dies heute immer mehr und mehr vergessen wird. Unser Wohlstand wird als selbstverständlich angesehen und die Menschen sind selten dankbar. Ganz anders zu der Zeit, als man als Lohn für eine Arbeit ein Ei in die Hand gelegt bekam.
27.2.2015
So, schnell noch ein paar Zeilen ins Tagebuch, bin schon fast weg. Wir Drei gehen nämlich zu unsrem Wikinger zum Kaffee, Ilona hateine Käsetorte gebacken und ich habe für Torbjörns Wohnzimmer Gardinen, eher Vorhänge genäht. Wir haben uns selbst eingeladen, denn das mit den Vorhängen soll eine Überraschung werden. Als er das letzte Mal bei uns war, sagte er, dass wir und Ilona es so gemütlich haben. Er hatte früher auch in seinem Wohnzimmer schöne Vorhänge, doch seit Anna weg ist, sind an den Stangen keine wieder angebracht worden. Er weiß nicht, ob sie die mitgenommen hat oder ob sie gar weg sind. Als ich das letzte Mal mit Ilona einkaufen war, fand ich Stoff, bei dem ich mir sicher bin, dass er Torbjörn als Deko in seiner Wohnung gefallen wird. Ich habe dann für seine 4 Fenster die einzelnen Bahnen zugeschnitten und am Vormittag genäht. Ilona hat schnell die Käsetorte gebacken, die sicher wieder so lecker schmeckt wie die letzte, und dann machen wir uns auf den Weg.
Jürgen hat in den vergangenen Tagen geholfen, große Bretter in die Werkstatt des Wikingers zu bringen, denn er hat einen Auftrag, ein sehr großes Bett zu bauen, es ist eine Sonderanfertigung nach Vorgaben des Bestellers. Ich bin gespannt, wie es aus sieht, er hat mit den Arbeiten begonnen.
Heute ist es sehr trübe, der ganze Tag hüllt sich in Nebel, es ist zwar nicht kalt, doch macht es keinen Spaß, draußen etwas zu machen, im Gegensatz zu gestern. Mit Jürgen war ich am Vormittag unterwegs, wir haben Ware für unseren geplanten Löppis geholt und am Nachmittag war ich draußen in der strahlenden Sonne aktiv. Es war richtig schön warm und ich nutzte die angenehmen Temperaturen, um im Garten zu arbeiten. Ich habe begonnen, um unsere alte Eiche ein Beet anzulegen. Die Eiche wird wohl weichen müssen, was mir in der Seele weh tut, denn sie wurde einst bei der Geburt eines Sohnes gepflanzt. Er wird sicher nicht mehr leben, vielleicht ist nun auch die alte Eiche krank und morsch. Im letzten Jahr fielen die jungen Blätter gleich nach ihrem Sprießen ab, im Sommer trug der Baum dann nur noch an zwei großen Ästen Blätter, auch diese waren von Krankheit gezeichnet.
Im Stamm selbst wohnt eine Ameisenkolonie, sie hat das Innere zermahlen, und wenn man gegen den Stamm klopft, klingt es hohl und morsch. Es brechen Teile heraus und zeigen, dass alles Leben aus ihm entschwunden ist. Äste und Zweige sind dicht mit den in Schweden typischen Flechten überzogen, ständig brechen Zweige ab und fallen zu Boden. Allein für die Sicherheit des Hauses müssen wir nun wohl doch Abschied von ihm nehmen. Die Idee einer Schaukel, wie es sie einst 1927 an einem dicken Seitenarm des Baumes gab, bleibt nun eine Idee und kann nicht mehr umgesetzt werden. Wir werden den Stamm wohl stehen lassen als Erinnerung an den Sohn, der einst der Grund war, dass dieser Baum gepflanzt wurde und zur Erinnerung an die Kinder, die damals auf der Schaukel saßen, unter ihm spielten und lachten, an die alten Menschen, die mit Zigarre oder Pfeife auf einer Bank saßen und in den Abendhimmel schauten, an die Mutter, die mit einem Buch in der Hand ihren Kindern etwas vorlas, die vor ihr im Gras saßen und gespannt zuhörten, oder an die Menschen, die darunter am Gartentisch ihr Leben niederschrieben, ob in einem Roman oder eben wie ich in meinem Schwedischen Tagebuch …
26.2. 2015
Die Zeit scheint immer schneller an uns vorbei zu rennen. Die vergangenen Tage waren wieder von vielen Ereignissen geprägt. Am Samstag hätte mein Papa Geburtstag gehabt. Dies stimmte mich etwas traurig, aber auch freudig im Herzen, denn ich denke, er hätte diesen Tag nicht erlebt, wer wird schon hundert Jahre alt. Wenn auch die Menschen immer älter werden, so ist doch dies ein sehr seltenes Alter. Ich dachte an diesem Tag ganz besonders an ihn, denn wir waren dann immer zusammen, mein Geburtstag ist der 22.Februar und so feierten wir diese zwei Tage gemeinsam, mit den notwendigen Vorbereitungen, Backen, Kochen, Wohnung umräumen, denn unser Verwandtschaftskreis war groß. Es saßen da immer etwa 30 Personen, die versorgt werden wollten mit Kaffee und Kuchen. Mittag und Abendessen. Wer hat dies alles zubereitet, ich natürlich. Ich stand immer in der Küche. Damit ist Schluss, denn schließlich heißt es: „Das ist dein Ehrentag“ und genau so wird dies nun auch gemacht, zwar ein paar Vorbereitungen sind notwendig, doch mache ich mich da nicht mehr verrückt (bin ich ja irgendwie sowieso), nein, langsam wird dieser Tag angegangen.
Wir vier haben alle den Tag um 13.00 Uhr mit Brunch begonnen, am Nachmittag saßen wir bei Torten und Kaffee zusammen und am Abend gab es ein Abendessen, das ebenfalls einfach aber gemütlich war. Kartoffelsalat und Würstchen verschiedener Art, ein paar Salate aus Käse, Wurst und Ei und fertig war das Menü. Kein großer Schnickschnack, gerade weil es mir im Moment nicht so gut geht, wäre mehr nicht in meinem Interesse gewesen, denn so hatte ich die Möglichkeit, einfach mal Pause zu machen und mich zurück lehnen zu können. Dann waren auch die zwei Tage rum, der Start in die Woche konnte kommen.
Am Montag war ich mit Ilona und Joel nach Ruda, wir haben für meine Tochter einige Dinge aus dem Ferienhaus geholt, eines soll verkauft werden, wir hoffen es klappt, denn dann ist ihr und auch mir eine große Last genommen.
Das Haus, in dem mein Ex-Mann wohnte, ist endlich geräumt, und auch dort habe ich nachgesehen, ob alles ok ist. Nun kann ichmich darum kümmern, dass auch dieses Haus auf den Markt kommt. Es ist sehr schön und ich hoffe, dass sich dafür auch bald ein Käufer findet, denn es macht beides möglich: permanentes Wohnen und Nutzen als Ferienhaus. Wintergarten und Garten erlauben ein Entspannen und das Genießen der schwedischen Ruhe...
Mein Ex ist immer noch im Gästehaus, ich hoffe, dass sich diese Situation bald ändert, denn es ist für mich sehr schwer, damit klar zu kommen, es führt zu ständigen Spannungen, dies trägt nicht gerade zu meiner Genesung bei, eher glaube ich, dass diese Situation zum völligen Zusammenbruch führte, denn meine Vergangenheit ist nun gegenwärtig hier vor Ort. Ich kann sie sehen, wenn ich aus dem Fenster schaue, ca. 500 Meter trennen mich von ihr. Ich hatte sie hinter mir gelassen, als ich Deutschland verließ, dann kam sie hinterher, nicht direkt zu mir und Joel, sondern 50 Kilometer entfernt, was für mich nicht so tragisch war, aber nun ist er direkt hier und ich bin ständig mit der Vergangenheit konfrontiert. Ich gebe mir Mühe, dies zu verdrängen, aber es gelingt mir nicht immer. Sein Verhalten ist auch nicht das, was dazu beiträgt. Ich hoffe, dass sich bald etwas ergibt, dass er hier weg ist, egal ob Job- oder wohnungsmäßig, Hauptsache weg. Denn erst dann gehe ich wieder gerne ins Gästehaus und kann meine Saison vorbereiten.
Ich lege gerade den Grundstein für Gartencafé und Löppis,
Zeichnungen für Umbau und die Planung aller anderen Sachen.
24.2.2015
Es ist wieder zu einer Pause meines Schreibens gekommen. Warum? Tja, ich habe zur Zeit viele Arztbesuche und die Medikamente hinterlassen ihre Wirkung. Ich nehme derzeit viele Tabletten und kann gesundheitlich zwar eine leichte Besserung feststellen, jedoch machen die Nebenwirkungen mir zu schaffen. Ständige Müdigkeit und starke Nackenschmerzen begleiten mich durch den Tag. Was ich sonst in kurzer Zeit fertig habe, bedarf fast den ganzen Tag, was mich wiederum ärgert, aber nicht zu ändern ist. Was ich dann auch einsehe. Ich denke, in ein paar Wochen geht es mir wieder besser und ich kann die Saison starten. Und diese sieht ab Frühling anders aus.
Ich schließe mein Restaurant, werde ein Gartencafé eröffnen und einen "Löppis", das ist ein Trödelmarkt. Beides verbinde ich miteinander, ich öffne täglich nur nachmittags und am Freitag und Samstag schenke ich abends Wein und Bier aus. Wir wollen den Garten des Caféss umgestalten und neben unserem Grillplatz noch andere Anziehungspunke aufbauen. Eine offene Feuerstelle und Holzfiguren, eine Kinderspielecke und die Möglichkeit der Bedienung direkt aus der Küche. Eine Fensterdurchreiche soll dies möglich machen. In der Küche sind auch einige Umbauten nötig, doch nicht so gravierend. Ich hoffe, dass dies bald möglich ist, denn die Zeit bis zur Saisoneröffnung verrinnt schnell. Ich werde auch noch für zwei Wochen nach Deutschland fahren, denn ich bin Fan von „Unheilig“, die Lieder des Grafen gehen mir nahe und ich möchte bei seinem Abschiedskonzert gerne dabei sein. Karten habe ich bereits, und da dann mein Enkelkind Geburtstag hat, verbinde ich meinen Aufenthalt damit. Zu Wollis fahre ich natürlich auch, denn da ist auch Geburtstag, genau wenn ich in Deutschland ankomme. Wir werden es uns sicher an diesem Tag supergemütlich machen und wieder einmal viel lachen, freu mich schon riesig drauf. Und was mich noch glücklicher macht: der Flug für den Besuch von Wollis hier bei mir ist gebucht. Ich werde sie von Stockholm abholen, sie kommen mit der Fluglinie Berlin-Stockholm, günstig und schnell.
Hier im Haus geht es langsam vorwärts. Wir haben begonnen, die kaputten Balken auszuwechseln. Morgen sind wir unterwegs, aber am Donnerstag geht es weiter, so dass dann die Wandverkleidung beginnen kann. Windpappe und Lattung müssen angebracht werden, so dass die Rigipsplatten verschraubt werden können, denn meine Idee, die alten Balken sichtbar zu lassen, musste ich verwerfen, denn das wird hier nicht mehr genehmigt. Es gibt neue Auflagen für den Badeinbau und wir müssen uns aus versicherungstechnischen Gründen daran halten. Dann werden wir natürlich Fliesen kleben und malern. Dies wird aber noch auf sie warten lassen.
Bei Ilona ging heute auch der Bau der Terrasse los, Mika und Peter waren am Wochenende hier und wir haben alles abgesprochen. Heute am frühen Morgen haben sie angefangen und am Abend war bereits das gesamte Ständerwerk aufgebaut. Tolle Leistung. Ostern kann kommen, und wenn es das Wetter erlaubt, werden wir die Terrasse einweihen.
14.2.2015
Valentinstag.Wird dieser Tag nicht überbewertet, denn sollte man die Menschen, die einem am Herzen liegen, nicht alle Tage achten, liebe Worte sagen, Aufmerksamkeit schenken? Leichte Berührungen beim Vorbei gehen, einfach mal Blumen mit nach Hause bringen, Kaffee ans Bett, den Frühstückstisch decken, und das nicht nur, weil auf dem Kalender 14. Februar steht. Warum fällt uns nicht spontan ein, etwas mit dem liebsten Menschen auf der Welt zu unter nehmen? Muss man daran erinnert werden, dass es da einen Menschen gibt, der alles für den anderen tun würde, der für dich da ist, wenn es dir schlecht geht, der dich tröstet, wenn du traurig bist, der merkt, wenn du Sorgen hast und dir zuhört, wenn du reden willst. Der mit dir in der Küche steht und kocht oder den Abwasch macht, der dir den Tee ans Bett bringt, wenn du krank bist, und auf diese Weise zeigt, dass er dich lieb hat. Sollte nicht alle Tage Valentinstag sein?
Ich kann sagen, dass es bei uns zumindest viele solcher Valentins-Tage gibt. Natürlich gibt es auch Tage, da hängen Regen- oder gar Gewitterwolken über uns, doch wissen wir, dass danach wieder Sonnenschein kommt und die Welt wieder strahlend da liegt. Zu jeder gesunden Beziehung gehören Meinungsverschiedenheiten, Streit und schlechte Laune, doch sollte immer darauf geachtet werden, dass man den anderen nicht verletzt und die gesunde Respekt gewahrt wird.
Als Jürgen und ich uns so spontan „zusammengeworfen“ haben und beschlossen, gemeinsam weiter durchs Leben zu gehen, wussten wir noch nicht, ob es funktionieren würde und ob es auch noch so sein wird, wenn wir uns richtig kennen, denn diese Zeit hatten wir nicht, bevor wir unsere gemeinsame Zukunft hier starteten. Nun, nach einigen schwierigen Situationen, haben wir die Fehler und Macken des anderen kennen gelernt und wissen, damit umzugehen. Wichtig ist, dass man nicht versucht, den anderen zu ändern, dann wäre es nicht mehr die Person, in die man sich verliebt hat. Wir haben das nach unseren drei gemeinsamen, oft chaotischen Jahren begriffen und sind glücklich, so wie es ist, und werden sicher noch viele solcher erleben.
PS: Habe Jürgen gerade das hier vorgelesen. Er sagt, ich bekomme auch den Tee oder Kaffee ans Bett, wenn ich ihn gar nicht haben will. Liebe ist, auch wenn du daran erinnert wirst, dass du deine Blutdruck- oder Herzpillen nehmen musst.
Ich denke aber, das ist auch eigennützig, denn den Schaden hätte er, wenn es mir schlecht geht.
12.2.2015
Heute waren wir nicht mit den Bad-Baumaßnahmen am Werk, nein, andere Kleinigkeiten im Haus kamen mir heute Morgen in den Kopf: im Esszimmer eine Fensterbrett-Verbreiterung, Dann ein Mittelteil für den ausziehbaren Esstisch zugeschnitten und eingebaut, denn wenn wir zu viert daran sitzen, empfand ich ihn zu klein. All die Schüsseln und Platten hatten keinen Platz darauf, bzw. die Deko musste weichen und das ist nicht Sinn der Sache. Jetzt ist der Tisch größer und alles hat Platz. In der Küche über der Küchenhexe hatte ich eine Esse gebaut, sie war jedoch nicht richtig fertig, heute habe ich daran weiter gebaut und nun ist sie der Fertigstellung einen wesentlichen Schritt näher.
Gerade rief Ilona an, sie kommt gleich rüber, sie hat uns eingeladen, wir werden heute Abend nach Oskarshamn fahren und am Hafen essen gehen. Wir freuen uns schon darauf, denn dort ist es gemütlich und das Essen super lecker. Morgen fahren Ilona und ich nach Hultsfred. Da sie ihre Personennummer noch nicht hat, muss sie Banküberweisungen und Geldabhebungen in der Bank machen. Sie hat zwar sofort ein Konto bekommen, doch eben nicht die freie Handhabung. Andere warten darauf jahrelang oder bekommen sie nie, solange sie hier kein Daueraufenthaltsrecht haben. Für Ilona ist das alles einfacher, weil sie Pensionärin ist. Wir werden dann noch etwas durch die Geschäfte bummeln und ich werde mir ein paar Säcke Anzuchtserde mitbringen, denn ich möchte mir Stiefmütterchen und einige andere Blumen heran ziehen. Blumenpflanzen sind in Schweden teuer, ich möchte aber nicht auf sie verzichten und werde auf diese Weise mir einige für meine Pflanzkübel aussähen.
Ich warte auf Michael, er soll zu uns kommen, um sich die Sache mit den von Ameisen zerfressenen Balken ansehen. Ich hoffe, er kann uns helfen und gemeinsam mit Jürgen den Schaden beheben. Jürgen versteht wie ich etwas vom Bau, so sehen wir die ganze Sache etwas entspannter als am ersten Tag. Sicher wird es viel Arbeit und ein größerer Aufwand sein, doch denken wir es zu meistern. Jürgen hat früher Kirchensanierungen durchgeführt und ich bin mit Stechbeitel und Hobel groß geworden.
Nachdem wir die Dämmung auch in den Balkenecken entfernt hatten, kamen Holznägel zum Vorschein, sogleich erwachten Erinnerungen an meine Kindheit. Ich kann nicht sagen, wie viele, aber es müssen hunderte von Holznägel gewesen sein, die ich geschnitzt habe, um meinem Vater Arbeit abzunehmen. Wenn er Dachstühle baute, wurden diese Nägel in Massen gebraucht und weil mein Vater im 4-Schichtsystem im Stahl- und Walzwerk Brandenburg arbeitete, blieb nicht viel Zeit, um die Nägel anzufertigen. Wenn ich sah, dass die Anzahl der Nägel in den Kartons abnahm, machte ich mich an die Arbeit. Es waren, glaube ich, drei Größen, die ständig gebraucht wurden, und aus verschiedenen Holzarten. Unzählige Abende saß ich in der kleinen Werkstatt, die Papa im Holzschuppen eingerichtet hatte, und schnitzte. Dort hatte ich meine Ruhe und wurde nicht gestört, denn weder meine Schwester noch meine Mutter waren je in dieser Idylle, in der ich mich wohlfühlte. Dieses Reich gehörte nur meinem Papa und mir. Wenn ich traurig war und mich gerade wieder vor meiner Schwester verstecken wollte, weil sie irgendwelche Boshaftigkeiten plante, ging ich dort hin und freute mich auf den Feierabend von Papa und auf die Zeit, die wir zwei dann dort verbrachten. Der Geruch von Harz, Leim und Firnis steigt mir gerade in die Nase und ich muss lächeln.
11.2.2015
Da halte ich etwa 100 Jahre Geschichte dieses Hauses in der Hand. Der Gedanke kam mir in dem Moment, als ich das Stück Tapete, das aus unzähligen Lagen besteht, nachdem ich es von der Wand abgerissen hatte, wegwerfen wollte. An mir liefen Bilder von Gemütlichkeit und Geborgenheit vorbei. Dieses Zimmer, obwohl ein sehr kleines Zimmer, war für die Bewohner ein Raum, in dem sie sich wohfühlten. Die Tapetenmuster sind groß, mit kräftigen Farben, was wir nie in so kleinen Räumen an die Wand bringen würden, doch die Schweden lieben auffallende Wanddekoration. Auch ich finde Gefallen daran und kann mir die Räume so richtig vorstellen, wie sie einst aussahen mit den alten Möbeln, Kronleuchtern und dem vielen Schnickschnack überall. Ganz und gar meine Welt, denn ich mag es nicht steril und unbewohnt, es muss zu sehen sein, dass jemand dort lebt. Zwar aufgeräumt, aber nicht in Reihe und Glied die Einrichtung ausgerichtet ist.
Weiter mit meinem Bericht über unsere Fortschritte im künftigen Bad. Jürgen kam, um mir zu helfen. Er sagte, er könne das gar nicht mit ansehen, was ich da mache. Natürlich habe ich mich gefreut, dass ich nicht mehr alleine vor diesem Chaos stehe. Gemeinsam macht es doch auch viel mehr Spaß. Während sich Jürgen mit der Dämmpappe beschäftigte, konnte ich die Feinarbeiten beginnen, die Reste des grauen Papiers abfummeln und Nägel, die sich in der Wand zu tausenden befinden, heraus ziehen, die Verkleidung der Decke herunter reißen und beim Anblick dessen, was sich darunter befindet, einen Ausbruch von Freude haben, imGegensatz zu Jürgen. Warum? Unter der mehrfach gestrichenen Deckentapete, also auch so etwas wie Pappe, kamen richtige Bretter zum Vorschein, gestrichen und gut erhalten. Gedanklich sah ich sie schon in Antik-Weiß gestrichen. Na ja, eben gedanklich. Jürgen sah hoch und sagte: “Boah, da steckt aber auch Arbeit drin!“ Darauf ich: „Warum, sieht doch gut aus. Farbe habe ich schon gekauft. Wenn die drauf kommt ist es doch schick.“ Jürgens Gesicht sprach Bände und machte meinen Glauben zunichte. Das heißt also: abschleifen, die Fugen mit Silikon abdichten und erst dann die Farbe darauf. Und wenn schon: ist doch fast wie meine Idee, dauert nur etwas länger in der Umsetzung.
Am Nachmittag kam Ilona rüber, denn beim gestrigen Einkauf hatten wir leckeres Päron- und Rum-Eis gekauft, das ja vernascht werden will. Sie kam gegen 14.00 Uhr, und Jürgen konnte danach seinen Lauf machen.
Joel kam zu mir auf unsere „Baustelle“, er half mir, Nägel aus der Decke zu ziehen. Da sie aber sehr tief im Holz sitzen, verlor er bald den Spaß an der Arbeit und fragte, ob ich nicht noch was anderes zu tun hätte. Daran sollte es nicht scheitern. Wir machten uns an die Verkleidung der Tür, ich habe ja schon geschrieben, dass ich die alte Tür wieder zum Vorschein bringen möchte. Die Klinkenblende wollte nicht weichen, doch nach einer Weile gelang es uns und dann war auch bald die dünne Holzplatte runter. Jjuhu! die alte Tür ist nicht einmal beschädigt, Farbe drauf und sie ist ein Schmuckstück. Die andere Seite war auch schnell von Metall und Platte befreit, Farbe geholt und zumindest schon mal vorgestrichen, morgen geht’s weiter.
11.2.2015
Wie sagt man so schön: „Ein Ärger kommt selten allein“, so auch bei uns. Will es mal nicht direkt als Ärger bezeichnen, aber Schreck, Schock und neue Aufgabe sind sicher die richtige Bezeichnung.
Es begann damit, dass ich mit den Vorbereitungen für den Bad-Einbau begann. Ich suchte mir das nötige Handwerkzeug zusammen, ja richtig, ich suchte, denn eigentlich liegt alles am gewohnten Platz, doch ich weiß nicht wer, aber einer hatte den Hammer dahin gelegt, wo man ihn nie suchen würde. Nachdem Jürgen den Hammer gefunden hatte, konnte es losgehen.
Die vielen Nägel in den Wänden mussten raus und los ging es. Die Isolierung, eine Art Dämmpappe, kann nicht an der Wand bleiben, und ich begann sie abzureißen. Schon nach kurzer Zeit glaubte ich meinen Augen nicht. Ganz feine Späne rieselten zu Boden, und als die unterste Schicht aus grauem Papier ab war, kam der Schock. Das Haus ist ein Blockbohlenhaus, das später mit Brettern außen und mit dieser Isolierung innen versehen wurde. An der Giebelwand sind die unteren Balken total von Ameisen zerfressen, die Balken sind wie Papyrus, sie sind hohl und wenn man sie etwas andrückt, zerbrechen sie. Der Schreck hat gesessen. Ich machte Fotos und setzte mich mit dem Eigentümer in Verbindung, wir brauchen eine Lösung. Ich liebe dieses Haus, habe schon so viel Liebe und Zeit zusammen mit Jürgen investiert, um es in die alte Zeit zurück zu versetzen. Ich meine damit, es soll wieder die Atmosphäre aus den Jahren um 1929 bekommen. Die Zimmerdecken werden wieder so aufgebaut wie sie zu dieser Zeit. Die Deckenbohlen sind zu erkennen, an den Wänden sind einzelne Kassetten mit Ornamenten und Bildern. Die Türen wurden vor vielen Jahren mit dünnen Holzplatten versehen, die wir abnehmen und die alte Malereien an den Verzierungen wieder anbringen.
Ich bekam die Info, dass meine Sorge wegen den baulichen Maßnahmen, die ja jetzt notwendig sind, zwar begründet ist, doch durch eine bestehende Versicherung abgedeckt sei. Mann, war ich froh, das zu hören, weil eine solche finanzielle Belastung im Moment sehr unpassend kommen würde. Ich nahm Kontakt zur Versicherung auf, dort bekam ich die Mittteilung, sie übernehmen die Kosten für die Bekämpfung der Ameisen, was sicher sehr aufwendig sein wird, da noch nicht das ganze Ausmaß zu erkennen ist. Es wird ein Fachmann kommen und Untersuchungen machen, dann beginnt die Bekämpfung. Wie lange das dauern wird, wissen, wir nicht, denn im Moment ist es nicht möglich, da die Insekten noch im Winterschlaf sind und die Krabbelei von tausenden Ameisen noch etwas auf sich warten lässt.
Für die Sanierung der Balken müssen wir selbst aufkommen, aus diesem Grund hole ich jetzt Kostenvoranschläge ein, denn diese Arbeiten kann nicht jeder Handwerker. Weil es sich um die unteren Balken am Haus handelt, muss das von einem Hausbauer gemacht werden, der noch das Handwerk des Blockbohlenhauses versteht. Es gibt einen alten Mann in Äshult, wir hoffen, er kann uns helfen, oder eine Firma in der Nähe von Mönsterås. Na, abwarten und nicht verzweifeln, wir haben schon so viel geschafft, da hauen uns doch die Schandtaten solcher kleinen Krabbeltiere nicht um.
9.1.2015
Eine neue Woche beginnt, Sonnenschein hing bereits am frühen Morgen in den Baumwipfeln, der Tag versprach schön zu werden. Um 9.00 Uhr fuhren wir nach Lämmedal, wo sich das Ferienhaus befindet, in dem Jürgen in den nächsten Wochen arbeiten wird. Wir haben nachgesehen, ob der Winter und die Stürme Schäden hinterlassen haben. Ein Obstbaum auf dem Grundstück ist Opfer des Sturmes geworden. Jürgen wird ihn zerschneiden und die Stücke im Außenhaus einlagern, dort liegt das Brennholz für den Kamin gestapelt.
Auf dem Dach sind 3 Dachsteine gelöst worden und beim Aufprall auf dem Boden zerbrochen. Das wird Jürgens erste Arbeit, um Schäden im Haus zu verhindern.
Dann fuhren wir weiter, um Farben für die Räume und Türen einzukaufen.
Den Eigentümern schickte ich eine Mail mit Fotos vom Haus in der verzauberten Winterlandschaft und dem mit einer Eisdecke überzogenen See, sogar ein Elch wagte die Überquerung ca. 20 Meter vom Ufer entfernt. Die Fährte galt als Beweis.
Der Weg führte durch den verschneiten Wald mit seinen dicht stehenden alten Tannen. Der Schnee lag unberührt und wird noch verharschen, wenn die Temperatur in der kommenden Woche die 10° Marke knacken soll. Doch der nächste Schnee lässt nicht lange auf sich warten, schon zum Wochenbeginn soll wieder die weiße Pracht auf uns nieder rieseln.
Die Sonnenstrahlen fielen durch die Bäume auf den Boden, Glanz, wohin man sah. Wir saugten die Schönheit förmlich auf. Ilona machte viele Fotos, von denen ich mir morgen einige geben lassen werde, das gibt Neues für die Fotogalerie.
Wieder zu Hause angekommen, wurde ich für 10 Minuten noch einmal Kind. Ein Schneemann sollte entstehen, es wurde eine Schneefrau, sicher mit einem kurzen Dasein, die Sonne wird ihre Arbeit tun. Aber schnell ein Foto gemacht und für die Ewigkeit bewahrt.
8.2.1015
Sonntag und Sonne satt. In der Nacht gab es mächtig Sturm, er brachte die Warmfront mit sich, in den nächsten Tagen soll es keine Minusgrade geben. Das heißt, der Schnee wird schmelzen und die vereisten Straßen werden wieder befahrbar. Die Hauptstraßen sind zwar schon jetzt frei, doch die Seitenstraßen haben eine festgefahrene Schneedecke. Weil es gestern taute und in der Nacht die Temperaturen noch einmal unter null fielen, trug am Morgen alles eine Eisschicht.
Gestern bekam ich Gäste, sie waren hier zu einer Bröllopp (Hochzeit). Aus diesem Grund war es ihnen lieb, dass ich ihnen das Frühstück erst zu 11.00 Uhr zubereite, sie wollten gern ausschlafen. Da aber Sonntag ist, trauten sie sich kaum zu fragen, ob es mir recht wäre, wenn sie so spät essen wollten. Natürlich ist auch im Winter der Gast König bei mir und ich gehe auf seine Wünsche ein. Ich machte ein deftiges Frühstück, eher so etwas wie Brunch, worüber sie sich freuten. Sie saßen lange zusammen.
Ich muss am Nachmittag noch einmal ins Gästehaus, wenn die Gäste abgereist sind, um die Zimmer wieder herzurichten. Morgen fällt der Startschuss für den Bau des Bades bei uns, darum möchte ich vorher alle Arbeiten im Gästehaus erledigt haben.
Jürgen beginnt wieder mit seinen Alltjänst-Arbeiten, er hat ein Ferienhaus innen komplett zu streichen und einen Gartenzaun zu bauen. Da die Eigentümer im April zum Osterfest in ihr Ferienhaus wollen, will er schon jetzt beginnen. Die Räume müssen ausgeräumt werden und dann sollen Decke, Wände und Türen einen neuen Anstrich bekommen. Er startet mit den Vorbereitungen, und sobald es das Wetter zulässt, wird er mit den Malerarbeiten beginnen.
Er freut sich auf diesen Job, denn schon im vergangenen Jahr haben wir beide an diesem Haus gearbeitet. Jürgen gab dem Haus einen neuen Außenanstrich und ich verpasste dem Außenhaus ebenfalls das typische Schwedenrot.
Eigentlich waren nur die Fenster geplant, aber den Eigentümern gefiel das neue Gesicht ihres Hauses so gut, dass sie uns weitere Aufträge gaben und jetzt wieder einen Folgeauftrag im Innenbereich. Das Haus liegt direkt am See, man könnte fast vom Fenster aus angeln. Es hat einen eigenen Zugang zum See, in Stein geschlagene Stufen führen direkt in den See hinein. Je nach Höhe des Wasserspiegels erkennt man eine oder zwei Stufen. Nach der Schneeschmelze wird keine der Stufen zu erkennen sein, das Wasser steht dann bis zur Oberkannte des aus Felsen bestehenden Ufers.
Ich beginne morgen, die Pappe von den Holzwänden des Badezimmers zu entfernen. Ich bin gespannt, wie die Holzwände darunter aussehen. Da es ein Feuchtraum wird, ist es nötig, die Pappe abzureißen, denn sonst hält sich darin die Feuchtigkeit und es fängt an zu schimmeln. Dann kann es weiter gehen, das Material ist schon da, sodass es nicht so lange dauern wird, bis man erkennt, was hier entsteht: eine Wohlfühl-Oase. Ich freu mich drauf.
So, nun noch einen Cappuccino und dann ab ins Gästehaus.
3.1.2014
Ganz spontan gemeinsames Frühstück mit Ilona, ohne jegliches Tamtam, einfach und gemütlich. So begannen wir den Tag. Für mich klingelte der Wecker um halb 6, Joel hat wieder Praktika-Woche. Unser Nachbar fährt zur gleichen Zeit zur Arbeit, er nimmt Joel mit. Wieder ein Problem weniger, dafür kommen gleich neue ins Haus, aber heute schreibe ich darüber noch nicht, denn es geht wieder um meinen Ex und da ist diesmal ein absoluter Schlussstrich notwendig. Wie wir diesen ziehen, klären wir in den nächsten Tagen. Folglich erneut Magenschmerzen und Stress. Doch ich habe jetzt einen festen Standpunkt, von dem ich mich nicht mehr abbringen lasse.
Das Gästezimmer für Joel ist zubereitet. Nachdem wir ihn von der Arbeit abgeholt hatten, brachte er seine privaten Sachen hoch und machte es sich gemütlich. Mit ihm schlossen wir das Abkommen, dass er bis zu den Sommerferien bei uns wohnt, in den Sommerferien sich einen Ferienjob sucht und je nachdem, wo dieser ist, entweder bis zum Ende der Ferien hier bleibt oder in eine kleine Wohnung nach Oskarshamn zieht. Denn das ist für ihn günstiger. Finanzielle Unterstützung erhält er über die Kommune, sie hilft Jugendlichen beim Start ins Leben. Das ist so etwas wie Bafög in Deutschland, wobei die Rückzahlung hier erst nach 5-6 Jahren nach Arbeitsaufnahme beginnt, und wenn dann noch ein geringes Einkommen ist, wird der Start der Rückzahlung verschoben.
Solange kann er sich auf das Single-Leben vorbereiten und sich Wissen in Küche und Haushalt aneignen. Er hat sich schon etwas daran gewöhnt, dass jede in einem Haushalt lebende Person Aufgaben hat, die sie erfüllen muss, wenn der Hausfrieden erhalten bleiben soll.
Wir hoffen, er fühlt sich wohl und kann auch mal wieder herzhaft lachen. Denn er ist immer ernst und zieht sich zurück. Mit der lustigen Art von Jürgen locken wir ihn jedoch mehr und mehr aus der Reserve.
Draußen ist es noch winterlich, der angekündigte Schneefall ist in den letzten Tagen ausgeblieben, es ist kalt und der alte Schnee wird dicht und verharscht. Er knackt unter den Füßen und es ist beschwerlich, länger durch ihn zu stapfen. Kreuz und quer durch unseren Garten führen Spuren von Reh und Fuchs, die im Moment nur schwer Futter finden. Das von mir hingelegte ist im Handumdrehen weg.
Neben mir im Kachelofen knistert das Feuer. Die nächsten Tage wird er wohl nicht ausgehen, denn es soll kalt werden. Hoffentlich reichen unsere Holzvorräte, denn sie nehmen sichtlich ab. Wir haben in der Nähe einen Holzhändler, ich denke, wir werden uns noch einmal etwas liefern lassen müssen, es liegen noch einige Monate Winter vor uns.
Im März kommen Freunde aus Deutschland zu Besuch. Ich hoffe, dass sie den Frühling in Schweden begrüßen und die Verwandlung, die hier fast über Nacht vor sich geht, miterleben können. Auch ich freue mich drauf, denn ich brauche neue Energie, die bringt der Frühling mit sich.
Und so wird er dann aussehen:
1.2.2015
Heute habe ich mir so allgemeine Gedanken gemacht..
Zu Beginn meines Wohnwechsels war es richtig spannend. Wie kommt man nach Schweden, was sind die Beweggründe und was gehört zu so einem Schritt? Welche Erwartungen hat man an sich und das Land, das man sich als neue Heimat auserwählt hat? Wie viele Probleme erwarten einen Menschen, der alleine in ein fremdes Land kommt, weder Land noch Leute kennt und – so wie bei mir - aus einem Moment heraus diesen Schritt gegangen ist? Ich kann nur noch einmal sagen, auch hier gibt es Dinge und Voraussetzungen, die man beachten und einhalten muss. Ich brauchte lange, bis ich ein Bleiberecht erhielt. Es war ein Kampf gegen Ämter und auch gegen meinen eigenen Pessimismus, den ich aber nach kurzer Zeit ablegte oder sagen wir lieber: in Kampfesgeist und Optimismus umwandelte.
Auch nach fast 4 Jahren habe ich noch keine einzige Sekunde bereut. Jeder Tag bringt mich weiter. Früher, in Deutschland, stand ich auf der Stelle und fragte mich morgens, wenn ich aus dem Bett gestiegen war und vor dem Spiegel stand: „ Warum und wofür tue ich mir das an?“ Ein trauriges Gesicht schaute mich an und gab mir keine Antwort. Und das ging so, bis ich eines Tages hierher nach Schweden kam und sich in Minuten alles änderte. Wenn ich jetzt in den Spiegel schaue, sagt mir das Gesicht: „Du hast alles richtig gemacht..“ und es lächelt mich an. Was will ich mehr.
Dann begann ich über Ereignisse und von der Historie Schwedens, speziell von Bråbo zu berichten. Gegenwärtig ist das etwas schwierig, mir fehlen die Zeit und auch der Kontakt zu den Menschen, die mir davon erzählen könnten. Aber das wird sich ändern. Ich habe ein Buch von Mårten bekommen, er ist Biologe und schreibt Bücher über die Natur, deren Bäume, Kräuter und Blumen, das Klima und den ungewöhnlichen Geschehnissen am Himmel, die es in unserer Region gibt. Eines seiner Bücher heißt „Dort wo der Wind wendet“, so die Übersetzung. Es berichtet von dem Phänomen, dass hier in Bråbo zwei Klimazonen aufeinander treffen, die der Ostseeküste und die des Landesinneren. Oft ist bei uns das schönste Wetter und 8 km weiter weg stürmt es oder umgekehrt. Mårten und ich werden das Buch ins Deutsche übersetzen und dann einen Verlag in Deutschland suchen, so dass es auch dort erhältlich sein wird. Für jeden Naturliebhaber interessant. Ich werde mal an einem anderen Tag ein paar Auszüge daraus nieder schreiben und auch einige Fotos daraus einfügen. Mårten ist damit einverstanden.
Am Nachmittag waren wir bei Ilona zum Kaffee, sie hatte keinen Kuchen, es gab gekaufte Kekse, die uns auf ein Gesprächsthema brachten, über das eigentlich nur Ilona und ich hätten reden können. Joel war dabei, er trinkt keinen Kaffee, und somit bekam er auf Wunsch Milch. Ilona erzählte, dass sie als Jugendliche auch keinen Kaffee getrunken habe, erst später als sie zu arbeiten begann.
Ich habe schon als Kind „Malzkaffee“ getrunken, sagte ich, und da kam ein spontanes „Iii“ von Ilona und von Jürgen „Wat is dat?“. Ich begann eine Erklärung und auch noch von unserer „Im-Nu“-Kaffee zu reden. Für einen Wessi schwer zu verstehen und somit kam ich in Erklärungsnot Jürgen gegenüber. Er konnte damit gar nichts anfangen und schnell wechselten wir das Thema.
Als ich Jürgen das gerade Geschriebene vorlas, ging die Diskussion von vorne los, er wollte eine genauere Beschreibung. Was ist „Im-Nu“- Kaffee?
Also bitte, das ist er: Kein Kaffeeersatz, kein Getreidekaffee, sondern ein Instand-Getränk. Schon kommt ein Worteinwurf von Jürgen: „Also Kako-Kaffee.“
Genau. „Im-Nu“ und „Kako“ sind Geschwister. Seine Oma im Westen benutzte die gleiche Bezeichnung wie wir im Osten: „Muckefuck“.
31.1.2015
Samstag, der letzte Tag des ersten Monats vom Jahre 2015, ist fast vorbei. Die dicken Schneewolken am Himmel lassen es heute schon um 15.00 dunkel werden. Gestern, als wir um 17.00 Uhr nach Hause kamen, war es noch hell, man merkt die Tage werden wieder länger. Heute soll weiterer Schneefall kommen und der dick behängte Himmel weist darauf hin, dass es wohl gleich losgeht. Als ich heue Morgen aufstand und mein Blick aus dem Fenster auf eine Landschaft aus Schlagsahne fiel, war ich begeistert. Dicke Sahnehauben auf jedem Ast, war er auch noch so klein. Der Schnee ist schwer und die dünnen Ästchen drohten unter dieser Last zu brechen. Ein paar Spuren durch die weiße Pracht verrieten, dass unsere Besucher wieder da waren, Reh und Fuchs streiften in der Nacht durch den Garten. Da Jürgen gestern Abend den Weg vom Haus zur Gartenpforte vom Schnee geräumt hatte, war dort die Decke nicht ganz so dick, dies machte sich mein Kater zu Nutze und seine kleinen Pfoten stapften bis zur Haustür, um nachzusehen, ob das eventuell etwas zu naschen steht. Aber ich stelle im Moment nichts hin, um den Fuchs nicht jede Nacht als Besucher zu haben, denn Emma schlägt dann sofort an und ich muss dann zu ihr, um sie zu beruhigen. Im Gegensatz zu den Begegnungen mit den Rehen, die in aller Ruhe dicht an ihrem Zwinger vorbei gehen und sich Äpfel und Gemüse holen können, das ich für sie in den Garten gelegt habe.
Frühstück und Mittagessen hatten wir gestern Abend kurz entschlossen wieder zu einem Brunch zusammen gelegt. Mit Ilona haben wir uns um 10.30 bei uns verabredet, Joel und ich haben alles dafür vorbereitet, Joels erste Rolle als Gastgeber lief ganz gut. Essen war gut und er gab sich auch Mühe, an alles zu denken. Morgen gibt es „Falschen Hasen“, er ist schon vorbereitet und brutzelt in der Backröhre unserer Küchenhexe. Kartoffeln und Rosenkohl werden das Gericht vervollständigen.
Morgen werden wir Joel im Gästezimmer einquartieren und wir können dann beginnen, das Bad zu bauen. Das Wetter gibt uns die nötige Zeit dazu. Ich freu mich riesig darauf, endlich ein Bad zu haben, wenn ich es auch erst ab Sommer nutzen kann, dann ist die Außenanlage fertig.
Jetzt werde ich die Nähmaschine hervor holen und Ilonas Gardinen nähen und für unser Esszimmer aus einem Stück zart bedrucktem Nesselstoff zwei Vorhänge. Bloß gut, dass ich als Kind den Umgang mit der Nähmaschine gelernt habe. In der Schule gab es einen Nähzirkel, ich lernte Häkeln, Stricken, Sticken und Stopfen, was heute ja kein Mensch mehr macht. Das Nähen mit Nadel und Nähmaschine half mir, viele Kleidung für meine Kinder und mich zu schneidern. Sollte man eigentlich beibehalten, doch die Zeit und die Lust lassen es auf der Strecke bleiben. Aber die Maschine wird oft eingesetzt, Gardinen, Kissen, Vorhänge und Tischdecken kommen meist aus meiner Nähstube. In einer kleinen Kammer in unseren Heim habe ich ganz viele Stoffreste. Ich denke, ich werde mich auch mal in die schwedische Handarbeitswelt begeben. Auf den Märkten, die ich besuchte, waren oft Stände mit selbstgefertigten Dingen, wunderschön und zweckmäßig. Warum sollte ich diese Kunst nicht zu erlernen versuchen, um mich und andere damit zu erfreuen. Selbstgebastelte Mitbringsel sind immer willkommen bei Besuchen bei Freunden. Sie sind etwas Persönliches und haben etwas Herzliches.
30.1.2015
Treffpunkt heute, 9.00Uhr, bei Ilona. Jürgen und ich haben eine Fahrt mit Ilona unternommen.
Nachdem Joel zur Schule gefahren ist, haben Jürgen und ich unseren Morgen mit einem Pott Kaffee begonnen, Hunger hatte ich keinen, Jürgen aß im Stehen eine Scheibe Toast und los ging es. Ilona war bereits startklar, über Nacht hatte es wieder geschneit und eine 5 cm dicke Decke aus Eiskristallen bedeckte Erde, Dächer und Bäume. Für die nächsten Tage ist weiterer Schneefall angekündigt, da werden wohl Schneeschieber und Besen im Dauereinsatz sein.
So, nun aber weiter zum heutigen Tag. Nachdem wir Ilona „eingeladen“ hatten, ging es in Richtung Hultsfred, zur Bank, und dann ein kurzer Bummel durch die zur Zeit ihren Winterschlussverkauf durchführenden Geschäfte. Wir fuhren vorbei an einem kleinen Wasserfall durch die verschneit Landschaft nach Högsby. Dort hatten wir einen Banktermin und uns mit Joel verabredet. Er wollte uns anrufen, wann er dort mit dem Zug aus Oskarshamn ankommt, was auch geschah. Es war noch viel Zeit, somit beschlossen wir essen zu gehen, es war reichhaltig und lecker. Jeweils ein riesiger Gyrosteller für Jürgen und mich, Ilona bestellte sich Pommes mit Schnitzel und Salat, auch sie war zufrieden.
Neben dem Restaurant gibt es ein interessantes Geschäft, in dem gebrauchte Ware verkauft wird, der Erlös kommt Behinderten zu gute, wir kämpften uns durch die Regale. Ilona kaufte sich eine Gardine für die Küche, die mir aufgefallen war. Als ich sie in der Hand hielt, kannte ich sofort das Fenster, wo sie gut hängen würde – an Ilonas Küchenfenster. Ich fand eine Spitzentischdecke aus Großmutters Zeiten, für nur 5 Kronen, also ca. 50 Cent.
Meine „Oma-Decke“, so nenne ich sie einfach mal, wird im Sommer zum Einsatz kommen, wenn die Gartenmöbel auf dem Rasen stehen und wir in gemütlicher Runde die Sommerabende genießen.
Weiter ging es nach Ruda. Joel musste noch einige seiner Sachen aus dem Haus holen, in dem er bis vor zwei Wochen gewohnt hatte. Seine Post geht noch dort hin, er erwartete einen Brief, den fand er auch im Briefkasten. Seit etwa 2 Stunden fielen riesige Flocken und die Straßen waren tief verschneit. Weiter ging es nach Fliseryd, dort machten wir den Einkauf für unseren morgigen Tag.
Den Einkaufszettel abgearbeitet, ging es jetzt Richtung Bråbo durch den romantischen Winterwald, vorbei am „Mia-Stein“. Diesen Namen trägt der Fels am Wegesrand seit meinem ersten Besuch hier in Schweden, denn als wir durch den Wald fuhren, auf einem Weg, der im Jahre 1635 als Postkutschenweg (hunderte Kilometer von Poststation zu Poststation) genutzt wurde, hielten wir an. Michi und Mia kletterten hinauf und nahmen auf ihm Platz, ich machte ein Erinnerungsfoto. Damals wusste ich noch nicht, dass ich einmal fast täglich diesen Fels wieder sehen würde.
Schwer beladen mit der weißen Pracht standen heute Tanne und Fichte, Birke und Eiche da. Wir wussten gar nicht, wo wir zuerst hin schauen sollten, diese Schönheit fesselte uns alle vier, Jürgen stoppte am Stein und ich konnte zum zweiten Mal Fotos machen, um sie euch hier zu präsentieren.
Zu Hause angekommen hieß es dann Schneeschieben. Es schneit und schneit, Flocken so groß und dicht, dass man glauben könnte, Frau Holles Federbett wird direkt über uns ausgeschüttelt. Mal sehen, ob das die ganze Nacht geschieht.
Herzlichen Dank an unsere Natur für solche Momente….
29.1.2015
Fenster geputzt, Gardinen gewaschen und gebügelt, Büro sauber gemacht und im Restaurant neu dekoriert. Das stand auf dem Plan und war am Mittag erledigt. Hatte ja auch tolle Helfer, Ilona und Jürgen, und so war die Arbeit schnell getan. Wollte die Butike noch umräumen, aber das war mir dann doch zu viel, und ich denke, die Arbeit rennt mir nicht weg. Da in der Winterzeit die Butike wenig besucht wird, ist es wichtig, dass zumindest die Produkte aufgefüllt werden, aber die Umgestaltung hat noch Zeit. Ich will in der kommenden Saison noch andere Produkte mit aufnehmen, von Produzenten aus der Umgebung.
Zum Beispiel ist hier in der Nähe ein Farmer, der aus Holland hierher kam. Er baut Weißkohl an und macht daraus verschiedene Produkte, angefangen mit Sauerkraut, das wir überhaupt nicht mit dem deutschen vergleichen können. Es ist bedeutend weicher und auch nicht richtig sauer, eher süß. Dann fertigt er auch verschiedene Salate und Säfte in Kombination mit Weißkohl. Ich habe vor, in nahe liegender Zeit einmal einen Besuch dort zu machen und mich durch die ganze Palette durchzukosten.
Ein Mitglied bei uns im BEF züchtet seit einiger Zeit Pilze -Austernseitlinge-. Werde sie in meinen Speiseplan aufnehmen, wenn ich das Restaurant weiter führe, trage mich aber mit dem Gedanken, mein Konzept zu ändern. In der Woche am Nachmittag das Café öffnen und am Wochenende Wein- und Bierabende, dazu Musikabende organisieren, Bücherlesungen und andere Vorträge anbieten. Nach Anmeldung kann ich dann meine Arbeiten anders einteilen und vor allem, wenn nötig, Hilfe ordern, so dass ich nicht alleine dastehe und mir selbst den Boden unter den Füßen wegziehe. Mein Zusammenbruch vor Wochen hat mich eines Besseren belehrt. und ich stecke meine Ziele um einiges tiefer. Ich habe heute mit Jürgen schon besprochen, dass wir wieder mehr unternehmen, was dann in der Woche nach Feierabend um 17.00 Uhr durchaus machbar ist, der ist der Abend noch lang und wir können ihn genießen.
Feierabend, den werden wir jetzt auch beginnen. Ich habe Abendessen auf dem Herd: „Texaspfanne“, aber nicht aus der Tüte, sondern alles selbst zusammen geworfen.. Sieht schon mal gut aus. Wenn es auch so schmeckt, ist es gelungen. Joel ist gerade mit seinem Einkaufszettel beschäftigt, er ist am Samstag Gastgeber mit Frühstück und Mittagessen, das er selbst zubereiten wird. Ich werde ihm zur Seite stehen und auf Wunsch mit einem Rat beispringen, aber die Arbeit ist seine. Ich will ihn einfach auf sein Leben allein vorbereiten, und gehe es mit großen Schritten an.
28.1.2015
Wir sitzen gemeinsam mit Ilona bei uns im Wohnzimmer und haben Kaffee getrunken. Jürgen und Ilona richten gerade einen kleinen Laptop ein, denn seiner hat den Geist aufgegeben. Das hat nun auch noch gefehlt, na ist nicht zu ändern.
Heute Morgen haben wir uns bei Ilona um 9.00 Uhr zum Frühstück getroffen, es war gemütlich und ein schöner Start in den Tag. Ich bin dann ins BEF gegangen und habe dort einige Arbeiten im Gästehaus erledigt. Joel hatte heute schulfrei und half Ilona bei einigen Sachen: Feuerholz machen und reinholen, Kleinmöbel weiß streichen und einfach mal über dies und jenes reden. Tat ihm sicher gut, denn mir erzählt er auch nicht alles und Redebedarf besteht sicher, nach dem Desaster mit seinem Vater. Joel hat sich nämlich leider viele (Un)Eigenarten von ihm angenommen, die hier nicht gern gesehen sind. Egal ob es der Ton oder seine Einstellung zu verschiedenen Dingen sind. Ich lasse ihm noch etwas Zeit, dann aber ist die Schonzeit zu Ende und das wahre Leben hat ihn wieder.
Auf dem Speiseplan bei Ilona steht heute Hähnchenbrust, Kartoffeln und Rosenkohl. Pünktlich um 13.00 Uhr saß ich bei ihr am Mittagstisch, Joel war auch noch da und Jürgen unterwegs, denn er hatte sich nach dem Frühstück wieder auf den Weg gemacht, eine Runde zu laufen. Es wurde eine große Runde von 40 km. Die Straßen sind stellenweise noch stark vereist und der geschmolzene Schnee liegt , von Autos zusammengefahren, hügelig darauf. Also sicher nicht die besten Voraussetzungen für einen gefahrenlosen Lauf. Nach Stunden kam er heil zurück, ich war erleichtert.
Bei seiner letzten Runde durch unseren Wald vor Tagen lag noch Schnee und eine Spur kreuzte seinen Weg. Er ging zurück und machte ein Foto davon. Sollte ihm dieser Bewohner des Waldes begegnen, würde ihm wohl etwas mulmig werden. Er hat mal seinen Fuß neben die Fährte des Königs unserer Wälder gestellt, um die Größe zu zeigen. Jürgen hat Schuhgröße 46. Respekt vor dem Tier.
27.1.2015
Die Farbe ist trocken und das erste Bild nach langer Zeit fertig. Fast ein Jahr blieben Farbe und Pinsel im Schrank, die Leinwände weiß, weil die Lust am Malen fehlte. Nun, da das Chaos in meinem Kopf groß ist, versuche ich, etwas aufzuräumen, und wie früher greife ich zur Staffelei und zur Farbe.
Im Gegensatz zu sonst malte ich in Schwarz-Weiß, das heißt nur in Schwarz. Da ich so eine Idee habe, wie das Bad aussehen soll, nämlich weiße Holzwände und weiß gestrichene alte Möbel sowie eine weiße Eckbadewanne, kommt auch das Bild so zur Geltung. Als Rahmen werde ich mir etwas Astrid-Typisches einfallen lassen, hab auch schon so eine Idee. Auf einen alten Tisch, natürlich in Weiß, wird das Waschbecken montiert, darüber ein Schrankaufbau aus Urgroßmutters Zeiten, gleichfalls in Weiß. Roter Fußbodenbelag bildet den Kontrast. Mit so einem Bad hoffe ich auf eine Oase der Entspannung.
Im Moment wohnt Joel noch in diesem Raum, aber da er sicher länger bei uns sein wird, werden wir ihm das Gästezimmer einrichten. So hat er sein Rückzugsgebiet und die Arbeit am Bad kann losgehen. Da die Außenanlage noch nicht fertig ist, können wir es nicht anschließen, doch alles dafür vorbereiten. Und wenn im Frühjahr die Sammelgrube eingesetzt wird, werden Wanne und WC angeschlossen. Langsam wird es Zeit, dass das Bioklo in den Ruhestand treten kann.
Heute war ich in Oskarshamn bei der Försökningskassa, da muss man sich melden, wenn man länger krank ist und kein Geld verdient. Da ich selbständig bin und eine Teilanstellung im BEF habe, muss ich eine Bilanz meines Unternehmens sowie einen Einkommensnachweis abgeben, dann wird über eine Zahlung von Krankengeld entschieden. Über Höhe und Dauer habe ich keinen blassen Schimmer, die Berechnung erfolgt in der Kasse. Ich finde, dass dies eine gute Regelung ist, eshilft dir, die Zeit zu überbrücken, bis du wieder Geld verdienen kannst. Ich bin sicher, es wird nicht viel sein, aber lieber wenig als gar nichts.
Ilona
war mit mir, denn da sie Rentnerin ist, musste sie einen Antrag auf Personennummer und Aufenthaltsrecht stellen. Sie kann noch nicht Schwedisch, darum begleite ich sie bei ihren Ämtergängen, und
außerdem weiß ich, was sie alles braucht, ich musste schließlich viermal diesen Antrag einreichen, bis ich die Personennummer bekam. Ilona wird diese lange und aufreibende Bürokratie nicht
durchlaufen müssen, sie ist Pensionärin und somit auf der sicheren Seite des Lebens, zumindest was das Einkommen angeht.
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26.1.2015
Freu, freu, freu…
Gerade habe ich eine Mail bekommen aus Deutschland von meinen Freunden, na eigentlich von ihrer Tochter. Als ich das letzte Mal in Deutschland ein paar Tage bei Wollis war, sprachen wir auch noch einmal über einen Besuch von ihnen bei mir in Schweden. Denn ich weiß, dass sie meine neue Heimat genau so lieben werden wie ich. Es war und ist mir sehr wichtig, dass sie wissen, wie und wo ich lebe, denn sie sind nicht nur meine Freunde, sondern auch so etwas wie meine Familie, die ich nie hatte. Ich hatte zwar einen lieben Papa, den ich über alles liebte, wenn wir auch nicht immer der gleichen Meinung waren, aber gerade das hat unsere besondere Beziehung zueinander ausgemacht. Er brachte mir so viel bei und ich habe ihn in schwierigen Situationen gedanklich oft bei mir, oft rede ich über Geschichten aus unserer gemeinsamen Zeit. Dazu gehört auch die Zeit, in der ich Günter kennen lernte, ich war 5 Jahre alt. Mein Papa war Zimmermann und baute für die Bauern in unserer Umgebung große Scheunen und Stallungen. Die Bauarbeiten aus Holz waren sein Part, für die Maurerarbeiten hatte er eine Truppe, die im Stahl- und Walzwerk Brandenburg mit ihm in einer Schicht am Schmelzofen standen. Zu Günter hatte ich von Anfang an ein besonderes Verhältnis.
Es gab dann ein Foto von Günter und mir im Alter von 5 Jahren, ich saß auf seinem Schoß.
Dieses Foto sollte für Aufregung sorgen. Günter heiratete und das Foto trug er in seiner Brieftasche immer mit sich rum. Eines Tages fand seine Frau es und glaubte natürlich an ein Kind, das bei der Mutter auf wuchs. Er beschloss eines Tages, mit ihr den Weg zu uns nach Hause zu machen, ich war gerade 20 Jahre alt und Michi war geboren ich stand auf dem Hof und hängte Wäsche auf, Mullwindeln, die damals noch der Babyhygiene galten. Die Hoftür ging auf und Günter kam auf den Hof und ich erkannte ihn sofort. Ich rannte auf ihn zu und rief seinen Namen, ich fiel ihm um den Hals, es rannen Freudentränen. Sie sagte: „Hab ich es doch gewusst, sie ist deine Tochter!“ Ich schaute sie erschrocken an und erklärte, dass dies nicht so sei. Um die Situation aufzulösen, rief ich meine Mutter, sie kam auch gleich um die Ecke. Als sie dann bei uns stand und ihre ach so freundliche Art an den Tag legte, war es allen klar. Sie ist zwar meine Mutter, doch Günter nicht der Vater. Nach dieser Begegnung mussten wir herzhaft über den Verdacht lachen und es entstand eine so liebe und herzliche Freundschaft, wie man sie sich nur wünschen kann. Mit den Jahren wurden die beiden auch zwei wichtige Menschen für mich, die in schwierigen Situationen für mich da waren, zu denen ich konnte, wenn ich jemanden zum Reden brauchte und vor allem, die verstanden, dass mein gesamtes Leben ein einziger Trauerpfad war. War ich bei ihnen, konnte ich alles vergessen und herzhaft lachen, mit ihnen erlebte ich viele schöne Dinge und egal, wann immer ich zu ihnen komme, ich werde mit offenen Armen empfangen.
Nun kommen sie zu mir, in mein schönes Schweden, ich freue mich riesig, auch sie mit offenen Armen am Flughafen in die Arme nehmen zu können.
25.1.2015
Sonne satt, da macht der heutige Tag seinem Namen alle Ehre. Bereits am frühen Morgen hatten wir einen wunderschönen Sonnenaufgang, und schaut man aus dem Fenster, bekommt man Lust auf einen Spaziergang durch den winterlichen Wald. In den schneebehängten Tannen fangen sich die Sonnenstrahlen und bringen sie zum Glänzen, an den Birken mit ihren feinen Zweigen hängen Schneewolken wie Tausende von Wattebällchen, die in mühevoller Arbeit angebracht wurden. Das vor einigen Wochen sprießende Grün der Blaubeeren ist mit einem Teppich aus Schnee und Eis bedeckt und wird so vor der Nachtkälte geschützt. Die vergangene Nacht war nicht so kalt wie die letzten zwei, bei denen wir Temperaturen von ca. -11° hatten.
Heute Nachmittag haben wir im BEF ein Meeting des Vorstandes, es wird über den weiteren Weg gesprochen und das letzte Jahr ausgewertet. Wenn wir uns treffen, gibt es natürlich auch eine Kleinigkeit zu essen. Heute werde ich Waffeln mit Apfelmus sowie Kaffee anbieten. Da es mir immer noch nicht besser geht, bin ich nicht in der Lage, etwas mit großem Aufwand zu machen.
Ich denke aber, sie sind trotzdem zufrieden.
Mittagkochen war heute mein Part. Es gab Lachs, Kartoffeln und Porree-Gemüse, wir sind gerade fertig geworden mit dem Essen. Ilona war hier und hat sich nach einer Tasse Cappuccino wieder auf den Heimweg gemacht. Ich mache nun noch eine halbe Stunde Pause und dann ab ins BEF. Meeting vorbereiten. Jürgen kommt mit, um mir zu helfen, an der Versammlung werde ich nicht teilnehmen. Ich mache mich gleich wieder nach Hause, wenn ich die Waffeln auf dem Tisch habe und pack mich wieder aufs Sofa, denn: „Ich habe Bock auf Nichts…“
24.1.2015
Samstag, es ist 10.00Uhr, und ich bin gerade aus dem Bett gekrabbelt. Tja, mich hat nun auch eine Erkältung erwischt, als ob die anderen gesundheitlichen Wehwehchen nicht genügen. Gestern verbrachte ich fast den ganzen Tag im Bett bzw. auf dem Sofa. Alles, was ich begann, dauerte mir einfach zu lange und ich habe beschlossen, eben nix zu tun. Das einzige, was ich fertig bekam, war der angekündigte Kuchen (Bienenstich) aus Mandeln. Da gibt es verschiedene Varianten: Mandelstifte, gemahlene oder gehackte Mandeln, manche machen das auch mit Kokosraspel. Da ist der Phantasie keine Grenze gesetzt. Ich habe ihn nach einem alten Rezept meiner Oma gebacken und ich denke er ist gelungen, denn zum Kaffee war es am Tisch ganz still und die Teller waren leer, ich glaube das als positive Signale deuten zu können.
Die Nacht war unruhig und ich bin immer noch wie gerädert. Gerade rief Ilona an und wollte wissen, wann wir essen wollen. „Halb eins“, war meine Antwort, ich hoffe bloß, meine Knochen so weit in meiner Gewalt zu haben, dass wir rüber gehen können.
Hier liegt noch Schnee, in der vergangenen Nacht waren es um die -11°, der Boden knackt unter den Schritten. Stellenweise ist es sehr glatt und Jürgen sagt gerade, dass er laufen will, ich hoffe, er kommt heil zurück. Er will eine große Runde laufen, so rund 30 Kilometer, ich wäre für 10 Kilometer, aber das legt er fest. Muss mir aber sagen, wo er lang läuft und wie lange es etwa dauert, sodass ich im Notfall die Strecke abfahren kann, wenn er nicht in dieser Zeit zurück ist und sich auch nicht gemeldet hat.
Jetzt noch was in eigener Sache oder genauer der meiner Tochter. Ich habe ja bereits geschrieben, dass sie in Trennung lebt und hier drei Häuser hat mit ihrem Mann zusammen. Da er sich total aus diesem Bereich herausgezogen hat und sie somit alleine dasteht, möchte sie diese verkaufen. Liebevoll her gerichtet Häuser für wenig Geld, das hört sich doch gut an. Also, wer Interesse hat oder jemanden kennt, der ein Häuschen in Schweden sucht, egal ob als Ferienhaus oder für permanentes Wohnen, der wende sich vertrauensvoll an mich: schwedenzauber@gmail.com. Ich habe die Vollmacht, dazu Bilder, Angaben über Haus und Grundstück, ich informiere über Ämterwege und helfe bei der Finanzangelegenheit.
22.1.2015 abends
Donnerstagabend, ich bin wieder zu Hause. Ich wurde auf den Kopf gestellt und bin verblüfft, wie ich im Krankenhaus umsorgt wurde, ich will mal sagen: richtig fürsorglich und herzlich. Wenn die ganzen Gerätschaften nicht gewesen wären und mich nervös gemacht hätten, hätte ich die Streicheleinheiten genießen können. Die Auswertung wird in den nächsten Tagen fertig sein und dann muss ich wieder hin. Das heißt: Geduld üben und abwarten.
Als ich nach Oskarshamn fuhr, kam Ilona mit, ich setzte sie in der Immenstadt ab, sie schlenderte durch die Geschäfte, und wir trafen uns nach meinen Untersuchungen dort, gemeinsam machten wir unsere Einkäufe mit einem Abstecher ins Milijöhus, da führt kein Weg dran vorbei, es ist sozusagen ein „Muss“. Fürs Wochenende haben wir wieder gemeinsames Essen eingeplant, Samstag bei Ilona, es gibt gefüllte Paprikaschoten und Sonntag Lachs in Dill-Sahnesauce bei uns. Kuchen ist noch in der Zucker- und Mehltüte, also noch nicht konkret zu benennen. Wird wohl mal Bienenstich werden, den mag Jürgen so gerne, mal sehen.
Als ich Joel heute abgeholt habe, denn sein Kollege hatte einen Termin und konnte ihn nicht nach Hause bringen, war gerade der Schneepflug vor mir hergefahren, die Straße ist jetzt breit und glatt geschoben und am Rande türmen sich die Schneeberge, hinter ihnen stehen die vollbeladenen Fichten, groß und mächtig. Ein Bild zum Träumen, doch sollte man das nicht beim Fahren tun. Hatte Bilder gemacht, während bei der Fahrt, und die sind natürlich nichts geworden, was auch sonst.
Habe noch ein Bild auf dem Hof bei uns gemacht, wenigstens etwas weiß.
Da fällt
mir ein…ich habe wieder begonnen zu malen. Am Wochenende mehr darüber.
22.1.2015
Donnerstagmorgen 7.00 Uhr, bin seit 2 Stunden auf den Beinen und könnte glatt wieder ins Bett gehen, aber die Arbeit wartet, denn ich habe Übernachtungsgäste und muss gleich los, um das Frühstück zu machen und danach habe ich einen Termin im Krankenhaus, es stehen einige Untersuchungen an, um endlich zu klären, was mir meine Kraft nimmt. Nachdem vor zwei Wochen ein Arztbesuch unumgänglich war und ein Rundumcheck angeordnet wurde, hat mich Machek,(so heißt mein Arzt) angerufen und mir mitgeteilt, dass meine Blutwerte dringende Behandlung erfordern und er gerne noch so einige Tests mit mir machen will. Das ist ein Arzt, wie man ihn sich nur wünschen kann. Er ist Kardiologe und auf dem Gebiet sehr gewissenhaft, da kommen nicht die Sprüche: „Wir versuchen da mal…“ oder „Na, das ist altersbedingt.“ Nein, er sucht nach Wegen, um mir sofort zu helfen und holt auch gleich Rat bei anderen Fachärzten ein. Da fühlt man sich doch gut aufgehoben und es geht einem gleich besser.
Mein Sohn ist zur Arbeit. So wie vermutet, bringe ich ihn morgens um 6.00 Uhr zum Bus, es sind etwa 5 Kilometer. Ursprünglich war geplant, dass er mit dem Fahrrad dorthin fährt, da aber die Straßen durch den vielen Schnee glatt und vereist sind, wäre das zu gefährlich. Die Straße führt durch einen Wald und geht bergauf und bergab. Um die Zeit ist es noch dunkel und Autofahrer könnten ihn übersehen. So sind wir Mütter eben, immer auf die Kleinen aufpassen und sicher gehen. Am Nachmittag brauche ich mir diesen Weg nicht zu machen, er wird dann von einem Kollegen aus der LKW-Werkstatt nach Hause gebracht, dieser wohnt 11 Kilometer entfernt und macht gerne den Umweg, so sagt er.
In der nächsten Woche hat er wieder Schule und dann kann er mit dem Bus direkt von Bråbo fahren. Da die Schule erst um halb 9 beginnt, muss er um 7.30 hier los. Wenn ich da an meine Schulzeit denke… Um 10 vor 8 war Unterrichtsbeginn, zuvor aber 18 Kilometer mit dem Fahrrad zur Schule strampeln. Da hatte ich aber schon eine Menge Arbeit hinter mir, Kaninchen (meist 30 Stück) und oft Schweine (14 an der Zahl) füttern. Den Hühnern Körner hingeworfen und dann ab in saubere Klamotten und los zur Schule. Mann, war ich froh, wenn ich den Bus nehmen konnte und nicht noch das Ende strampeln musste. Heute wird losgemault, wenn mal der Mülleimer schreit: „Leer mich aus, leer mich aus, sonst laufe ich über!“ oder die Mutter sagt: „Hilf mal beim Abwasch, deck bitte den Tisch“. Es kommt die Antwort: „Ja gleich“ oder „Mache ich dann noch. “
Gestern kam: „Ich habe Rücken.“ Oh Mann, dazu fallen einem keine Worte ein. Mir zumindest gestern früh nicht, als ich meinen Sohn zur Arbeit bzw. zum Bus bringen wollte. Ich stehe um 5.00 Uhr auf, mache Frühstück und ein Lunchpaket für die Pause auf Arbeit, warte, dass er zum Frühstück an den Tisch kommt und höre dann, nachdem ich noch einmal gerufen habe, diese Antwort. Erst einmal war ich sprachlos (das will bei mir was heißen), dann fragte ich, was los sei, und er jammerte rum, sagte: „Ich fahre heut nicht“ und drehte sich im Bett um. Er wird zwanzig Jahre alt und da kann ich natürlich als Mutter nur machtlos dastehen, aber nach zwei Stunden und Nachdenken über sein Verhalten stellte ich ihn zur Rede. Denn so habe ich ihn nicht erzogen, er war immer pünktlich, ordentlich und fleißig, er stand morgens alleine auf, machte sich Frühstück und ging regelmäßig zur Schule. Nun vergreift er sich im Ton und reagiert gleichgültig und trotzig. Die letzten zwei Jahre haben das zerstört, was ich 18 Jahre meinem Kind beigebracht und gelehrt habe: Achtung einem anderen Menschen gegenüber, Ehrlichkeit in allen Lagen, Pünktlichkeit egal wobei, Sauberkeit an sich selbst, im Zimmer und am Arbeitsplatz und vor allem Freude am Leben. Nun muss ich feststellen, dass all dies Dinge in Vergessenheit geraten sind oder anders vorgelebt wurden.
Ich könnte sagen: „Er ist volljährig, was geht es mich an, es ist sein Leben.“ Aber das kann man als Mutter nicht, ich zumindest nicht. Ich lasse ihn noch etwas Zeit, denn er braucht sie sicher und dann werde ich ihn an sein Leben davor erinnern und fragen ob das nicht schöner war. Auf seine Antwort bin ich gespannt….
21.1.2015
Ein Tag in Weiß ist so gut wie vorbei, es ist bereits dunkel und die Schneemassen lösen sich in Wasser auf, eigentlich schade, aber was will man machen. Jürgen hat aus diesem Grund heute den ganzen Tag die größte Menge an Schnee auf die Wiese nebenan gebracht. Denn wenn wir ihn hätten liegen lassen, wäre eine Fahrt mit dem Auto auf dem durchnässten Weg nicht möglich gewesen. Auf der Wiese richtet es keinen Schaden an und das Gras wird sicher noch grüner und saftiger für unsere muhenden Nachbarn im Frühling.
Gestern habe ich angekündigt, dass ich Bilder von Torbjörns Arbeiten heute einfügen werde. Am Nachmittag kam er zu mir ins Restaurant und wir bauten sein gerade fertig gestelltes Bett auf.
Es
handelt sich dabei um die Kopie eines Bettes aus einem Schiffsgrab in Useberg in Norwegen. Das Grab stammt aus
der Wikingerzeit, darin ein Schiff mit all den Dingen, die zum Leben gehören. Neben einer Kutsche und Pferde wurden wichtige Utensilien für das Leben auf dem Land gefunden. Ebenso ein
Menschenopfer, in diesem Falle eine Bedienstete. Bei der Toten handelt es sich um eine Königin oder eine "Völva" (auf Deutsch: Hexe oder Schamanin.)
Darauf weist der Fund eines Beutels am Ledergürtel hin, der Inhalt war Cannabis. Eine Tatsache, die auf Reichtum schließen lässt.
Im Schiff befanden sich 5 Betten, die geringfügig voneinander abwichen. Um 1932 wurde das Schiffsgrab entdeckt und in aufwendiger Arbeit katalogisiert.
Unser Wikinger hat eines der Betten mit kleinen Abweichungen nachgebaut, mit Leinöl und Lederfarbe behandelt. Die Verzierungen, die aus Drachenköpfen bestehen, wurden tief eingekerbt und farbig dargestellt. Das Bett ist ein Unikat und hat bereits einen Käufer gefunden.
So eine Arbeit kostet ca. 6000 Schwedische Kronen, das sind etwa 640 Euro. Anhänger der Wikingerzeit zahlen das gerne und warte auch mal etwas, bis Torbjörn es fertig gestellt hat.
Aber nicht nur Betten, sondern auch Truhen und Schmuck werden liebevoll und aufwendig von ihm hergestellt. Wenn es Leser gibt, die Interesse an Dingen aus der Wikingerzeit hat, kann gerne mit mir Kontakt aufnehmen (schwedenzauber@gmail.com) und ich sende Bilder seiner bisherigen Werke zu. Er nimmt Bestellungen an und versucht, sie schnell in die fertigen Schmuckstücke zu verwandeln. Ich habe auch eine von ihm gebaute Holztruhe gesehen, solche Holztruhen wurden in der Wikingerzeit für den Transport und die Aufbewahrung von Geld und Wertgegenständen wie Gold und Schmuck verwendet. Schön oder?
20.1. nachmittags
Seit Stunden schneit es ununterbrochen. Wenn es so weiter geht, heißt es, morgen früh eine halbe Stunde früher aufzustehen, also um 5.00 Uhr. Den Weg frei schieben und das Auto aus dem Schneeberg befreien. Sicher werden wir für den Weg auch ein paar Minuten länger brauchen, denn wie heute werde ich auch morgen die erste Spur durch die Schneelandschaft ziehen.
Ich war gerade draußen, die Flocken sind nicht so riesig, aber dafür in großer Menge.
Mitten im Vorgarten haben wir seit dem Sommer einen Maulwurf. Das ganze Jahr über hat er mich in Gang gehalten, um seine Gänge wieder nieder zu treten, denn mitten auf dem Kräuterbeet und später auf dem Rasen hatte er weiter nichts zu tun, als Tunnel zu graben. Seit einer Woche ist er fleißig dabei, Hügel hoch zu schieben. Gestern war auch eine Öffnung am frischen Hügel zu sehen. Eigentlich heißt das: wenn der Maulwurf Hügel schiebt, wird es nicht mehr kalt.
Jetzt, da ich hinausgehe, ist gerade wieder ein neuer Hügel da. Mitten in der weißen Schneepracht ein schwarzer Erdhügel. „Mauli“ trotzt dem Wetter.
Ich habe gestern im Milijöhuset ein Futterhaus für die Vögel gekauft, meines "Marke Eigenbau" ist ja mehr Katzenhaus seit dem letzten Winter. Wenn ich da Futter für unsere gefiederten Freunde platziere, hätten die Katzen leichte Beute. Da ich das natürlich vermeiden möchte, habe ich mich entschieden, eine neue Futterstelle zu errichten. Es sieht zwar nicht so aus, wie ich es mir vorgestellt habe, aber da es nun doch Winter wird und unsere Freunde Futter brauchen, habe ich es gekauft und werde es erst einmal aufstellen, später kann es ja noch meine besondere Note bekommen, Aber ich denke, den kleinen Piepmätzen ist egal, wie ihr Körnertablett aussieht, aber wie sagt man: das ist für die Leute, soll doch gut aussehen. Werde ein Vorher-Nachher Bild machen.
Wir haben uns angewöhnt, im Wechsel mal bei uns, mal bei Ilona zu Mittag zu essen, nicht jeden Tag, aber in der Winterzeit haben wir die Zeit dazu, anders wird es sein, wenn die Saison wieder losgeht.
Mit dem Kaffee oder Cappuccino am Nachmittag machen wir es genauso. Mal mit, mal ohne Kuchen, gestern gab es Pflaumen-Streuselkuchen, in der Backröhre des Küchenofens, das wir neu gesetzt haben. Er hatte zu Winterbeginn seine Arbeitsaufnahme. Morgens ist es das Erste, den Küchenherd anheizen und Brötchen in der Backröhre aufbacken, lecker und anders als vom Toaster.
Die Pflaumen in dem Kuchen, der phantastisch schmeckte, waren aus Deutschland, bei meinem letzten Besuch bei Wollis habe ich diese mitbekommen, ebenso wie Marmelade selbstgekocht und Seife mit Blumen und Kräutern. Die Marmelade erinnert uns somit beim Frühstück an unsere Freunde, und gestern der Kuchen sorgte ebenfalls dafür, dass wir über Erlebnisse mit Wollis gesprochen haben. So auch die Geschichte mit „Frau Doktor Pöschel“. Wollis werden lachen, wenn sie das lesen, ich kann nur sagen, es sorgte für Tränen in den Augen vor Lachen. Morgen werde ich einen Brat-Apfelkuchen backen und auch er wird uns genauso wie beim Pflaumenkuchen mit Vanillesauce lecker schmecken.
Gerade hat Torbjörn, unser Wikinger, angerufen. Er hat ein Bett gebaut nach einer historischen Vorlage aus der Wikingerzeit, er möchte es morgen gerne fotografieren, hat aber nicht den Platz zum Komplettaufbau bei sich. Wir werden es im Restaurant aufstellen und Fotos machen, natürlich auch fürs Tagebuch,… die kommen also morgen.
20.1.2015
Bis vor zwei Wochen hatten wir hier eine Ricke mit zwei Kitzen aus dem vergangenen Jahr.
Eines Abends, es war bereits gegen 23.00Uhr, wir sahen noch fern, da knallte es und das direkt vor unserer Tür. Da ja gerade Silvester war, glaubte Jürgen, da hat einer die letzten Knaller in den Himmel geschickt. Ich sagte aber sofort, das war ein Schuss….
Emma bellte und konnte sich nicht beruhigen. Ich zog mir eine Jacke über und ging vors Haus. Ich glaubte meinen Augen nicht, da steht vor unserem Haus ein Jäger oder was es sein sollte, denn ein Jäger verhält sich so nicht. Auf der anderen Straßenseite sah ich eine weitere Person mit einer Waffe und einer Taschenlampe, der Mann ging suchend hin und her. Ich stellte sofort fest, dass er kontrollierte, ob er das Tier getroffen hatte. Ich kann die Frage beantworten: „Ja er hat.“
Ich ging auf ihn zu und sprach ihn an, denn um diese Zeit und vor allem hier in einem bewohnten Gebiet geht das gar nicht, was er da tat. Da ich selbst Jäger war, weiß ich, dass in Deutschlang dies verboten ist und ich gehe davon aus, dass es hier nicht viel anders ist. Ich kam jedoch nicht dazu, mit ihm zu sprechen, er machte sich eilig davon, ebenso die wartende Person auf der anderen Straßenseite. Nachdem ich Emma beruhigt hatte und wieder ins Haus ging, sprach ich mit Jürgen darüber und wurde immer wütender und dachte sofort an „mein Reh“ vom letzten Jahr, das der Jäger von seinen Hund hetzen ließ, bis er das ermüdete Tier leicht erlegen konnte.
Meine Vermutung war richtig, die Ricke kommt nicht mehr, ihre zwei Kitzen kamen gestern allein. Am Mittag standen beide plötzlich direkt vor unserem Fenster, sie verweilten eine Weile dort, so dass es möglich war, dass Jürgen Fotos machen konnte. Ohne Angst und Eile zogen sie dann weiter auf die Wiese neben uns. Ich hoffe, dass sie ihr Leben noch eine Zeit genießen können, bevor es ebenfalls von einem so eifrigen Jäger beendet wird.
Gestern schrieb ich von Sorge um einen Freund, er heißt Werner und lebt in Deutschland. Wir lernten uns 1989 bei einer Kur kennen. Nicht, dass ihr an einen „Kurschatten“ denkt, nein, er ist homosexuell und hat kein Interesse am weiblichen Geschlecht. Trotzdem ein Mensch, den man richtig gerne haben muss und irgendwie auch liebt. So zumindest ist es bei uns. Er hat eine eigene Firma und ist somit „selbst und ständig“ damit beschäftigt, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Finanzielle Kissen gibt es nicht, im Gegenteil, man hat Verpflichtungen und muss um jeden Cent kämpfen. Was ist, wenn es dann zu einem Ereignis kommt, das dir die Arbeitskraft nimmt?
So geschah es Werner. Im vergangenen Frühjahr, bei Arbeiten an seinem Gartengrundstück (Zaunreparatur) kniete er am Grundstücksrand. Es ist eine Dorfstraße mit wenig Verkehr und einem sehr breiten Rasenstreifen zwischen Straße und privaten Grundstücken. Plötzlich kam ein Auto angerast, am Steuer ein junger Fahrer unter Alkoholeinfluss, und fuhr ihm über beide Beine. Werner wurde schwer verletzt und lag sehr lange Zeit im Krankenhaus, an laufen und arbeiten brauchte er nicht mehr zu denken. Viele Operationen waren nötig, sein Freund, mit dem er seit 4 Jahren zusammen lebte, trennte sich von ihm. Werners Welt brach zusammen, immer öfter sprach er dem Alkohol zu. Ja, sicher, das ist keine Lösung, aber das sagt sich leicht, solange man nicht betroffen ist.
Wenn wir Kontakt zueinander hatten, warf auch ich es ihm vor und bat ihn, damit aufzuhören.
Das versprach er auch, doch eines Tages hörte ich in den Nachrichten, dass sich genau dort, wo Werner wohnt, ein Mann in seinem Alter sich von einer Brücke gestützt hat, direkt auf die Bahngleise vor einen herankommenden Zug – er war sofort tot .
Mir schoss sofort Werner in den Kopf, ich war nicht in der Lage, ihn anzurufen oder eine Mail zu senden, ich hatte Angst vor der Antwort bzw. vor der ausbleibenden. Zum Jahreswechsel nahm ich all meinen Mut zusammen und schickte ein eMail. Im Gegensatz zu sonst, wo er sofort antwortete, kam nichts. Ich wurde immer unruhiger, was auch Jürgen merkte. Er drückte mir das Telefon in die Hand und sagte: „Ruf ihn an, dann hast du endlich Gewissheit.“ Ich tat es. Es klingelte und eine Stimme sagte: „Hallo, Richard hier.“ Mein Herz raste, ich fragte nach Werner und wer er sei. “Ich bin Werners Bruder“, so die Antwort. Ich wollte nicht weiter fragen, mir blieb die Luft weg, denn ich glaubte, dass der Mann auf der Brücke tatsächlich Werner gewesen war und Richard nun in dem Haus wohnt, einem Erbe der Eltern. Aber dann kam ein Satz, der mich wieder atmen ließ: „Werner ist nicht hier, er ist unterwegs, kommt aber sicher gleich nach Hause.“ Ich fragte, wie es ihm geht und bat, ihm Grüße auszurichten.
Werner geht es besser, eine letzte Operation steht an, wovor er zwar Angst hat, aber optimistisch ist. Das Geschäft hat er aufgegeben, er bekommt eine kleine Rente, denn der Fahrer hatte keine Versicherung und somit war mit einer Entschädigung, Schmerzenzgeld und Übernahme der Kosten nicht zu rechnen. Doch das Beste: er trinkt nicht mehr.
Am nächsten Morgen bekam ich eine superlange Mail von „meinem Werner, den ich wirklich ganz lieb hab.“ Wer ihn kennt, versteht das.
In diesem Jahr werden wir uns sehen, wir haben es uns vorgenommen. Ich glaube dran…..
19.1.2015
Montagmorgen 6.00 Uhr, ich komme aus dem Haus und stelle fest, dass sich ganz leise die Natur in ein weißes Kleid hüllt. Im Schein der Hoflampe tanzen die Schneekristalle wie Diamantenstaub.
Ich muss Joel zur Arbeit fahren, da von hier aus um diese Zeit noch kein Bus fährt. Heute wird er sich um eine Mitfahrgelegenheit kümmern, denn dies ist hier seit einiger Zeit top aktuell. Über eine App kann man sich anmelden und schon wird alles organisiert. Wenn hier in der Nähe niemand fährt, werde ich in wohl morgens zum Bus fahren, der von Kristdala nach Oskarshamn fährt und dessen Haltestelle sich 4 km entfernt von Bråbo befindet.
Doch bevor wir losfuhren, haben wir gefrühstückt, und ich habe ihm Brote für den Tag geschmiert (Der Kleine -1,90 m - braucht ein paar Verwöhneinheiten von Mama) und dann machten wir uns auf den Weg.
Da ich nicht wusste, seit wann es schneite, sind wir etwas früher gefahren, um pünktlich auf der Arbeit zu sein. Bei uns lag eine dünne Schneedecke, doch je weiter wir nach Oskarshamn kamen, also in Richtung Ostseeküste, desto mehr Schnee war es. Jetzt sollen eine Woche lang die Flocken tanzen, mal mehr, mal weniger. Es soll – sozusagen - Winter werden.
Wir hatten ja schon einen. Genau am Heiligen Abend rechtzeitig zum Fest begann es zu schneien, der Schnee lag bis ins neue Jahr. Es folgte so etwas wie ein Hauch Frühling. Das Gras machte die ersten Versuche zu wachsen, an den Bäumen waren die ersten grünen Knospen zu sehen, in den Wäldern begannen Heidel- und Preiselbeere ihr Grün saftig aufzufüllen und die Sonne gab die ersten warmen Sonnenstrahlen frei.
Gestern wurden wir mit einem wunderschönen Sonnenaufgang geweckt, der sich in den Baumkronen festhielt. Heute beginnt ein neues Wintermärchen, wie lang es wird, kann man nicht sagen. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren kann es jedoch nicht mehr so lang werden, denn auch in Skandinavien gibt es weitere drei Jahreszeiten, was viele offenbar nicht wissen. Wenn ich erzähle, dass ich in Schweden lebe, höre ich als erstes: „Na, da ist es doch immer dunkel, kalt und Schnee ohne Ende“.
Ihr könnt hier lesen, dass es nicht so ist, auch wir haben Sonne, Blumen und Tageslicht. Die Frühlings- und Sommerzeit ist zwar kürzer, doch hat sich die Natur mit ihren Pflanzen und Tieren darauf eingestellt. Nicht alle Blumen und Nutzpflanzen, wie wir sie in Deutschland kennen, wachsen und blühen hier, für sie ist diese Periode zu kurz, aber wir haben dafür einige, die bei uns nicht mehr zu finden sind. Ich werde in diesem Jahr mal losziehen und einige von ihnen für euch im Bild festhalten.
Bis dahin ist jedoch noch Zeit und wir genießen erst einmal die Ruhe und Unberührtheit des Winters. Als wir heute Morgen losfuhren, war ich die erste, die eine Spur durch die Schneelandschaft zog, zumindest auf der Straße bis zur Hauptstraße, die in Sanden verläuft, vier Kilometer von hier. Weder Hase, Reh noch Elch hatten unseren Weg zuvor gekreuzt. Ich musste mich zwar auf mein Autofahren konzentrieren, doch kreisten Gedanken durch meinen Kopf. Schönheit und Kraft der Natur werden leider oft nicht beachtet, stumpf läuft man durch die Welt, wobei es doch so einfach ist, sich selbst ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und durchzuatmen, tief und erleichternd.
Nachdem
ich Wochen voller Stress hinter mir habe, merke ich, dass die Spannung in mir so langsam nachlässt.
Zwei Dinge haben sich in den letzten Tagen verändert, zu einem ist die Sorge um meinen Sohn etwas kleiner
geworden, zum anderen wurde mir die Angst um einen guten Freund in Deutschland genommen. Ein kurzer Anruf und alles ist gut. Das zeigte mir mal wieder, man muss sich seinen schlechten Gedanken
und Befürchtungen immer stellen, denn nur so kann man sie beseitigen. Was es mit dem Freund in Deutschland auf sich hat, schreibe ich noch
…..
18.1.2015
Der halbe Januar des Jahres 2015 ist rum, und ich habe wieder eine Weile nichts ins Tagebuch geschrieben. Warum, ja warum eigentlich. Ich habe mit mir und meiner Umwelt zu tun, mit Problemen, von privater Hand geschaffen. Immer noch habe ich hier das Tauziehen mit meinem Exmann. Nachdem uns ein Gericht in Deutschland erlaubt hat, uns zu trennen und das mit Brief und Siegel, glaubte ich, mit meinem Aus- und Umzug endlich meine Ruhe zu finden, aber nein, mein Ex-Mann kam hinterher und macht mir das Leben schwer.
Nun könnte man sagen, ja, das ist doch immer so, nach einer Scheidung fängt der Stress erst richtig an. Ich habe auch damit gerechnet, aber nicht, dass es erst nach 3 Jahren richtig los geht. Er kommt mit sich und seiner Umwelt nicht klar, bekommt nix auf die Reihe und merkt nun, dass ich 20 Jahre lang alles geregelt und ihm Rücken und Bauch frei gehalten habe. Ein Fehler, mein Fehler. Ich kann nur jedem raten: mach dem Partner das Leben bloß nicht zu einfach, schon gar nicht alles abnehmen und hinter ihm her räumen, denn wenn das Dienstmädchen das Nest verlässt, ja was dann? Berge von Arbeit und Probleme türmen sich, und keiner mehr da, der diese beseitigt. Das Resultat …Unzufriedenheit, schlechte Laune und Verlust des Lebensüberblickes. Wenn dann der Ex-Partner wieder in greifbarer Nähe ist, muss der leiden.
Man versucht, die Schuld sein eigenes chaotisches Leben auf den anderen abzuschieben, wird zu allen Mitteln greifen, und wie verletzt man seine Ex -Frau am besten? Na, über das Kind. Wird dieses auch bald 20 Jahre wird, es ist und bleibt das Kind. In den Augen der Mutter zumindest.
Er weiß genau, dass ich alles, aber auch alles für meinen Sohn tun würde, genau wie für meine beiden anderen, Michi und Basti, also hält man am Kind fest und zieht es mit ins Lebenslabyrinth ohne Ausgang .
Mein Weihnachtsfest war in diesem Jahr nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, denn geplant war ein schönes gemütliches Fest mit Jürgen und Ilona und an 1-2 Tagen dann Joel hier, um mit uns diese Festtagsstimmung zu teilen. Joel kam aber nicht, er konnte nicht, sein Vater unterband den Kontakt, und Joel musste sich fügen. Ja er ist 20 Jahre, jedoch noch nicht selbständig, er ist auf unsere Unterstützung angewiesen, hat zwar sein Studiengeld, aber eben nicht mehr. Ich helfe ihm, wo ich kann, aber wenn ich merke, dass diese weiter gereicht werden muss, bremse ich natürlich aus.
Resultat? Trotz und Stolz.
Vor zwei Tagen, kam dann am Abend eine Nachricht: “Astrid? Kannst du mich morgen nach der Schule zu dir holen?“
Eine Nachricht, die einen Riesenstein ins Rollen brachte, mein Herz konnte wieder beginnen, freier zu schlagen. Bereits bei der Anrede merkte ich, dass mein Sohn mich nicht als Mutter bat, sondern als Kumpel. Ich hatte vor ca. 2,5 Jahren ein Gespräch mit ihm, bei dem ich ihm sagte, wenn es um Dinge geht, die man weder mit Vater noch Mutter besprechen kann, geht man zum Freund oder gutem Kumpel, dies tat er nun. Ich stellte weiter keine Fragen, nur, wann und wo soll ich dich abholen? Ich holte ihn am Folgetag ab, nun ist er bei uns und findet erst einmal wieder zu sich.
Ich würde mir wünschen, dass er zu der Erkenntnis kommt, dass er alleine in einer kleinen Wohnung leben will. Wenn er möchte, in unserer Nähe, um öfter mal in unsere Kochtöpfe zu schauen und seine Wäsche bei uns abzuladen, solange das bei ihm nicht möglich ist, denn alles auf einmal, ist finanziell ja gar nicht möglich, Hotel MAMA hat geschlossen.
Ich konnte und durfte als Jugendliche kein eigenes Leben haben, mir wurde es aufgezwungen. Dies möchte ich für keines meiner Kinder, denn ich weiß, was es bedeutet, auf alles zu verzichten, was ein Jugendleben ausmacht. Bei mir ging es zwar nicht darum, dass man nicht „Loslassen“ konnte, sondern eher darum, dass ich das Dienstmädchen war. Meine Geschwister machten es richtig: nur weg, weit weg und nur nach Hause kommen, wenn Feste anstanden und alles auf dem Tisch war, wo Astrid es hingestellt hatte.
Ich würde mir wünschen, dass mein Sohn schnell feststellt, wie schön es ist, niemandem erklären zu müssen, wo man hin geht, was man tut und wann man wieder kommt. Auch mal was liegen lassen können, ohne dass gleich einer loszetert, und dass man selbst feststellt: „Oha, die Bude braucht mal nen Besen und ein Staubtuch“. Und dass man das Kochbuch, das zum 18. Geburtstag zu den Geschenken gehörte, nicht nur Deko ist, sondern auch gebrauchen kann... Na, wenn es beim ersten Mal nichts wird, beim zweiten Mal klappt es schon… Und die Musik hören können, die einem gefällt und nicht Vater oder Mutter, und zu entdecken, dass das Frühstück sich nicht selber macht, und dass Mutter nicht mehr weckt, um pünktlich zur Arbeit zu kommen… Kurz gesagt: dass man lebt, selbständig lebt.
Natürlich wird nicht sofort alles so sein, wie es soll, aber wer sagt schon, wie es richtig ist? Wir doch selbst, wir machen unsere eigenen Regeln.