Zweimal hatte man ihn heftig betrogen. Zuerst die Sparkasse. Nach einer Falschüberweisung hatte er sein Geld nicht zurück bekommen. Beim zweiten Mal betrog seine Freundin ihn mit seinem
Freund. Seitdem wusste er: Nichts ist, wie es aussieht. Man darf sich nicht täuschen lassen. Hinter jedem Lächeln verbarg sich eine Lüge.
Kürzlich las er etwas über die Manipulation von Menschen. Als er vorm Spiegel seine Haare kämmte, fragte er sich: Ob er jetzt wohl manipuliert wurde? Und nicht er, sondern ein ganz anderer
wollte, dass er sich die Haare kämmte?
Er googelte. Er wollte wissen, wie man entdecken kann, dass man manipuliert wird. Er fand keine Antwort, erfuhr aber, dass alles aus Atomen gemacht ist. Auch der Mensch. Und dass diese kleinsten
Teilchen nicht Materie sind sondern reine Energie. Also auch der Mensch! Das sieht doch ganz nach einer Computerfigur aus.
Er fragte sich, ob er am Computer geschaffen wurde. Nachts lag er im Bett und versuchte, gedanklich mit dem Mann am Computer Kontakt aufzunehmen. Aber er bekam keine Antwort. Darüber regte er
sich auf. Und es machte ihn auch zornig. Er fühlte sich beleidigt.
Am nächsten Tag betrachtete er aufmerksam seinen Zeigefinger. Schön, wie er ihn krümmen kann. Moment. Hatte er das gewollt? Oder der am Computer? Das war doch gut möglich! Ab jetzt begann
er, sich bei jeder Bewegung zu fragen, wer dahinter steckte. Er selbst oder der andere. Er spürte, wie der andere von Tag zu Tag mächtiger wurde und ihn zu ersten Handlungen zwang. Bevor er dem
anderen ganz untertan war, musste er dringend etwas tun. Und dann wusste er was. Er zitterte vor Aufregung und Freude.
Es war ganz einfach. Ab sofort wollte er immer das Gegenteil von dem tun, was der andere wollte. Damit würde er ein Herr über seinen eigenen Willen sein.
Darum ging er jetzt rückwärts, wenn er vorwärts gehen wollte, er aß Karotten, wenn er Fleisch essen wollte. Am freisten fühlte er sich beim Verlassen der Wohnung: Statt sich den Mantel
anzuziehen, zog er sich nackt aus und ging so spazieren.
Das gab Ärger, aber das hatte er erwartet. Die Leute mussten sich darüber aufregen, sie wurden ja manipuliert. Weil sie ihm leid taten, ging er nur noch nachts aus, wenn alles schlief. Und
jedes Mal dachte er triumphierend: „Na, jetzt guckste, was?“
Eines Tages trat er mitten im Verkehr auf die Straße. Die Leute schrien, logisch, die wussten ja nicht, was er wusste. Aber jetzt sollten sie mal sehen, was ein richtig handelnder Mensch
ist. Er blieb stehen und ließ das Auto kommen. Noch im Sterben dachte er: Alles bloß Energie.