Er war 21 und sie 16. Der Sommer war sehr heiß. Sie waren im See geschwommen, hatten sich gebalgt und er hatte versucht, das Oberteil ihres Bikinis zu lösen. Aber es gelang ihm nicht, es war zu
fest geschnürt.
In dieser Nacht konnte er nicht einschlafen. Er lag auf dem Bett in seinem Zimmer der Ferienpension, nur mit der Pyjamahose bekleidet. Immer wieder musste er an die Balgerei denken und dass sie
sich nicht gewehrt hatte. Um Mitternacht schlich er hinunter in ihr Zimmer. Wie seines war es nicht abschließbar. Sie war noch wach und las ein Buch. Er setzte sich auf die Bettkante. Sie fragte
ihn, was er wolle. Er hatte sich nichts überlegt, es war ein plötzlicher Impuls gewesen. Er sagte etwas Dummes in der Art: er wolle nur ihre Haut spüren. Sie zog die Decke bis ans Kinn, er sah
die Angst in ihren Augen und erschrak. Er sprang auf und lief zurück in sein Zimmer.
Jetzt war an Schlaf überhaupt nicht mehr zu denken.
Es war schon über Mitternacht, als er das drängende Gefühl hatte, er müsste ihr unbedingt alles erklären, er hatte nichts Schlimmes gewollt. Aber sie sah das sicher anders. Die Leselampe in ihrem
Zimmer brannte und das Bett war leer. Wo war sie? Ein furchtbarer Gedanke. Sie ist hinunter zum See! Was hatte sie vor? Da war so viel Angst in ihren Augen. Er musste sie finden. Draußen versank
er in dichten Nebel. Nicht mal seine nackten Füße konnte er sehen. Panik ergriff ihn. Wenn sie jetzt am See war, war sie verloren. Er tastete sich an der Hauswand entlang, stieß gegen
Buschzweige, es war der Fliederbusch, er tastete sich an den Zweigen weiter. Als er ins Leere griff, blieb er stehen. Hätte er unter den Füßen nicht die Wiese gefühlt, hätte er glauben müssen, er
stehe in einer Wolke. Kein Wind. Absolute Stille. Und zu rufen fürchtete er sich.
Er hatte die Richtung zum See verloren. Er musste ins Haus zurück. Er konzentrierte sich auf das Ansteigen des Bodens, das war die sichere Richtung. Er drehte sich, streckte die Arme aus und
machte mi ihnen Schwimmbewegungen, die linke Hand schlug heftig gegen ein Eisengeländer, das war an der Haustreppe, der linke Fuß traf eine Steinstufe... Mit zitternden Knien kam er ins Haus.
Geschwächt wie nach einer Krankheit fiel er ins Bett und schlief ein.
Als er am Morgen zum Frühstückstisch kam, schmierte sie sich gerade Honig aufs Brot, sie sah ihn nicht an. Er war erleichtert. Er fand nicht die Kraft, sie anzusprechen. Bis zu ihrer Abreise drei
Tage später wechselten sie kein Wort miteinander.
Nie erfuhr er, wo sie gewesen war. Später glaubte er es zu wissen. Als sie ihn zum zweiten Mal die Treppe herunter kommen hörte, sperrte sie sich in der Toilette ein.