Wie jedes Spiel half es, der Langeweile, der Eintönigkeit des Alltags zu entfliehen. Man schuf sich selbst eine Gestalt, eine Vertretung von sich selbst, man nannte sie Avatar, und konnte in der
virtuellen Welt anderen Avataren begegnen und mit ihnen plaudern, ja, sogar etwas gemeinsam erleben, Abenteuer in der Wildnis oder in der Großstadt, Begegnungen mit historischen Figuren,
Raketenausflüge ins All.
Es war eine wunderbare Welt, die sich jedem da auftat, und auch er nutzte das Spiel wie viele andere seiner Zeit. Bald hielt er sich dort immer länger auf, denn die Wirklichkeit war nicht nur
langweilig, sie hatte einen schweren Mangel: während er in der virtuellen Welt unbegrenzte Fähigkeiten hatte, schränkte ihn die Realität ein. Er kam sich behindert, ja gefesselt vor.
Und so begann er mehr in der virtuellen Welt zu leben als in der Wirklichkeit
Er hatte einen Freund gefunden.. Gemeinsam unternahmen sie Ausflüge, angefangen von Klosterzellen über Naturwanderungen bis zu riesigen Diskotheken, in denen sie sich verloren und erst
wiederfanden, als der Tag anbrach. Zurückgekehrt in ihre gemeinsame Wohnung, erinnerten sie sich an ihre Erlebnisse.
Bis sein Freund plötzlich fragte. „Hast du schon einmal daran gedacht, dass jemand dich lenken könnte?“
„Nein, sagte er, „wie kommst du darauf?
„Ich spüre“, sagte sein Freund, „eine heimliche Macht.. Sie ist unsichtbar, aber ich bin sicher, sie beherrscht mich.“
Und der Schrecken im Gesicht seines Freundes war so stark, dass auch er erschrak.
Und tatsächlich, er konnte nicht sagen, warum er sich gerade bewegt hatte. Er war aufgestanden. Aber war er aufgestanden oder war er aufgestanden worden?
Und von diesem Augenblick an war er überzeugt, gelenkt zu werden.
Und das stimmte ja auch. Er war es, der seinen Avatar lenkte.
Nur dass er nicht mehr wusste.