Verstohlen blickte er auf die Kathedrale von Reims. Er erinnerte sich und fragte sich, ob sie nicht doch größer ist als der Bahnhof von Sydney, jene blendende Komposition eines phantastischen Bauwerks, die leichte Herrlichkeit eines Palastes schlechthin. Die Welt sprach damals von einem Märchentempel mit einer Riesenuhr. Dort im erstaunlichsten Landungsplatz der Menschen und Maschinen hatte er seine Zeichnungen schön zusammengerollt, um sie in eine Rolle zu stecken. Dabei kam in ihm ein Gefühl von Benommenheit auf, als die Lokomotive stampfend und prustend in die Riesenhalle einfuhr. Das Stimmengewirr verstummte und Fulham begann seine Augenbrauen hoch zuziehen, um die Riesenmaschine in stiller Ehrfurcht zu begrüßen. Ein Kellner ging umher und bot auf Englisch Cocktails an. Vier junge Mädchen, fünfzehn- oder siebzehnjährig, in klösterlichen Trachten. besannen zu singen. Ein Herr in schwarzen Lackschuhen stand aus seinem Korbsessel auf und bestieg ein Rednerpult. Die Menschen in der Halle begannen zu hüsteln und einige Damen wurden blass, und die Kellner kamen auf leisen Sohlen daher und schenkten nach.
Auch Fulham musste sich das Taschentuch vor die Nase und den Mund halten, wollte er nicht laut los husten. Aber ein Wind, vom Meer kommend, strich durch die Halle und brachte eine frische Brise mit und alle atmeten auf und der Redner begann zu reden in dem er sich nach allen Seiten lächelnd verneigte. Da geschah es, dass ein Kutscher, dem die Locken in die Stirn fielen, durch das grobschlächtige Oval seines Kopfes dem Redner Furcht einflößte. Die Lokomotive gab drei laute Pfiffe von sich. Der Kutscher sprang auf das Rednerpult und entrollte ein Plakat.
Fulham bemerkte, wie sich die Kathedrale ein Stuck vom Boden hob und zu verschwinden drohte. Er öffnete seine Aktentasche und eine unsägliche Süßigkeit und Mattigkeit überkam ihn und mit einer Zartheit holte er die Bleistifte aus der vorderen Seitentasche. Als er noch seinen Skizzenblock aus dem hinteren Fach herausholte und seine weißen, schlanken Hände auf das Papier legte, betrachtete er seinen Ehering mit einer solchen Hingabe, dass ihn seine Begleiterin tief in seine Augen sah und zu weinen anfing.
„Du musst nicht denken, dass es mir nichts ausmacht“, sagte er zu ihr, während die Sonne ihm Antlitz und Hände wärmte. Aber als sich Wolken in geisterhaft glasiger Dämmerblässe vor die Sonne schoben, erinnerte sich sein Herz seines Abenteuers. Schnell begann er zu zeichnen und war schon mit den Türmen fertig, als er sich seine hin gepfuschte liederliche Skizze ansah. Er fackelte nicht lange und riss das Blatt aus dem Block und zerknüllte es mit einer solchen Wonne und Zügellosigkeit, dass seine Schwäche an seiner Selbstachtung kratzte.
„Es geht nicht, dass du...“, er reichte ihr ein Taschentuch, „es geht nicht, dass du mit...“, er versuchte sich zu beherrschen und fühlte wie sein Herz vom schnellen Gang wie ein Hammer schlug, und gepresst, fast bebend kam es aus ihm heraus, zögernd, dann unbeherrscht und knapp bei Atem: ,,Es geht nicht, dass du immer nur das Schöne sehen willst". Sein fragendes Umschauen nahm noch einen Anlauf, versagte, verzichtete. Er fühlte ihre Hand auf der seinen, beide schauten auf die Kathedrale, wie sie wieder glänzte, nachdem die grauen, wässerigen Wolken vorüber gezogen waren.
Dieser Glanz und dann diese stickige Luft, damals in Sydney, wo sie hinter ihm stand, als der Kutscher das Plakat entrollte, auf dem zwei Bullen blutend vor einer Lokomotive auf den Schienen lagen! Sie stand hinter ihm, als sie ihm etwas ins Ohr flüsterte, was er nicht verstand. Damals begannen die köstlich einförmigen Tage, getrennt von glücklicher Unruhe. Er litt nicht mehr in Kissen. Eine heilig entstellte Welt voll panischen Lebens fiel auf sein liebliches Haupt.